Softwarepatente: Protestaktion mit Bananen

Michael Hass
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Besondere Umstände erfordern besondere Mittel. Deshalb startet der FFii nun eine weitere Protestaktion gegen die geplanten Softwarepatente der europäischen Union. Diesmal wird mit Bananen in Paketen an Renate Künast protestiert.

Der Vollständigkeit halber bringt ComputerBase deshalb den vollen Text der Pressemeldung:

Unter dem Motto „Keine Bananenrepublik - keine Softwarepatente - B-Punkt jetzt!“ gehen zur Zeit bundesweit Pakete mit Bananen und Protestbannern an das Bundesministerium der Justiz. Gleichzeitig wird Verbraucherschutzministerin Renate Künast aufgefordert, der drohenden Verabschiedung eines Richtlinienentwurfs durch den Rat der EU am Montag, den 28. Februar, entgegen zu treten.

Anlass ist das Vorhaben des Ministerrates der EU, am Montag einen Standpunkt zur geplanten EU-Softwarepatent-Richtlinie zu verabschieden, der den Interessen der meisten Mitgliedsstaaten zuwider läuft und der gegen die Beschlüsse sowohl des Europäischen Parlamentes als auch gegen Resolutionen der Parlamente von fünf EU-Mitgliedsstaaten einschließlich des Deutschen Bundestages gerichtet ist. Kritiker weisen dem Ratstext nach, dass er über zahlreiche Hintertüren breite Ausschlussrechte auf reine Software nach US-amerikanischem Vorbild ermögliche und damit einer innovationsgefährdenden Durchsetzungspraxis zu Gunsten amerikanischer und japanischer Konzerne und zu Lasten kleinerer europäischer Unternehmen Vorschub leiste.

Dem in Deutschland federführenden BMJ werfen die Absender der Bananen vor, dass dessen Ignoranz aller parlamentarischen Beschlüsse und das Festhalten an einem unlegitimierten Richtlinienentwurf an die Zustände in einer Bananenrepublik erinnere. Bereits am 15. Februar hatten Demonstranten in einer Kundgebung vor dem BMJ sich dieses Motivs bedient und die Aufnahme von Verhandlungen im Rat der EU gefordert.

Christian Cornelssen vom Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur (FFII) e.V., kommentiert:

„Es ist leider immer noch nötig, das BMJ daran zu erinnern, dass unser Parlament in seiner von allen Fraktionen getragenen Entschließung die Richtlinie in dieser Form ablehnt und entscheidende Verbesserungen auf Ratsebene anmahnt. Dies kann nur geschehen, wenn die Richtlinie als B-Punkt verhandelt wird. Damit es dazu überhaupt kommen kann, muss am Montag der A-Punkt von der Tagesordnung genommen werden.“

Aufgrund des Widerstandes aus einer Reihe von EU-Mitgliedstaaten fehlt dem Entwurf des Rates mittlerweile die nötige qualifizierte Mehrheit, um als „Gemeinsamer Standpunkt“ verabschiedet zu werden. Dennoch hat die EU-Ratspräsidentschaft mehrmals versucht, den Text vom 18. Mai als so genannten „A-Punkt“ auf die Tagesordnung zu setzen, d.h. als Text, der ohne weitere Diskussion und ohne ausdrückliche Abstimmung angegenommen werden könne. Gewählt wurde dafür stets ein Treffen der Minister eines fachfremden Ressorts, etwa der Landwirtschafts- und Fischereiminister, wie es auch am Montag wieder der Fall sein soll. Bislang scheiterten die Versuche daran, dass aufmerksame Minister darauf bestanden, die Verabschiedung des nicht mehr legitimierten Entwurfs von der Tagesordnung entfernen zu lassen.

Seit dem 17. Februar 2005 liegt der Europäischen Kommission ein Beschluss des Europäischen Parlaments vor mit dem Antrag, das Gesetzgebungsverfahren zur umstrittenen Richtlinie komplett neu zu starten. Damit würde auch der umstrittene Ratstext bedeutungslos werden. Am Abend des gleichen Tages hat der Deutsche Bundestag einstimmig eine interfraktionelle Entschließung verabschiedet, welche erhebliche Mängel im Ratstext feststellt und die Bundesregierung zur Korrektur dieser Mängel auffordert. Die Abgeordneten aller Fraktionen begrüßen den Neustartantrag des Europäischen Parlaments und fordern von der Bundesregierung, insbesondere vom federführenden Bundesministerium der Justiz unter Brigitte Zypries, eine Abkehr von dem bisherigen Ratstext und eine Erwirkung der nötigen Korrekturen auf Ratsebene.

[p]Trotz des stetig gewachsenen Widerstandes aus den EU-Mitgliedsstaaten hat der Rat der EU bislang nicht zu einer Neuverhandlung des Entwurfs gefunden. Stattdessen soll nach dem Willen der luxemburgischen Ratspräsidentschaft am nächsten Montag ein erneuter Versuch gestartet werden, den Entwurf vom Mai 2004, der weniger Unterstützung genießt als je zuvor, ohne erneute Diskussion durch fachlich nicht zuständige Minister verabschieden zu lassen. Die deutsche Delegation wird von der grünen Verbraucherschutzministerin Renate Künast geleitet. Nach dem Willen der Unterstützer der Parlamentsbeschlüsse soll sie wie zuvor die Minister anderer Länder dafür sorgen, dass der A-Punkt des unlegitimierten Entwurfs von der Tagesordnung entfernt wird.
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