Intels Skulltrail-Plattform: Wo ist der Test?

Wolfgang Andermahr
71 Kommentare

Am heutigen Tag präsentiert Intel seine neue Enthusiasten-Plattform namens „Skulltrail“, die sich unter anderem an Spieler richten soll und im Desktop-Bereich erstmalig Nvidias SLI-Technologie auf einem Nicht-Nvidia-Mainboard unterstützt. Außerdem unterstützt das Mainboard ATis CrossFire.

Da Skulltrail somit die einzige Möglichkeit wäre, beide Dual-GPU-Techniken – sowohl CrossFire als auch SLI – mit ein und derselben Hauptplatine zu testen, haben wir schon vor einiger Zeit Überlegungen dahingehend angestellt, ob wir die Enthusiasten-Plattform nicht als Grundlage für unser neues Grafikkarten-Testsystem benutzen sollten. Darüber hinaus wollten wir am heutigen Tag einen ausführlichen Artikel zu Skulltrail präsentieren, bei dem es jedoch zu diversen und schwerwiegenden Fehlern gekommen ist.

Skulltrail im Überblick: Das Herzstück sind zwei Intel-Prozessoren vom Typ „Core 2 Extreme QX9775“, die nicht wie gewöhnlich für den Sockel 775, sondern für ein Xeon-Mainboard mit dem Sockel 771 vorgesehen sind. Die technischen Spezifikationen sind identisch zu denen eines herkömmlichen QX9770. Jeder Prozessor wird in etwa 1200 Euro kosten und ist somit alles andere als günstig. Als Mainboard benutzt Intel für Skulltrail die eigene „D5400XS“-Hauptplatine. Sie nimmt zwei Sockel-771-Prozessoren auf und ist mit vier PCIe-x16-Slots (Gen 1) ausgestattet. Diese PCIe-Lanes werden durch zwei nForce-100-Chips von Nvidia bereit gestellt. Nur dank dieser Chips gibt Nvidias Treiber den SLI-Modus frei. Der Kostenpunkt liegt bei etwa 450 Euro.

Als Speicher geht man ebenfalls den „Server-Weg“ und setzt auf FB-DDR2-RAMs (fully buffered) mit einer ECC-Fehlerkorrektur. Intel sieht für Skulltrail bis zu zwei 2 GB große Speicherriegel mit einer Taktfrequenz von 800 MHz vor. Da der Chipsatz nicht nur Dual-Channel sondern zudem Quad-Channel anbietet, ist für die höchste Performance der Einsatz von vier Modulen erforderlich. Die Kosten für vier 1 GB FB-DDR2-RAM mit 800 MHz liegen derzeit bei knapp 200 Euro.

Intel Skulltrail
Intel Skulltrail

Man baue alles zusammen und fertig ist das Enthusiasten-System Skulltrail. Was ab diesem Punkt noch alles schief gehen kann? Leider eine ganze Menge! Erste Auffälligkeit ist die elendig lange Bootprozedur des Mainboards. Nach dem Betätigen des Power-On-Schalters benötigt das D5400XS fast eine Minute bis auf dem Bildschirm überhaupt etwas (der BIOS-Post-Screen) angezeigt wird. Zweite Auffälligkeit ist die integrierte, fehlerhaft arbeitende Lüftersteuerung.

So ist es völlig unverständlich, warum auf einem 450 Euro teuren Enthusiasten-Mainboard die Lüftersteuerung der Prozessoren einzig und allein darin besteht, die Lüfter ein (volle Lüfterdrehzahl) oder aus (keine Kühlung) zu schalten. Auch die beiden nForce-100-Chips von Nvidia werden sehr heiß. Deswegen muss Intel diese mit einem aktiven Kühlsystem auf niedrigen Temperaturen halten. Der hier eingesetzte Lüfter entpuppt sich als Lärmquelle ohne Gleichen. Was das Ganze noch verschlimmert: Die Lüftersteuerung funktioniert zwar, ergibt unserer Meinung nach aber keinen Sinn: So ist der nForce-Lüfter an den „Front-Lüfteranschluss“ des Mainboards angeschlossen – einen eigenen nForce-Lüfteranschluss gibt es nicht. Wenn es der passiv gekühlten Northbridge zu warm wird, wird der Front-Fan auf die maximale Drehzahl geregelt. Dies resultiert in einem störend lauten nForce-Lüfter, der der Northbridge in keiner Weise irgendeine Kühlung verschaffen kann.

Dabei kann man noch verschmerzen, dass der nForce-Lüfter nach diversen Bootvorgängen von der Lüftersteuerung nicht mehr gebremst wird und dieser ohne ersichtlichen Grund munter Lärm produziert. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass es (mit unserer Platine) anscheinend Probleme bei der Veränderung des Multiplikators gibt. Setzt man diesen herunter, quittiert Windows den Dienst mit einem Bluescreen und einem anschließenden Neustart. Stellt man die Werte wieder auf Default (Multiplikator auf 8x und FSB auf 400 MHz) übernimmt das Mainboard trotzdem nur einen FSB-Takt von 333 MHz. Eine Takterhöhung des Speichers erlaubt die D5400XS-Platine derzeitig nicht.

Ein weiteres Problem ist ein simpler Fehler im Boarddesign. So gibt es auf der Skulltrail-Platine einen Stromanschluss, den man bei Nutzung von mindestens zwei High-End-Grafikkarten belegen soll. Dieser Stromanschluss wird komplett blockiert, wenn im letzten PCIe-Slot eine Dual-Slot-Grafikkarte platziert wird. Falls im letzten PCIe-Slot eine Single-Slot-Grafikkarte oder im drittletzten ein 3D-Beschleuniger mit ausladendem Kühlsystem steckt, muss man vorsichtig bei der Montage des Steckers sein – ein direkter Kontakt zur Grafikkarte lässt sich kaum vermeiden.

Wie bereits erwähnt, ist Intels Skulltrail-Plattform das einzige Mainboard im Desktop-Segment, das neben ATis Multi-GPU-Technik CrossFire auch Nvidias Gegenpart unterstützt – die nForce-100-Chips machen dies möglich. SLI funktioniert, allerdings unterstützt Skulltrail kein 3-Way-SLI – wozu hat das Board dann vier Grafikkarten-Steckplätze? Laut Angaben von Intel ist dies kein technisches Problem, sondern eine (gewollte) Limitierung im ForceWare-Treiber von Nvidia. Alle bis zu diesem Punkt beschriebenen Probleme treten wahrscheinlich auf sämtlichen Skulltrail-Mainboards auf – klar ist jedoch: die meisten sind auf ein unausgereiftes BIOS zurückzuführen.

Allerdings hat unser Testexemplar zwei weitere (viel gravierendere) Probleme, die einen Test unmöglich gemacht haben. So hat der erste PCIe-x16-Slot einen Defekt. Wenn man in diesen mit einer Grafikkarte bevölkert, erscheint kein Bild. Da der Slot zu Beginn der Testreihen noch funktionierte, vermuten wir, dass dieser im Laufe der Zeit seine Lebenskraft verloren hat. Die anderen Slots funktionieren einwandfrei, solange man es bei einer Grafikkarte belässt. Baut man ein SLI-System auf, stürzt das System reproduzierbar innerhalb von Sekunden ab.

Skulltrail scheint noch an diversen Kinderkrankheiten zu leiden und vor allem das BIOS ist eine große Baustelle. Ein Fazit möchten (und können) wir zu Skulltrail noch nicht fällen. Eine Sache ist aber sicher: Als Grafikkartentestplattform kommt Skulltrail nicht mehr in Betracht.