CDU ändert Rhetorik in Netzsperren-Debatte

Andreas Frischholz
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Die CDU nähert sich in der Netzsperren-Debatte den restlichen Parteien sprachlich an, hält aber weiterhin an der Einführung von Netzsperren fest. In einer Debatte um den Richtlinienentwurf der EU-Kommission zur Bekämpfung von Kinderpornographie sprachen sich Vertreter der CDU-Fraktion für die Maxime „Löschen vor Sperren“ aus.

Die CDU-Vertreter argumentierten im Bundestag, dass Sperrmechanismen von Webseiten mit kinderpornographischen Inhalten als „Ultima Ratio“ und „Handlungsoption“ vorhanden sein müssen. Sollte das Entfernen von entsprechenden Inhalten nicht möglich sein, beispielsweise weil diese sich auf Servern in den USA befinden, müsse man diese Sperren können, erklärte der CDU-Abgeordnete Patrick Sensburg. Der CDU-Abgeordnete Ansgar Heveling sprach sich zudem für Netzsperren aus, da man dem Staat nicht „die Alternativität von Schutzmaßnahmen“ aus der Hand nehmen dürfe, auch wenn er diese selbst nicht als „Königsweg“ betrachtet.

Damit rudert die CDU zwar nach dem Vorstoß von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zurück, der im April für „Löschen und Sperren“ warb und dafür heftige Kritik, auch von Seiten des Koalitionspartners FDP, erntete. Doch selbst mit der sprachlichen Abmilderung stehen die Netzsperren im Gegensatz zum Koalitionsvertrag, in dem „Löschen statt Sperren“ festgeschrieben wurde. Die FDP-Fraktion vertritt stattdessen das Prinzip „Löschen statt Sperren“, wie der Abgeordnete Marco Buschmann erklärte. Man lasse keine Zweifel, wie mit dieser Ansage umzugehen sei.

Indirekt übte Buschmann Kritik an de Maizière: Der Innenminister selbst habe im Februar in Zusammenarbeit mit Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) eine Gesetzesinitiative erarbeitet, welche die Löschung kinderpornographischer Inhalte vorsieht. Darüber hinaus habe Leutheusser-Schnarrenberger auf EU-Ebene bei EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström, die sich im März öffentlich für Netzsperren ausgesprochen hat, für den deutschen Weg geworben. Netzsperren bezeichnet Buschmann als ineffektiv und sieht in den Sperrlisten eine Gefahr, da diese von potentiellen Tätern als Wegweiser genutzt werden könnten.

Während sich die Regierung gespalten präsentiert, steht die Opposition geschlossen gegen den Vorstoß der EU. Die Bundestagsdebatte ging auf Anträge aller Oppositionsparteien zurück, allerdings wird Deutschland keine Subsidaritätsrüge gegen die EU aussprechen – ein entsprechender Vorstoß der Grünen im Rechtsausschuss des Bundestags wurde durch einen Antrag der FDP vertagt und kann somit nicht mehr vor Ende der Einreichungsfrist verabschiedet werden. Die Oppositionsparteien fordern die europaweite Löschung von entsprechenden Inhalten, Netzsperren seien hingegen „unverhältnismäßig und kontraproduktiv“, sagte Konstantin von Notz, netzpolitischer Sprecher der Grünen. Burkhard Lischka (SPD) von der SPD-Fraktion erklärte, dass mit den Netzsperren eine Infrastruktur entstehen würde, die „viele Bürger unter dem Blickwinkel der Freiheitsrechte kritisch sehen“. Halina Wawzyniak (Die Linke) von den Linken hat zudem darauf hingewiesen, dass eine entsprechende Netzsperren-Infrastruktur – wenn sie erst einmal eingerichtet ist – von Branchen wie etwa der Musik- und Unterhaltungsindustrie für deren Zwecke beansprucht werden dürfte.