Neues zur Abmahnwelle im Internet

Jirko Alex
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Seit Monaten schon versuchen findige Kanzleien diverse Internetseiten und -foren für zweifelhafte Vergehen schuldig sprechen zu lassen. Während das SuperNature-Forum jedoch traurige Unterstützung erhielt, scheinen anderorts realistischere Urteile gesprochen zu werden, die den Internetnutzer hoffen lassen.

So wurde nunmehr bekannt, dass ein weiteres Forum verklagt wurde. Es handelt sich dabei um das Internetportal MTB-News, das als Anlaufstelle für Fahrradbegeisterte dient. In diesem Forum seien vermehrt kritische Äußerungen zu einem Hersteller geäußert worden, wonach dieser den Forenbetreiber abmahnen ließ. Die Posts seien, so ließ es der Hersteller für Fahrradteile durch seinen Anwalt verlauten, rufschädigend und würden gar zu einem Boykott der Produkte animieren. Der Betreiber der Internetseite wurde dazu aufgefordert, eine Unterlassungserklärung in der Höhe von 10.000 Euro zu unterschreiben und angesichts des festgelegten Streitwertes von 20.000 Euro die Anwaltskosten der Gegenseite von 1000 Euro zu begleichen. Der Beklagte sieht von der Erfüllung dieser Forderungen jedoch ab und wehrt sich rechtlich gegen die Abmahnung.

Ein weiterer aktueller und ähnlich gelagerter Fall sorgt weiterhin für Aufsehen: So hat die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen ein Verbraucherschutzforum abgemahnt, da in dem betroffenen Forum ein Artikel der Verbraucherschutzzentrale ohne Angabe von Quellen übernommen wurde. Mit der Begründung, dass dem Forenmitglied, das den Artikel kopiert hat, „keinerlei Nutzungsrechte eingeräumt“ wurden, wird hier ein Urheberrechtsverstoß geahndet. Die Betreiber des Verbraucherschutzforums Antispam.de müssten nun als Mitstörer haften, da sie die Plattform für den Verstoß bereitstellten.

Obwohl im Falle Antispam.de gegen die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen keine Geldstrafe mit der Abmahnung einher ging, ist dieses Vorgehen einmal mehr sehr ärgerlich und vor allem rechtlich falsch. So war das Forenmitglied, das den Beitrag der Verbraucherschutzzentrale kopierte, mit vollem Namen in dem Forum von Antispam registriert und dessen Anschrift für die Klagenden somit verfügbar. In einem solchen Falle sei der Betreiber eines Forums jedoch keinesfalls für den Inhalt eines Postings haftbar, wie aus einem jüngeren Urteil (Az. 1-15 U 180/05) des Düsseldorfer Oberlandesgerichts hervorgeht. In diesem heißt es nämlich, dass ein Forenbetreiber nur für anonyme Beiträge mitverantwortlich ist und bei Kenntnis des Posters dieser zu belangen sei. (siehe auch)

Ferner muss an dieser Stelle auch die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer Abmahnung der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen gegen ein Verbraucherschutzforum, dessen einziges Vergehen es war, zu informieren, gestattet sein. Die treffendste Aussage hierzu findet sich bei einem Moderator des Antispam-Forums selbst, der das Vorgehen wie folgt beschrieb:

„Die aus öffentlichen, also unseren Geldern finanzierten Verbraucherzentralen sind ins Leben gerufen worden, um die Verbraucher aufzuklären und genau dieses passiert, wenn die Texte der Verbraucherzentrale weiterverwendet werden. Die Weiterveröffentlichung dieser Informationen sollte als Erfolg und Bestätigung der Arbeit gewertet werden, stattdessen wird die Weiterverbreitung der Informationen abgemahnt.“

Es gibt jedoch auch positive Neuigkeiten zu vermelden. So heißt es in dem neuesten Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf zum Thema Überwachungs- und Forschungspflicht in Meinungsforen, dass es einem Forenbetreiber nicht zugemutet werden könne, alle Beiträge auf ihre rechtliche Korrektheit hin zu überprüfen. So sei es zum einen unwirtschaftlich, das benötigte Personal hierfür zu finanzieren, zum anderen könne durch eine technische Überprüfung der Beiträge nicht sichergestellt werden, dass beispielsweise beleidigende Inhalte zuverlässig gefiltert würden. Zwar ließe sich ein Internetforum, so das Gericht, relativ einfach nach bestimmten Begriffen durchsuchen, da mit sprachlich versiertem Einsatz jedoch unzählige Möglichkeiten der Beleidigung offenstünden, sei eine technische Filterung der Beiträge nicht möglich.

In dem Urteil vom 07.06.2006 des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Az. I-15 U 21/06) heißt es daher, dass es für den Betreiber eines Forums lediglich zumutbar sei, nach Kenntnis eines Rechtsverstoßes gegen diesen vorzugehen.

Zumindest im Angesicht dieses Urteils bleibt allen betroffenen Kollegen bei wachsender Hoffnung auf ein gutes Ende der Abmahnwelle nur noch viel Glück zu wünschen. Spätestens bei der Verhandlung des SuperNature-Forum-Falles dürften in dieser Thematik neue Erkenntnisse zu erwarten sein; der Verhandlungstermin wurde hier auf den 22. August 2006 festgelegt.