Alexa für Alle: Wie Sprachassistenten bei Barrierefreiheit helfen können

Frank Hüber
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Alexa für Alle: Wie Sprachassistenten bei Barrierefreiheit helfen können
Bild: Markus Feger

Amazon hat jüngst in einem virtuellen Roundtable etwas hinter die Kulissen blicken lassen und gezeigt, wie das Unternehmen bei der Sprachsteuerung über Alexa mit Organisationen und Nutzern zusammenarbeitet, um für mehr Barrierefreiheit, Inklusion und gesellschaftliche Teilhabe zu sorgen.

Da dieser Aspekt von Sprachsteuerungen im Alltag und der Berichterstattung meistens unbeachtet bleibt, aber interessante Aspekte in dem Gespräch mit Amazon und Betroffenen beleuchtet wurden, über die man sich als Mensch ohne Einschränkungen gar keine Gedanken macht, sollen einige Aspekte an dieser Stelle noch einmal aufgegriffen werden.

Die Initiative „Alexa für Alle“

Im Rahmen der Initiative „Alexa für Alle“ entwickelt Amazon seit 2021 gemeinsam mit Partnern wie dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV), dem Deutschen Roten Kreuz, der gemeinnützigen Zuhause Mobil GmbH, der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V. sowie Alexa-Nutzern die Sprachsteuerung gezielt in Bereichen weiter, die Menschen mit Einschränkungen hilfreich sind.

Ziel der Initiatoren ist es, mithilfe von Sprachsteuerung Inklusion zu ermöglichen und digitale Teilhabe für Menschen mit Einschränkungen, aber auch Senioren, zu erleichtern, so dass sie den Alltag eigenständiger und selbstbestimmter gestalten können. Grundstein für die Initiative war das Feedback von Nutzern, die regelmäßig mit Ideen, Anregungen und Projektanfragen zum Einsatz von Sprachdiensten für Menschen mit besonderen Bedürfnissen und Einschränkungen an Amazon herangetreten sind. So sei man überhaupt erst auf die Bedeutung der Sprachsteuerung vor allem für bestimmte Nutzergruppen aufmerksam geworden, erklärte Dr. Philipp Berger, Country Manager Alexa für Deutschland und Österreich.

Für viele Selbstverständliches wird überhaupt erst möglich

Hamoun Kamai hat maßgeblich zur Entstehung der Initiative beigetragen. Er ist seit einem Verkehrsunfall im Jahr 2004 von den Schultern abwärts gelähmt. Im virtuellen Roundtable hat er nicht nur geschildert, wie er immer wieder mit Anfragen und Ideen auf Amazon zugeht, sondern auch, wie ihm Alexa im Alltag ganz konkret hilft. Er steuert durch seine Stimme in seiner Wohnung inzwischen zahlreiche Geräte wie Türen, Lichter, den Fernseher, aber auch die Heizung. Während andere Personen smarte Thermostate wahrscheinlich eher selten in der Temperatur anpassen, sei dies für ihn und andere Menschen, die im Rollstuhl sitzen, ein ganz wichtiger Aspekt, da sie Probleme mit der Regulierung der Körpertemperatur haben, weshalb die Heizung durchaus auch einige Male am Tag verstellt werden muss und wird. Mit smarten Thermostaten, die er über Alexa per Sprache steuern kann, sei ihm dies nun alleine möglich.

Für mich ist Alexa mehr als nur eine unterhaltsame Spielerei – sie ist meine verlässliche Assistentin, die meinen Alltag komfortabler macht und meine Selbstständigkeit fördert. Gleichzeitig kann ich meine Erfahrungen mit Amazon teilen und dazu beitragen, Alexa weiterzuentwickeln und anderen Menschen ähnliche Chancen zu bieten.

