Betrugsvorwurf: UL schließt Huawei- & Honor-Smartphones vom 3DMark aus

Jan-Frederik Timm
67 Kommentare
Betrugsvorwurf: UL schließt Huawei- & Honor-Smartphones vom 3DMark aus

Zahlreiche Smartphones von Huawei und Honor werden ab sofort nicht mehr in den Ranglisten des Benchmarks 3DMark geführt. Herausgeber UL reagiert damit auf Betrugsvorwürfe, die vor zwei Tagen von Anandtech erhoben wurden. Eigene Messungen hätten bestätigt, dass gleich vier Smartphones der Marken unerlaubt die Leistung erhöhen.

Mehr Leistung in Benchmarks

Neben dem von Anandtech genannten Huawei P20 sollen auch Huawei P20 Pro, Huawei Nova 3 und Honor Play in der Lage sein, den 3DMark beim Ausführen zu erkennen, und daraufhin einen „Performance Mode“ freischalten, der die Leistung im Benchmark deutlich erhöht. UL nennt Zuwächse von 55, 89 respektive 62 Prozent.

Wird der Benchmark erkannt, steigt die Leistung
Wird der Benchmark erkannt, steigt die Leistung (Bild: UL)

Weil die Erkennung einfach sei, ließ sich das aufgedeckte Verhalten problemlos nachvollziehen: Wurde statt der öffentlichen Version des 3DMark für Android aus dem Play Store eine inhaltlich identische private Variante genutzt, fielen die Ergebnisse gleich deutlich niedriger aus.

Mindestens 3DMark und GFXBench betroffen

Neben dem 3DMark ist laut Anandtech auch mindestens der GFXBench auf der Liste der Anwendungen, die erkannt und im Anschluss mit höherer Leistung als üblich berechnet werden. Um das zu erreichen, werden bei allen betroffenen Smartphones die typischen Verbrauchs- und Temperatur-Limits angehoben. Ein Huawei P20 mit dem SoC Kirin 970 käme im GFXBench (T-Rex Offscreen Power Efficiency) so anschließend auf 127,4 statt 66,5 FPS, das gesamte Gerät verbraucht mit 4,4 zu 8,6 Watt aber auch doppelt so viel. Die Effizienz singt hingegen mit 14,9 zu 15,2 FPS pro Watt nur leicht.

Huawei sieht sich zum Handel gezwungen

Zur IFA 2018 von Anandtech in der vergangenen Woche darauf angesprochen, hat Dr. Wang Chenglu, President of Software der Consumer Business Group, das Verhalten bestätigt und zwei wesentliche Gründe für dieses Vorgehen genannt. Zum einen seien die weltweit genutzten Benchmarks nicht in der Lage, die wahre Benutzererfahrung einzufangen. Zum anderen wäre das Vorgehen in der Android-Community weit verbreitet und insbesondere in China mittlerweile an der Tagesordnung. Huawei könne hier also nicht untätig bleiben. In Zukunft wolle der Konzern aber sicherstellen, dass präsentierte Benchmarkergebnisse zur Präsentation von dritter Stelle unabhängig bestätigt worden sind – dass Huawei auf den automatischen Performance Mode verzichten wird, heißt das nicht.

Gegenüber UL hat Huawei jetzt allerdings verlauten lassen, Anwendern in Zukunft die Wahl zu lassen, ob sie einen Performance Mode nutzen wollen. Damit wäre auch wieder der Zugang zum 3DMark frei. Ob ein dauerhaft vom Anwender auch in Spielen zu aktivierender Hochleistungsmodus dieselben drastischen Auswirkungen auf die Leistung behalten würde, bleibt allerdings abzuwarten. Der bisher heimlich aktivierte Modus konnte von Huawei und Honor ausgiebig und unter klar definierten Rahmenbedingungen wie der Last und der Laufzeit ausgelotet werden. Bei einem manuellen Modus für alle Anwendungen wäre das nicht der Fall.