Onlinepetition gegen Verbot von Gewaltspielen

Jirko Alex
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Seit gestern kann eine Petition gegen das Verbot von Gewalt-Computerspielen im Netz mitgezeichnet werden. Die E-Petition zählt heute bereits über 9.000 Unterschriften und setzt es sich zum Ziel, die Debatte über sogenannte „Killerspiele“ in ein weniger polemisch motiviertes Licht zu rücken und das von den Innenministern vorgeschlagene Verbot zu verhindern.

Die Innenminister der 16 Bundesländer sprachen sich Anfang Juni für ein Herstellungs- und Verbreitungsverbot von Computerspielen aus, bei denen „ein wesentlicher Bestandteil der Spielhandlung die virtuelle Ausübung von wirklichkeitsnah dargestellten Tötungshandlungen“ sei. Sie bezeichneten die bestehenden Kontrollinstanzen in Form der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) und – falls deren Kennzeichnung ausbleibt – der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) für unzureichend.

Diesen Ansatz hält der Eröffner der E-Petition, Peter Schleußer, für falsch. Seiner Meinung nach genügten die bestehenden Schutzmechanismen, die zu den härtesten in Europa zählen. Vielmehr müssten die rechtlichen Rahmenbedienungen ausgeschöpft werden, was die Kontrolle der Altersfreigaben einschließt. Erwachsene müssten nicht vor Gewaltspielen geschützt werden, dies käme einer Zensur gleich, die per Grundgesetz verboten ist. Die vollständige Begründung der Petition lautet:

Aktueller Anlass ist der am 5. Juni 2009 erfolgte Beschluss der Innenministerkonferenz der Länder, der ein "Herstellungs- und Verbreitungsverbot" von Action-Computerspielen vorsieht. Dieser Beschluss ist eine Reaktion auf den entsetzlichen Amoklauf eines 17-jährigen Jugendlichen im baden-württembergischen Winnenden, der die Diskussion um die Wirkung von Computer- und Videospielen neu entfacht hat. (Vor-)schnelle Verbotsforderungen werden den vielschichtigen Aspekten solcher Ereignisse nicht gerecht, wirken im Gegenteil eher verharmlosend und verhindern so eine gründliche Aufarbeitung. Mit Bedauern stelle ich fest, dass die Debatte von Unkenntnis, Polemik, Unsachlichkeit und Vorurteilen geprägt ist, gerade aus den Reihen der Politik.

"Gewaltverherrlichende" Medien hingegen sind aus gutem Grund verboten. Doch ein prinzipielles Herstellungs- und Vertriebsverbot von Filmen und Computerspielen für Erwachsene steht aus meiner Sicht im Widerspruch zu Artikel 5 unseres Grundgesetzes ("Eine Zensur findet nicht statt").

Vielmehr gilt es, Kinder und Jugendliche vor Inhalten zu schützen, die nicht für ihr jeweiliges Alter freigegeben sind. In Deutschland gelten schon jetzt die europaweit strengsten Gesetze; Mitte 2008 wurde das Jugendschutzgesetz auf Initiative von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen noch einmal erweitert. Seit 1. April 2003 versieht die USK (Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle) Computer- und Videospiele - analog zu Spielfilmen - mit eindeutigen, auffälligen Alterskennzeichnungen; fünf Prozent der im Jahre 2008 geprüften Spiele sind auf ein erwachsenes Publikum zugeschnitten und werden daher mit "Keine Jugendfreigabe" eingestuft. Diese Kennzeichnung ist ein hoheitlicher Verwaltungsakt durch die Obersten Landesjugendbehörden. Produkte, die den strengen Kriterien nicht genügen, werden nicht gekennzeichnet und können demnach von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) indiziert werden.

Als volljähriger Bürger und Wahlberechtigter bitte ich Sie nachdrücklich, ...

  • den irreführenden und diskriminierenden Begriff "Killerspiele" aus der politischen Diskussion zu nehmen.
  • das Vertrauen der Öffentlichkeit in die bestehenden staatlichen Jugendschutzmechanismen zu stärken.
  • den Vollzug bestehender Gesetze zu verbessern und zu gewährleisten, dass Kindern und Jugendlichen nur Computer- und Videospiele entsprechend der USK-Jugendfreigabe zugänglich gemacht werden.
  • Eltern, Pädagogen sowie erzieherisch verantwortliche Personen bei der Förderung der Medienkompetenz zu unterstützen.
  • die Computer- und Videospiele-Branche in Deutschland und insbesondere die Ausbildung in diesen zukunftsträchtigen Berufen zu fördern.
Begründung der Petition Gegen ein Verbot von Action-Computerspielen

Die Petition endet am 19. August. Finden sich in den ersten drei Wochen über 50.000 Mitzeichner, befasst sich der Petitionsausschuss des Bundestages mit der Eingabe. Ein wirklicher Einfluss auf die Politik ist aber auch dann nicht zwingend, wie etwa der letzte Versuch einer Online-Petition gezeigt hat, der zehntausende Mitzeichner fand: Die E-Petition gegen das mittlerweile verabschiedete Zugangserschwerungsgesetz, das den Zugang zu Kinderpornografie eindämmen soll, dabei aber andere Dämme einreißt, fand mehr als 134.000 Mitzeichner und war damit die erfolgreichste ihrer Art. Der Petitionsausschuss befasste sich jedoch nicht einmal vor der das Gesetz betreffenden Bundestagsdebatte mit der Petition, weshalb die eigentliche Intention der Eingabe verfehlt wurde. Sie erhielt allerdings breite mediale Resonanz und bewirkte vielleicht auf diese Weise einen politischen Einfluss, der noch nicht zu messen ist.

Vielen Dank für die zahlreichen Leser,
die uns auf diese News hingewiesen haben!