Leistungsschutzrecht: Nun muss der Europäische Gerichtshof entscheiden

Andreas Frischholz
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Leistungsschutzrecht: Nun muss der Europäische Gerichtshof entscheiden
Bild: Google

Die Odyssee rund um das deutsche Leistungsschutzrecht geht weiter: Das Landgericht Berlin hat ein Verfahren nun an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) weitergeleitet. Im Kern geht es immer noch um die Frage, ob Google Schadensersatz an die Presseverlage zahlen muss.

Bevor das Landgericht Berlin darüber ein Urteil fällen kann, muss der Europäische Gerichtshof aber zunächst klären, ob das Leistungsschutzrecht überhaupt gültig ist. Denn die Bundesregierung hatte das Gesetz nicht der EU-Kommission vorlegt, als es im Frühjahr 2013 beschlossen wurde. Ein solches Notifizierungsverfahren ist allerdings verpflichtend, wenn ein EU-Staat „technische Vorschriften“ erlässt, die „Dienste der Informationsgesellschaft“ betreffen. Dann muss die EU-Kommission das jeweilige Gesetz prüfen.

Hätte die EU-Kommission das Leistungsschutzrecht prüfen müssen?

Darauf verzichtete die schwarz-gelbe Koalition allerdings. Die offizielle Lesart lautet: Beim Leistungsschutzrecht wäre das nicht nötig gewesen. Die inoffizielle Lesart ist indes, dass schlicht die Zeit nicht ausreichte. Samt Notifizierungsverfahren hätte man das Gesetz nicht mehr rechtzeitig vor dem Ende der Legislaturperiode im Herbst 2013 durch den Bundestag bekommen.

Daher muss der Europäische Gerichtshof nun entscheiden, ob es sich beim Leistungsschutzrecht um eine „technische Vorschrift“ handelt, die ein Notifizierungsverfahren erfordert. Trifft das zu, ist das Gesetz nicht anwendbar, heißt es in der Mitteilung des Landgericht Berlins. Andernfalls wäre die Klage der Presseverlage zumindest „teilweise begründet“.

Verlage setzen auf Prinzip Hoffnung

Diese Begründung des Gerichts ist der Hoffnungsschimmer für die VG Media, die Presseverlage wie Axel Springer, die Funke Mediengruppe und DuMont Schauberg als Verwertungsgesellschaft vertritt. In einer ersten Reaktion verweist VG-Media-Geschäftsführer Markus Runde explizit auf diese Aussagen. Darüber hinaus geht er davon aus, dass die EU-Kommission das Gesetz nicht notifizieren musste. „Dies ist bei einem immateriellen Schutzrecht, das die Erbringung des Dienstes nicht behindert, sondern nur zu einer Vergütungspflicht der Suchmaschinenbetreiber für die erlangten geldwerten Vorteile führt, nicht der Fall“, so Runde.

Google selbst sieht sich durch die aktuelle Entscheidung des Berliner Landgerichts bestätigt. Das Leistungsschutzrecht sei widersprüchlich und es wären noch zu viele Fragen offen. Laut einem Bericht von Spiegel Online betonte der Suchmaschinenbetreiber zudem, man wolle keine juristische Auseinandersetzung mit den Verlagen, sondern lieber die Zusammenarbeit ausbauen.

Streit um das Leistungsschutzrecht geht weiter

Beim Streit um das Leistungsschutzrecht geht es immer noch um die Frage, ob Google eine Gebühr an die Presseverlage zahlen muss, wenn kleinste Textausschnitte – die sogenannten Snippets – aus den Online-Portalen in den Suchergebnissen landen. Google weigert sich allerdings hartnäckig. So mussten die Verlage etwa eine Verzichtserklärung für Ansprüche aus dem Leistungsschutzrecht unterschreiben, um nicht aus Google News rauszufliegen. Für die Verlage war das ein Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung, doch sowohl Gerichte als auch das Kartellamt stuften das Vorgehen als rechtmäßig ein. Die Argumentation: Niemand könne Google zwingen, den Dienst so zu gestalten, dass potentiell Gebühren fällig werden.

Trotz all der juristischen Probleme ist das Leistungsschutzrecht noch nicht vom Tisch. Die EU-Kommission will das umstrittene Vorhaben im Rahmen der europäischen Urheberrechtsreform einführen. Nun ist aber das EU-Parlament am Zug und das Leistungsschutzrecht hat einen schweren Stand. Es gibt mehrere Anträge, um die entsprechenden Klauseln vollständig zu streichen.