Offtopic: Verständnisfrage Zeitdilatation spezielle Relativitätstheorie

lordg2009

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Hi,

das Thema Zeitdilatation der speziellen Relativitätstheorie fand ich schon immer recht spannend. Ein Astronaut, der mit halber Lichtgeschwindigkeit durchs All fliegt, langsamer altert und bei Rückkehr jünger ist. Aktuell habe ich mir mal wieder ein Youtube-Video angeschaut (Titel: Zeitdilatation - Spezielle Relativitätstheorie 2 von Physic - simpleclub).

Was ich nicht verstehe ist folgendes. Geschwindigkeit ist relativ. So, wie die Zeit im fliegenden Raumschiff für den Betrachter von der Erde langsamer vergeht, als auf der Erde, so müsste doch für den Astronauten die Zeit auf der Erde langsamer vergehen, da die Relativgeschwindigkeit von Erde und Raumschiff identisch sind. Warum ist dann aber der Astronaut bei Rückkehr auf die Erde jünger? Das würde doch implizieren, dass aus dem Blickwinkel des Astronauten die Zeit auf der Erde schneller vergeht und das sieht die Relativitätstheorie doch nicht vor, oder?

Kann mich jemand über meinen Denkfehler aufklären?

PS: Ich weiß, dass ist kein Physikforum, aber ich möchte mich nicht wegen dieser einen Frage in einem anderen Forum anmelden.

Liebe Grüße
 
lordg2009 schrieb:
Ein Astronaut, der mit halber Lichtgeschwindigkeit durchs All fliegt, langsamer altert und bei Rückkehr jünger ist
Also mit 80 Jahren und mit halber Lichtgeschwindigkeit losfliegen und als 20 Jähriger Jungspund wieder zurück zur Erde :D
 
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Also bei nur 50% der LG ist die Zeitdilatation ohnehin noch gering. Wikipedia sagt da gerade mal 1:1,15.


Es wäre mir auch neu, dass der der Astronaut jünger wird. Das klassische Beispiel ist ja das von Zwillingen. Einer fliegt mit dem Raumschiff weg, der andere bleibt auf der Erde. Dann kehrt der Raumfahrer irgendwann zurück. Durch die Zeitdilatation ist für ihn die Zeit relativ zu seinem Bruder auf der Erde langsamer vergangen. Im Beispiel mit den 50% LG und einer Reisedauer (aus Sicht des Bruders auf der Erde) von 10 Jahren wäre dieser 10 Jahre gealtert. Für den Raumfahrer hätte die Reise 8,69 Jahre gedauert und er wäre auch nur um genau diese Zeit gealtert.

Der Einfachheit halber vernachlässigen wir mal Beschleunigung und Bremsen.
 
lordg2009 schrieb:
...langsamer altert und bei Rückkehr jünger ist. ...

Vielleicht so ausdrücken, "jünger ist, als ein beim Start gleich alter Mensch". Aber wer hier daraus ließt, dass man von 80 ausgehend jünger wird, erlaubt sich einen Scherz :D.

lordg2009 schrieb:
...

Was ich nicht verstehe ist folgendes. Geschwindigkeit ist relativ. So, wie die Zeit im fliegenden Raumschiff für den Betrachter von der Erde langsamer vergeht, als auf der Erde, so müsste doch für den Astronauten die Zeit auf der Erde langsamer vergehen, da die Relativgeschwindigkeit von Erde und Raumschiff identisch sind. ...

Das Raumschiff bewegt sich schnell im Bezug zur Erde, die Relativgeschwindigkeit ist hoch - nun aber - von welchem Bezugspunkt. Wenn du die Relativgeschwindigkeit beider (Raumschiff und Erde) betrachten willst, brauchst du einen weiteren Bezugspunkt, zB die Sonne. Von der Sonne aus betrachtet fliegt das Raumschiff mit Geschwindigkeit X und die Erde mit Geschwindigkeit Y.
Von der Erde aus gesehen steht die Erde still und das Raumschiff hat die Geschwindigkeit B. So wie du im inneren eine Zuges normal stehen kannst und sich der Zug zum Bezugssystem Dir nicht bewegst, aber zum Bezugssystem "draußen" mit der Geschwindigkeit des Zuges unterwegs ist.

Jetzt wird es komplizierter, von einem weiteren Bezugspunkt (nehmen wir das Zentrum unserer Galaxis bewegt sich die Sonne, die Erde und das Raumschiff) und bei noch einem weiteren Bezugspunkt außerhalb unserer Galaxis bewegt sich auch unsere Galaxis, auf dem Weg zum Großen Attraktor :)
 
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Madcat69 schrieb:
Der Einfachheit halber vernachlässigen wir mal Beschleunigung und Bremsen.
Das sollte man nicht tun. Denn die Beschleunigung bzw. Bewegungsänderung ist das Ausschlaggebende. Wiki:
Das Paradoxon beruht auf intuitiven, aber unzulässigen Annahmen über das Wesen der Zeit, wie beispielsweise der Gleichzeitigkeit. Insbesondere wird dabei der Richtungswechsel am Umkehrpunkt der Reise ignoriert.
 
Ich habe mich zwei demütig ausgedrückt. Ich meinte der Reisende ist jünger als der Daheim gebliebene. Aber natürlich ist er älter als zu Beginn der Reise.

@Fu Manchu Ich würde dir hier Mal vorsichtig widersprechen. Ich denke nicht, dass ein Dritter Bezugspunkt für diese Fragestellung relevant ist. Sowohl der Reisende, als auch die Erde sind ein Inertialsystem, wenn man die Beschleunigung ausblendet. Beide Inertialsysteme haben eine Relativgeschwindigkeit zueinander, die gleich ist. Durch die Bewegung voneinander weg lässt sich die Zeitdilatation erklären. Ich nehme an, dass aus Sicht des Astronauten die Zeit auf der Erde ebenfalls langsamer vergeht.

