Bundestag verabschiedet BKA-Gesetz

Jirko Alex
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Wie erwartet, hat der Bundestag am gestrigen Abend die Novelle des Gesetzes für das Bundeskriminalamt (BKA) verabschiedet. Bereits in der letzten Woche einigten sich Vertreter der Großen Koalition auf einen Kompromiss, in dem nicht nur Kritik des Bundesverfassungsgerichts verarbeitet wurde – zufrieden ist aber nicht jeder mit dem neuen Gesetzestext.

So stimmten gestern 375 Parlamentarier für und 168 gegen die Erweiterung der Rechte des BKA. Sechs Abgeordnete enthielten sich der Abstimmung. Damit drückte die Große Koalition auf beinahe geschlossener Front die Novelle gegen den Widerstand von Grünen, FDP und Linke durch den Bundestag. Das Gesetz sieht umfassende präventive Kompetenzen für das BKA vor. Die Behörde soll gemäß dem Gesetzestext alsbald eine bundesweite Rasterfahndung durchführen sowie die Telekommunikation – einschließlich der Internettelefonie – überwachen können. Der groß angelegte Späh- und Lauschangriff mit Kameras und Wanzen in Wohnräumen wird ebenso ermöglicht wie die Abfrage von Verbindungs- und Standortdaten und die heimliche Online-Durchsuchung. Diese lieferte bis zuletzt den hauptsächlichen Grund für Diskussionen, setzte das Bundesverfassungsgericht dem Vorhaben doch bereits Anfang des Jahres enge Grenzen.

Der gestern verabschiedete Kompromiss sieht vor, dass der BKA-Präsident in besonders dringenden Fällen eine Eilbefugnis aussprechen könne, die die Behörde dazu veranlasst, ohne vorhergehende richterliche Prüfung eine heimliche Online-Durchsuchung vorzunehmen. Für den Schutz des „unantastbare[n] Kernbereich[s] privater Lebensgestaltung“, dessen Sicherstellung das Bundesverfassungsgericht forderte, wolle man einen Datenschutzbeauftragten zur Kontrolle der gesammelten Datensätze hinzuziehen. Dieser entscheide dann, ob zu private Daten tangiert würden und erwirkt im Zweifelsfall die Vorlage der Datensätze bei einem Richter.

Auch gestern fielen die Meinungen über die Gesetzesnovelle kontrovers aus. So warnte der Innenpolitiker der Grünen, Wolfgang Wieland, davor, dass „wir [... ]ein deutsches FBI bekommen [werden] und eine Polizei, die zugleich ihr eigener Geheimdienst ist.“ Er kritisierte dabei vor allem, dass die Arbeit des BKA hauptsächlich in den Geheimbereich verlegt werde und sich die Behörde jeder parlamentarischen Kontrolle entziehen könne. Linken-Politikerin Ulla Jelpke bemängelte die „oberflächlichen Änderungen“ des Gesetzestextes, die nicht darüber hinwegtäuschen könnten, dass die Novelle den Geist des „Obrigkeitsstaates“ atme.

Vertreter des Gesetzes für das Bundeskriminalamt sehen in dem „Kreuzzug gegen die heimliche Online-Durchsuchung“ (Hans-Peter Uhl, CSU) eine Diffamierung des Bundestrojaners und „reine Panikmache“. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble mahnte vor allem, dass das Vorhaben in einer Art dargestellt werde, „dass es bei jungen Leuten so ankommt, als sei es die Stasi.“ Schäuble merkte weiter an, „die meisten Leute, die das kritisieren, haben gar nicht begriffen, dass das Bundeskriminalamt keine anderen Befugnisse im Prinzip bekommt als jede Landespolizei seit 50 Jahren hat.“ Man schaffe daher nicht neue Befugnisse, sondern reagiere auf technische Entwicklungen. Er gehe zudem davon aus, dass der aktuelle Gesetzestext mit dem Grundgesetz konform gehe und damit auch vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand habe.

Dies herauszufinden haben sich unterdessen Vertreter der Grünen, FDP sowie der Humanistischen Union auf die Fahnen geschrieben. Sie wollen erneut Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe erheben. Andernfalls werde es in Zukunft immer wieder vorkommen, „dass in die Computer völlig unverdächtiger Bürger eingebrochen wird.“ Strittig dürfte dabei vor allem sein, ob die Wahrung des Kernbereichs privater Lebensgestaltung mittels zweier BKA-Beamter und eines Datenschützers gewährleistet ist.

Der Bundesrat muss dem Gesetz noch zustimmen. Es könnte noch in diesem Jahr in Kraft treten.