GTA IV: Guter Start und die Folgen im Konsolenkrieg

Sasan Abdi
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GTA IV gehört mit Sicherheit zu den Spielen in diesem Jahr, denen am meisten Beachtung beschieden wurde und wird. Dementsprechend fulminant ist der Titel von Rockstar Games unlängst für die Konsolen Xbox 360 und Playstation 3 gestartet.

So verkaufte sich das Spiel am Dienstag, dem ersten Verkaufstag, laut ChartTrack allein in Großbritannien über 600.000 Mal, wobei rund 335.000 Xbox-360-Exemplare über den Ladentisch gingen, während auf die Playstation 3 circa 274.000 entfallen.

Mit Blick auf diese enormen Zahlen und das von der Presse vorab erzeugte riesige Echo wundert es nicht, dass der Start von GTA IV eine ideale Möglichkeit für Microsoft und Sony darstellt, ihre Next-Gen-Konsolen im Besonderem herauszustellen. So dauerte es auch nicht lange, bis Microsoft für sich proklamierte, dass die Xbox 360 mit Blick auf die Absatzzahlen von GTA IV die Playstation 3 im Verhältnis von 2-zu-1 geschlagen hätte. Ein entsprechendes Statement gab der Chef des Xbox 360 und Xbox Live Bereichs, Aaron Greenberg, am Donnerstag ab. „Dies spiegelt die Entwicklung wider, die aufgrund der Vorbestellungen bereits zu erahnen war, die sich nun aber tatsächlich bewahrheitet hat“, so Greenberg.

Bei Sony Entertainment ist man naturgemäß anderer Meinung. In einer ersten Reaktion ließ der US-Ableger des Konzerns unter Berufung auf Vertriebspartner verlauten, dass das von Microsoft behauptete Verkaufsverhältnis nicht der Realität entspräche. Allerdings sprechen zumindest die ChartTracker-Zahlen eher für die Microsoft-Behauptung und das vor allem auch deswegen, weil man bei Sony bisher keinerlei konkretere Angaben zu den tatsächlichen Kräfteverhältnissen geliefert hat.

Was auf den ersten Blick wie ein groteskes Ränkespiel wirkt, ist in der Tat unter Umständen von ausschlaggebender Bedeutung: Zum einen spiegelt die Verkaufsverteilung wider, wie potent die jeweilige Käufergruppe mit Blick auf vielbeachtete Neuveröffentlichungen ist, was die Reputation der Plattformen gegenüber den Spielern, vor allem aber auch mit Blick auf das Verhältnis zu Publishern und Spieleschmieden, aufwerten kann. Zum anderen bleibt nun abzuwarten, ob und in welchem Ausmaß sich der Start von GTA IV auf die Verkaufszahlen der beiden im Kampf um den zweiten Platz in den Overall-Absatzzahlen befindlichen Konsolen auswirken wird.

Bei Microsoft meint man bereits jetzt, dass sich GTA IV positiv auf die Absatzzahlen der Xbox 360 ausgewirkt hat: „Wir haben von unseren Vertriebspartnern gehört, dass die Absatzzahlen in den vergangenen Wochen angezogen haben. Wie immer warten wir hier aber auf die Zahlen von NPD (ein Marktforschungsunternehmen mit den wohl exaktesten Verkaufszahlen für den anglo-amerikanischen Raum, Anm. d. Red.), um ein konkreteres Bild zu gewinnen“, so Microsoft-Manager Greenberg. Dennoch sei zu erwarten, dass die Xbox 360 verstärkt nachgefragt worden sei und dass die Nachfrage im Mai eine noch stärkere Auswirkung haben werde, wobei das Absatzverhältnis von 2-zu-1 gegenüber der Playstation 3 hierfür ein gutes Indiz sei.

Einige Analysten und vor allem auch Sony hatten einer solchen Prophezeiung zuvor nicht folgen wollen. Stattdessen verwiesen sie am Donnerstagmorgen skeptisch auf die tiefere Verwurzelung der GTA-Serie auf Konsolen von Sony, was mittelfristig zu einem ausgeglicheneren Verhältnis führen könnte. Greenberg tat dieses Argument mit einem inhaltlichen Vorteil der Xbox 360 ab, das zumindest für das Neukäufer-Segment als nachvollziehbar erscheint. So werde die Plattform-Loyalität einiger Spieler dadurch gebrochen, dass Microsoft über Xbox Live noch im Herbst exklusive Inhalte zu GTA IV anbieten werde: „Dies hat eine große Auswirkung auf die Kaufentscheidung. GTA-Fans wechseln zur Xbox 360, genauso wie es Liebhaber von Guitar Hero und Madden getan haben“, erläutert Greenberg.

Ein weiterer Beweis hierfür sei, dass bereits am ersten Tag beinahe eine Million Besitzer von GTA IV mit ihrem Spiel erstmals online gingen: „GTA IV ist das Nummer-Eins-Spiel seit dem Start von Xbox Live – es hat also Halo 3 und Call of Duty 4 überrundet. Am Starttag hat sich gezeigt, dass der Großteil unserer Mitglieder GTA IV gespielt hat (Xbox Live zählt derzeit nach eigenen Angaben rund 10 Millionen registrierte Spieler, Anm. d. Red.)“, so Greenberg weiter. Weiter verstärkt wird dieser Effekt sicher durch eine recht geschickte Vermarktungsstrategie seitens Microsofts: jeder GTA IV Verpackung liegt ein Gutschein für eine einmonatige Xbox Live Gold-Mitgliedschaft bei.

Nun bleibt also abschließend abzuwarten, wie sich die Verkaufszahlen in den kommenden Tagen und Wochen entwickeln werden. Die bereits erwähnten Zahlen der NPD Group werden zumindest für den Monat April und im besonderen für den so wichtigen US-Markt ersten Aufschluss darüber geben, wer mit Blick auf den Start von GTA IV tatsächlich zu den Gewinnern zählt. Zwei stehen bereits jetzt fest: Neben den Entwicklern von Rockstar Games darf sich auch Publisher Take Two freuen – die angestrebte Übernahme von letzterem durch Mega-Publisher Electronic Arts dürfte sich nun weiter erschweren.