@simpsonsfan hat Recht und die richtige Stelle im Wikipedia Artikel verlingt. Durch den Richtungswechsel ist der Reisende kein Inertialsystem mehr. Vielen Dank für die Erkenntnis.

Das Experiment wurde ja (soweit ich mich erinnere) mit Atomuhren in einem Flugzeug und auf der Erde durchgeführt. Die Uhr im Flugzeug ging nach Umrundung der Erde etwas nach. Das Flugzeug ist aufgrund der Drehbewegung um die Erde mit wirkender Zentrifugal und -petalkraft ebenfalls kein Inertialsystem.
 
Als Ergänzung noch: Besonders schön / eingängig finde ich in dem Wikipediaartikel das Zahlenbeispiel und das zugehörige Diagramm. Der Reisende würde die ersten 4 Jahre Reisezeit den Zurückbleibenden 20% langsamer altern sehen. Er empfindet also nach seinen (für ihn) 4 Jahren Reisezeit, dass der Zurückgebliebene (:freaky:) nur 3,2 Jahre gealtert ist. Während seiner Umkehrphase (egal, wie schnell oder langsam die geht bzw. wie lange die dauert - wichtig ist nur, dass er seine Bewegungsrichtung von 0,6c in die eine Richtung auf 0,6c in die andere Richtung ändert) altert dann der Zurückgebliebene quasi schlagartig um 3,6Jahre (Stand 6,8 Jahre ab Start) und dann altert er während des Rückflugs wieder langsamer, nämlich während der 4 Jahre Rückflug altert der Zurückgebliebene die restlichen 3,2 Jahre bis auf 10. Alles aus Sicht des Reisenden.
 
Verrückt. Aber schlagartig altert er ja nur nach, wenn er seine Geschwindigkeit schlagartig von 0,6c auf -0,6c ändert. Wenn er dafür eine längere Zeit brauchen würde, würde auch der Zurückgebliebene (ich habe es mich vorhin nicht zu schreiben getraut) langsamer nachaltern.
 
simpsonsfan schrieb:
Das sollte man nicht tun. Denn die Beschleunigung bzw. Bewegungsänderung ist das Ausschlaggebende. Wiki:
Die Beschleunigung und das abbremsen sind nur interessant, wenn du wirklich errechnen willst, wie groß der Effekt ist, für das Gedankenspiel selbst ist es nicht wichtig.

Um den Effekt ansich zu beschreiben, sind konkreten Zahlen erst mal nicht ausschlaggebend und es muss keine Reise nach irgendwo hin sein, es reicht eine Kreisbewegung um die Erde bei knapp Lichtgeschwindigkeit.
 
lordg2009 schrieb:
Das Experiment wurde ja (soweit ich mich erinnere) mit Atomuhren in einem Flugzeug und auf der Erde durchgeführt. Die Uhr im Flugzeug ging nach Umrundung der Erde etwas nach.
Das ist nicht nur für Experimente relevant, sondern hat tatsächliche relevanten Auswirkungen. Primär auf das GPS und ähnliche Systeme. Die müssen die relativistischen Effekte berücksichtigen.
http://www.quantenwelt.de/technik/GPS/relativitaet.html
 
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@Fu Manchu Dem Post stimme ich so nicht zu.

1. betrachte ich eine Kreisbewegung als beschleunigte Bewegung (im Sinne dass sich stets die Bewegungsrichtung ändert.) und 2. sehe ich gerade nicht, wie eine reine Kreisbewegung zu dem Effekt führt, dass die Zeit um einen Beobachter herum scheinbar schneller vergeht (das Zwillingsparadox eben). Denn das war doch die Frage im Ausgangsposting:
Das würde doch implizieren, dass aus dem Blickwinkel des Astronauten die Zeit auf der Erde schneller vergeht und das sieht die Relativitätstheorie doch nicht vor, oder?
 
simpsonsfan schrieb:
@Fu Manchu Dem Post stimme ich so nicht zu.

1. korrekt, eine Kreisbewegung erzeugt eine Kraft nach außen, aber hier geht es um das Gedankenspiel der Zeit, nicht um Fliehkräfte. Nimm einfach das Tempo nahe Lichtgeschwindigkeit.
2. nicht die Kreisbewegung an sich, sondern die Geschwindigkeit ist es, wie du fliegst ist egal. Lass mal die restliche Physik außen vor, es geht nur um die Geschwindigkeit zwischen einem Bezugspunkt und einem Flugobjekt. Erst wenn du das Experiment nachbauen wolltest, wäre da interessant.

Schau dir das Video noch mal an, das ganze ist ein Gedankenspiel und wird in sehr kleinen Rahmen relevant in unserer Technik, aber bevor wir uns über die Kreisbewegung Gedanken machen können, sind längst andere Grenzen erreicht.
 
Das Video hab ich bisher gar nicht angeschaut. Werde ich bei Gelegenheit nachholen. Ich hatte mich auf die Frage vom TE bezogen.
 
@lordg2009
Du hast die Erkenntnisstufe noch nicht erreicht, nachdem die Zeit eine Zustandsbeschreibung der örtlichen Veränderung im Raum ist und keine Lebenszeit des menschlichen Organismus. :)
Ich gebe zu, zu dieser Erkenntnis ist es ein langer Weg.
Ich wünsche Dir viel Kraft und Freude bei der Erforschung der Zeit!

Exkurs:
Wäre die Zeit abhängig vom menschlichen Organismus oder einem biologischen Organismus generell, wäre sie anders definiert und nicht fest determiniert.
 
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