Huawei: 5G-Chips von SMIC ermöglichen Umgehung von US-Sanktionen

Dennis Krause
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Huawei: 5G-Chips von SMIC ermöglichen Umgehung von US-Sanktionen
Bild: Huawei

Huawei könnte durch eine Kooperation mit SMIC an 5G-Chips kommen und so einige Einschränkungen des US-Banns hinter sich lassen. Wie Reuters berichtet, würde der Konzern die Chips in China fertigen lassen und daher in der Lage sein, die eigenen Smartphones mit dem aktuellen Mobilfunkstandard 5G auszustatten.

5G durch Produktion in China

Wie Reuters ausführt, soll Huawei hinter den Kulissen zusammen mit SMIC, einem Halbleiterhersteller mit Sitz in China, an der Umgehung von US-Sanktionen arbeiten. Die Zusammenarbeit umfasse die Produktion von Chips im N+1-Fertigungsprozess und die Anwendung Huaweis eigener EDA zum Designen der SoCs. N+1 ist der Nachfolger von SMICs 14-nm-Fertigung und bringt gewisse Eigenschaften der 7-nm-Fertigung mit sich, wird vom Unternehmen aber nicht als „7 nm“ bezeichnet. Demnach könnten sich Gerüchte über Bestrebungen, eine vom Westen und damit von US-Sanktionen weitläufig unabhängige Lieferkette aufzubauen, bestätigen.

Laut einigen Marktforschungsunternehmen, die sich auf ungenannte Industriequellen beziehen, soll Huawei damit in der Lage sein, zwischen 2 und 10 Millionen Smartphones mit 5G auszustatten. Die niedrige Zahl kommt auch dadurch zustande, dass SMIC keinen Zugriff auf die modernen EUV-Fertigungsmaschinen von ASML hat und daher ältere DUV-Maschinen modifizieren musste. Demnach führe dieser Schritt allerdings zu einer Ertragsrate von nur 50 Prozent bei der Chipfertigung. Jeder zweite Chip ist also unbrauchbar. Die Fertigung der Chips soll dafür aber immerhin vergleichbar mit 7-nm-Fertigungen sein, welche allerdings deutlich hinter aktuellen TSMC-Fertigungsprozessen liegen, womit Huawei nicht mehr in der Lage sein wird, Smartphones auf dem Niveau der Mitbewerber auszustatten.

Spionage-Vorwürfe bleiben bestehen

Dass Huawei überhaupt zu solchen Maßnahmen greifen muss, liegt an dem seit Januar 2018 schwellendem Handelskonflikt zwischen den USA und China, dem der Konzern als chinesisches Unternehmen zum Opfer gefallen ist. Nachdem dem Hersteller unter Ex-US-Präsident Donald Trump im April 2020 aufgrund von Spionage-Vorwürfen die Kooperation mit US-Unternehmen wie Google untersagt wurde, musste das chinesische Unternehmen auf Google-Apps verzichten und damit auch auf den populären Google Play Store.

US-Präsident Trump
US-Präsident Trump (Bild: whitehouse.gov)

Kein 5G im Topmodell

Die Auswirkungen weiterer Sanktionen und Indexierungen von chinesischen Unternehmen auf schwarzen Listen führten dazu, dass Huawei vollständig von 5G-fähigen Chips von Samsung und Qualcomm abgeschnitten ist und sich mit speziell lizenzierten und von den USA zugelassenen 4G-Chips begnügen muss. Mittlerweile ist durch eine überparteiliche Entscheidung der FCC auf Weisung von US-Präsident Joe Biden der Verkauf sämtlicher Huawei-Technik und Ausstattung in den USA verboten. Auch hier wurde diese Entscheidung aus der Erwägung eines Risikos für die nationale Sicherheit gefällt. Die Beschränkungen treffen dabei nicht nur US-Käufer, sondern sind auch am aktuellen Huawei P60 Pro zu sehen, welches hierzulande nur mit 4G und ohne Google-Dienste verkauft wird.

Huawei ist im „Überlebensmodus“

Verwunderlich ist daher auch nicht der Umstand, dass der Konzern versucht, diese Beschränkungen durch lokale Kooperationen in China zu umgehen. Immerhin verbuchte der Hersteller 2019 noch den Verkauf von über 240 Millionen Smartphones und war nur eine Armlänge davon entfernt, der weltweit größte Hersteller von Mobiltelefonen zu werden – 4 Jahre später liegt die globale Verkaufsprognose für 2023 laut dem „China Securities Journal Newspaper“ nur noch bei 40 Millionen Stück. Huawei selbst spricht daher davon, im „Survival Mode“ zu sein.

Huawei Logo
Huawei Logo (Bild: Huawei)

Auswirkungen vermutlich gering

Die Rückkehr auf die Weltbühne wird dieser Schritt allerdings vermutlich nicht einläuten. Weder kann der Smartphone-Hersteller durch die mögliche Kooperation den Google Play Store vorinstallieren, noch kann er seine Smartphones in die USA verkaufen oder ausreichend von ihnen produzieren, um eine globale Nachfrage wie vor Zeiten des Banns zu stillen. Mit 2 bis 10 Millionen 5G-fähigen Einheiten könnte Huawei allerdings in ausgewählten Märkten wieder relevanter werden und so nicht vollständig in der Versenkung verschwinden. Gerade im Heimatmarkt China scheinen die Aussichten gut: Bereits ohne 5G erreichte das Unternehmen dort einen Marktanteil von über 23 Prozent und liegt damit knapp vor Apple.