Telekom: Wunsch nach Konsolidierung

Sasan Abdi
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Die Deutsche Telekom dürfte derzeit nicht nur der größte, sondern wohl auch der zwiespältigste Bewerber in der deutschen Telekommunikationsbranche sein. Auf der einen Seite stehen recht solide Gewinne und eine für Telekom-Verhältnisse üppige Dividende - ein kleiner Traum für die bisher eher gebeultelten Aktionäre.

Auf der anderen Seite steht eine flaue Auslandsnachfrage nach DTAG-Papieren sowie ein schwächelndes T-Online-Geschäft. Eine satte Dividende von 0,62 Euro wird die Deutsche Telekom voraussichtlich an Inhaber der T-Aktien ausschütten können. Im Vergleich zum Vorjahr ein üppiges Plus, was die meisten Querelen der letzten Zeit für die Aktionäre vergessen machen könnte. Aber ungeachtet der Dividende macht sich schon wieder schlechte Laune unter den Papier-Inhabern breit. Grund dafür ist die schwache Nachfrage nach T-Aktien an den großen Börsen Europas, was dafür sorgt, dass die Aktie seit vielen Wochen wieder deutlich unter dem Ausgabepreis von vor einer Dekade liegt. Entsprechend frustriert gibt sich auch Konzernchef Kai-Uwe Ricke: „Gemessen an unserem inneren Wert und unseren Zukunftaussichten sind wir klar unterbewertet.“

Dabei muss sich der Ex-Monopolist nicht auf einsamer Flur wähnen, denn der Konkurrenz geht es kaum besser. Gerade in den letzten beiden Quartalen haben beinahe alle Branchenriesen an den Börsen gelitten. So büßten die France Telekom sowie Vodafone je 30 Prozent an Wert ein. Telecom Italie folgt auf der Liste der Börsen-Verlierer mit 25 Prozent – nur die spanische Telefonica steht mit Verlusten von rund 14 Prozent noch vergleichsweise besser da als die Telekom (minus 21 Prozent). Auch in Übersee leiden die Big Player: Japans Marktführer NTT Docomo musste im Zeitraum von September an ein Minus von 19 Prozent hinnehmen. Dass es aber auch anders gehen kann beweisen die niederländische KPN (Plus 42 Prozent), Mobilfunkbetreiber O2 (Plus 80 dank der Übernahme durch Telefonica) sowie Hutchison Whampoa, das mit 25 Prozent ebenfalls eine erhöhte Nachfrage nach eigenen Aktien verbuchen kann.

Damit scheint die herbeigepredigte Konsolidierung des Telekommunikationsmarktes zumindest für die großen Ex-Staatsunternehmen noch lange nicht eingetreten zu sein: „Die Großen tun sich unglaublich schwer, das liegt am Wettbewerbsumfeld“, so Analyst Marcus Schmitz von Hauck & Aufhäuser Privatbankiers. Dabei steht dem erhöhten Konkurrenzdruck der Fakt entgegen, dass das Mittel der Kostensenkungen – zum Beispiel bei der Belegschaft – weitgehend ausgereizt ist. Alles in allem belasten in nahezu jedem Segment, egal ob Festnetz-, Mobil- oder Onlinesparte, die vielen neuen Billiganbieter das Geschäft der Großen. Diese Tendenz setzt sich auf die Börsenparkette fort und sorgt für ein entsprechend verhaltenes Interesse an Papieren der klassischen Player.

Besonders hart zu spüren kriegt dies dieser Tage die DTAG-Tochter T-Online, die mit einem Ergebnis von minus 20 Prozent nur noch 373,2 Millionen Euro vor Zinsen und Steuern akumulieren konnte. Dennoch gab sich Vorstandschef Rainer Beaujean angesichts eines Umsatzplus von 3,8 Prozent relativ zuversichtlich: „Wir haben unsere Position als führender Anbieter im hart umkämpften DSL-Markt ausgebaut. [...] Wir wollen in diesem Jahr nochmals aggressiv wachsen.“ Angepeilt sind Investitionen in das Triple-Play-Segment (Online, TV, Telefon) in Deutschland und Frankreich. Bezeichnend bei der Misere ist, dass T-Online mit mehr Kunden (mittlerweile über 14 Millionen) weniger Geld verdient hat, was wiederum auf den radikalen Preiskampf bei DSL-Anschlüssen zurückzuführen ist. Wohl auch aus diesem Grund werden bei T-Online in nächster Zeit etwas über 3000 Mitarbeiter gehen müssen.

Und gerade die vorerst letzte, aber ebenso radikalere Kosteneinsparung bei der Telekom insgesamt dürfte den Chef Ricke fürs erste schlecht schlafen lassen. Der angekündigte Abbau von 32.000 Stellen hält vorprogrammiert massive Auseinandersetzungen mit der Gewerkschaft in petto bereit, in denen es wohl auch um saftige Abfindungen für die Angestellten gehen wird. Entsprechend bleibt abzuwarten, ob der Abbau die prognostizierten eine Milliarde Euro pünktlich im Jahr 2008 einzuspielen vermag. Und selbst wenn die Gewerkschaft überwunden ist, steht dem Konzern noch eine zähe Verhandlung mit den Betriebsräten bevor.

Letztlich hapert es auch noch bei der für die eigene Attraktivität doch so wichtigen Expansion. Während andere Big Player in letzter Zeit teilweise recht erfolgreich Zukäufe tätigten, scheint bei der Telekom selbst eine kleine Übernahme im Nachbarland Österreich am Einspruch aus Brüssel zu scheitern, die in dem Zukauf eine Verletzung des Kartellrechts sehen. Auf der anderen Seite könnten sich die gebeultelten Großen unter Umständen über eine Hintertür fast ungewollt doch wieder etwas attraktiver machen: Die mangelnde Substanz könnte mittelfristig zu großen Fusionen in Europa führen. Die Börsen dürfte das freuen.

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