Avatare beeinflussen Denken und Handeln

Parwez Farsan
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Welchen Einfluss üben virtuelle Welten auf unser reales Leben aus? Jesse Fox, Doktorandin und Forscherin am Stanford Virtual Human Interaction Lab, ist der Frage nach dem Einfluss von Avataren auf unser Handeln und unsere Denkmuster im realen Leben nachgegangen und ist dabei zu interessanten Erkenntnissen gelangt.

In zwei Studien mit jeweils mehreren Tests erforschte Fox einerseits, inwieweit personalisierte Avatare Menschen dazu motivieren können Sport zu treiben und sich richtig zu ernähren; andererseits untersuchte sie in einer Studie, welchen Einfluss Avatare auf unsere Ansichten über Frauen haben. Die verschiedenen Tests wurden jeweils mit einem Video-Helm durchgeführt, der mit einem Infrarotlicht ausgerüstet war, anhand dessen Kameras die Position im Raum bestimmen und die virtuelle Realität entsprechend anpassen konnten. In einem ersten Test teilte Fox die Teilnehmer der Studie in drei Gruppen ein: Einige sahen einem wie sie aussehenden Avatar auf dem Laufband zu, andere sahen ebenfalls einem wie sie aussehenden Avatar zu, der jedoch faulenzte und wieder andere sahen einen fremd aussehenden Avatar auf dem Laufband. Am Tag nach dem Test zeigte sich bei denjenigen Teilnehmern, die sich selbst auf dem Laufband sahen, eine verstärkte Tendenz Sport zu treiben – im Schnitt eine Stunde länger als bei den anderen Probanden.

In einem zweiten Test der Studie mussten die Probanden auf der Stelle laufen und sahen dann entweder ihren eigenen oder einen anderen Avatar der dicker oder dünner wurde. Wer seinen eigenen Avatar dünner werden sah, zeigte wiederum eine erhöhte Tendenz Sport zu treiben. Im dritten Test der Studie sahen die Teilnehmer, wie ihre Avatare durch das Essen von Karotten oder Süßigkeiten dünner bzw. dicker wurden. Dabei zeigten sich geschlechtsspezifische Unterschiede. Während Frauen anschließend mehr Karotten aßen, griffen die Männer eher zu Süßigkeiten. Das Ergebnis der Studie könnte bei der Entwicklung von Avataren als Motivationshilfe für gesünderes Verhalten helfen.

In der zweiten Studie zu den Ansichten über Frauen bekamen die Teilnehmer zwei verschiedene Avatare gezeigt. Einerseits eine freizügig gekleidete Frau und andererseits eine mit Jeans und Jacke bekleidete Frau, die entweder dominantes (z. B. Anstarren) oder unterwürfiges (z. B. auf den Boden sehen) Verhalten zeigten. Sowohl Frauen als auch Männer waren beim Ausfüllen eines Fragebogens nach dem Test eher geneigt dem Vergewaltigungsmythos zuzustimmen wenn sie zuvor den freizügigen Avatar gesehen hatten, d. h. dass Frauen es verdienen vergewaltigt zu werden wenn sie eindeutig gekleidet aus dem Haus oder abends alleine weggehen. Außerdem stimmten die Teilnehmer in diesem Fall auch eher Aussagen wie „Frauen versuchen Macht zu erlangen indem sie Männer kontrollieren“ oder „Frauen fühlen sich zu leicht angegriffen“ zu. Dies traf bei Frauen selbst dann noch zu, wenn sie einen freizügig gekleideten Avatar mit ihrem eigenen Gesicht sahen.

Auf der einen Seite wirft das Ergebnis dieser Studie Fragen zur Darstellung von Frauen in Spielen wie Grand Theft Auto und den Folgen auf. Andererseits könnte es aber auch Wege eröffnen um beispielsweise das Selbstbewusstsein magersüchtiger Frauen durch einen „normalen“ Avatar mit ihrem Gesicht zu steigern, der in der Interaktion auch ohne extrem dünn zu sein erfolgreich ist. Diese Frauen könnten so möglicher Weise dazu bewegt werden ihr Verhalten von selbst zu ändern oder sich Hilfe zu suchen. Als wichtiges Fazit der Studie sieht Fox daher vor allem die Bedeutung von Medienkompetenz in der heutigen Zeit. Bereits Schüler müssten daher verschiedene Stereotype kennenlernen und wissen warum diese existieren.