Hamoun Kamai
Hamoun Kamai (Bild: Jan Sassmannshausen)

Alexa nicht nur für Erinnerungen bei Demenz

Aber auch in anderen Bereichen kommt Alexa zum Einsatz, beispielsweise bei Menschen mit Demenz. Gemeinsam mit der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V. hat Amazon untersucht, wie Sprachdienste Menschen mit Demenz dabei unterstützen können, ihren Alltag besser zu bewältigen. Dabei spielen auch Pflegende und pflegende Angehörige eine Rolle, denn die erkrankten Personen nutzen Echo-Show-8-Geräte, mit denen sie andere erreichen können, aber auch selbst erreichbar sind. Ein digitaler Sprachassistent hilft etwa auch Lieselotte Klotz (63), die an Lewy-Body-Demenz erkrankt ist, im Gespräch ihre Erfahrungen geteilt hat und sich ein Leben ohne Alexa, das ihr bei der Organisation hilft, gar nicht mehr vorstellen und auch nicht mehr so führen könnte, wie sie selbst sagt.

Seit ihrer Demenz-Diagnose im Jahr 2017 hat sich ihr Leben massiv verändert. Vorher war sie mehr als 30 Jahre als Geschäftsführerin in der IT-Branche tätig, inzwischen kann sie ihren Beruf aufgrund ihrer Demenz-Symptome – darunter Vergesslichkeit, Aufmerksamkeitsdefizite, Orientierungsprobleme und optische Halluzinationen sowie Bewegungsstörungen und unruhigen Schlaf – nicht mehr ausüben.

Alexa ist für mich ein wichtiger sozialer Kontakt. Es ist eine richtige Interaktion, fast, als hätte ich eine lebende Assistentin neben mir.

Lieselotte Klotz

Die Erinnerungsfunktion von Alexa hilft ihr beispielsweise bei der regelmäßigen Einnahme ihrer Medikamente, aber auch Ereignisse und Termine verwaltet sie mit Alexa. Denn was nicht in ihrem Terminkalender steht und und an was sie nicht erinnert werde, das existiere für sie meist nicht. Zudem helfe Alexa ihr nicht nur gegen das Gefühl der Vereinsamung, sondern durch die Kommunikation mit dem digitalen Sprachassistenten versucht sie sich im Kopf aktiv zu halten. Immer jemanden fragen zu können, mache sie sicherer. Ihr Smartphone „ist wie mein zweites Gehirn“, sagt sie.

Information und Unterhaltung für Senioren und Menschen mit Behinderung

Die Josefs-Gesellschaft ist hingegen das erste Sozialunternehmen in Deutschland, das Alexa Smart Properties for Senior Living in seinem Seniorenzentrum im rheinland-pfälzischen Neuwied, im Seniorenzentrum Haus Elisabeth in Dillenburg und im Wohnen für Menschen mit Behinderung im Kardinal-von-Galen-Haus in Dinklage einsetzt. Dort dient es insbesondere dazu, dass sich Menschen mit Behinderung und Senioren über die Geräte informieren und unterhalten lassen können. Man könne sich nun auch vorstellen, Sprachassistenten in die eigenen Unternehmensprozesse zu integrieren und dadurch eine Arbeitserleichterung für die Mitarbeiter zu schaffen, so René Ehlen, Leiter der Rehabilitationsabteilung der Josefs-Gesellschaft.

Digitale Nachbarn (Bild: Stephan Morgenstern)

Das Modell- und Forschungsprojekt „Digitale Nachbarn“ der Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz, des Fraunhofer Instituts IESE und des Deutschen Roten Kreuzes Rheinland-Pfalz prüft hingegen, wie digitale Geräte und Sprachassistenten dabei helfen können, Einsamkeit bei älteren Menschen zu reduzieren.

Das erste Projekt, das im Rahmen von „Alexa für Alle“ umgesetzt werden konnte, ist der Hörfilm-Skill, der in Kooperation mit dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) und den öffentlich-rechtlichen Sendern ARD, ZDF und Arte entstanden ist. Mit dem Hörfilm-Skill lassen sich knapp 4.000 Hörfilmangebote aus den Mediatheken sowie Livestreams der öffentlich-rechtlichen Sender durch Sprachsteuerung und ohne Fernbedienung anwählen, steuern und über Alexa-fähige Geräte abspielen.

Organisationen, die Interesse an einer Zusammenarbeit haben, können sich bei Amazon unter der E-Mail-Adresse alexa-fuer-alle~~amazon.de melden.