Linux: Neil McGovern ist neuer Projektleiter bei Debian

Ferdinand Thommes
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Linux: Neil McGovern ist neuer Projektleiter bei Debian
Bild: Debian

Wie jedes Jahr hat Debian in den letzten Wochen einen neuen Debian Project Leader (DPL) gewählt, der für ein Jahr die Geschicke des Projekts lenkt. Drei Kandidaten stellten sich zur Wahl, um Lucas Nussbaum abzulösen, der das Ehrenamt zwei Jahre ausfüllte. Die Wahlbeteiligung lag mit 34,2 Prozent bei 364 Stimmen sehr niedrig.

In der diesjährigen Wahl erhielt der seit zwölf Jahren als Debian-Entwickler tätige Neil McGovern die Mehrheit der Stimmen der offiziellen Debian-Entwickler. Er war unter anderem der Release-Manager der letzten drei Veröffentlichungen Lenny, Squeeze und Wheezy, Pressekontakt, Mitorganisator der jährlichen Entwicklerkonferenz DebConf und Vorstandsmitglied der Schirmorganisation SPI. Der Brite McGovern verdient seinen Lebensunterhalt bei Collabora, einem Unternehmen für Open-Source-Consulting. Wie sein Mitbewerber Gergely Nagy trat McGovern bereits im letzten Jahr gegen Nussbaum an.

In seiner Plattform, mit der er sich um das Amt bewarb, stellte McGovern die Zufriedenheit der Anwender in den Vordergrund. Dabei gelte es sowohl Anwender mit dem Anspruch, Zugriff auf experimentelle Software zu erhalten, als auch Anwender, die Wert auf absolute Stabilität legen, zu berücksichtigen. McGovern sieht Debian immer noch auf gutem Wege, auch wenn das Fahrwasser aufgrund der schwierigen Entscheidungsfindung für ein neues Init-System im letzten Jahr etwas rauher war.

War Lucas Nussbaum ein DPL, der eher im Hintergrund wirkte, so will McGovern die Öffentlichkeit suchen. Einige seiner konkreteren Ziele sind die Implementierung von PPA-Archiven, wie sie von Ubuntu bekannt sind, und die dringend notwendige Modernisierung der Infrastruktur wie die der Build-Server für die verschiedenen Architekturen. Zudem soll der Teil der Debian-Mitglieder gestärkt werden, die nicht direkt mit Entwicklung und Paketierung betraut sind, sondern in anderen Teams unter anderem die Pressearbeit verrichten, die Webseiten pflegen oder die Übersetzungen anfertigen.

Der Debian-Projektleiter führt nicht nur administrative und integrative Tätigkeit aus. Ihm obliegen auch personelle und finanzielle Entscheidungen und er kann Aufgaben an Freiwillige delegieren. Eine der Hauptaufgaben ist allerdings die Repräsentation des Projekts nach außen. Aus technischen Entscheidungen hält er sich heraus, diese werden von den jeweiligen Entwicklern getroffen. Letzte Instanz ist hier das Technische Komitee.

Der bisherige DPL Lucas Nussbaum hat an seinem letzten Tag im Amt noch die baldige Aufnahme von zwei Paketen, auf die viele Anwender gewartet hatten, in den Hauptzweig von Debian angekündigt. Dies betrifft einerseits die Bibliothek Libdvdcss, die zum Entschlüsseln von DVDs unter Umgehung des Regionalcodes benötigt wird. Bisher war sie aus rechtlichen Gründen nicht direkt in Debian verfügbar. Das zweite Paket, das aus lizenzrechtlichen Gründen bisher nicht in Debian verfügbar war, ist das Dateisystem ZFS, das im Jahr 2006 von Sun eingeführt wurde. ZFS kann wegen der zur GPL inkompatiblen Lizenz nicht in den Linux-Kernel aufgenommen, allerdings von Debian verteilt und als Modul in den Kernel geladen werden. Die Probleme mit beiden Paketen wurden mit dem Software Freedom Law Center in soweit abgeklärt, als dass einer baldigen Aufnahme in das Archiv nichts mehr im Wege steht.