Chat-Protokolle belasten VZnet Netzwerke

Benjamin Beckmann
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Nach dem Suizid des angeblichen schülerVZ-Erpressers „3x1t“ berichtet nun der SPIEGEL in seiner Ausgabe 46/2009 über Ungereimtheiten in der Darstellung der VZnet Netzwerke. Diese betreffen die Angaben zu den Umständen, die zur Festnahme des 20-Jährigen in den Büroräumen des Social-Network-Unternehmens führten.

Bereits am Dienstag meldete sich der Rechtsanwalt des verstorbenen Matthias L., Ulrich Dost, mit schweren Vorwürfen gegen das Unternehmen zu Wort. Er behauptete, dass nicht der junge Student, sondern die VZ-Verantwortlichen die ersten Andeutungen auf eine Zahlung in undefinierter Höhe geäußert haben. Dies musste „nicht mit einer Drohung erzwungen werden“, so Dost.

Eigenen Angaben des SPIEGEL zufolge liegt der Redaktion ein Protokoll des Chats zwischen dem vermeintlichen Hacker und dem VZnet-Technikchef Jodok B. vor. Die Echtheit dieser Aufzeichnungen vorausgesetzt, würde dies eine klare Kehrtwende im Fall Matthias L. bedeuten. Dieser soll ohne nennenswerte Gegenwehr seinen Namen und seine Adresse preisgegeben und sich dazu bereit erklärt haben, am folgenden Tag ins Taxi nach Berlin zu steigen, um mit dem VZ-Team persönlich zu verhandeln – 530 Euro zur Lasten des Unternehmens. Bereits während des Chats soll Jodok B. allerdings auf eine Art Schweigegeld angespielt haben: „du - und andere können bei uns rumhacken wie sie wollen. ich bezahl euch sogar gerne dafür!“, und „wenn ich jemanden dafür bezahle, möchte ich, dass das nicht public wird“. Auf die eigenen Ambitionen angesprochen, äußerte sich „3x1t“ bescheiden: „gar nichts, das war'n just4fun projekt“.

Eine Verurteilung wegen versuchter Erpressung wäre unter diesen Voraussetzungen wohl unwahrscheinlich gewesen – erneut unter der Bedingung, dass die Chatlogs echt sind und es darüber hinaus keine Belege für die Schuld des Studenten aus Erlangen gibt. Die VZnet Netzwerke Ltd. und ihr Eigentümer, der Holtzbrinck-Verlag, sind nun schwer unter Druck geraten. Nach außen kommuniziert man dort weiterhin, dass man sich keiner Schuld oder falschen Verhaltens bewusst ist. „Zu keinem Zeitpunkt haben wir dem Tatverdächtigen ein Zahlungsangebot oder gar Schweigegeldangebot für die entsprechenden Daten oder den Crawler unterbreitet”, heißt es im VZnet-Blog, wo jüngst eine Reaktion auf die SPIEGEL-Berichterstattung veröffentlicht wurde (siehe Klapptext)).

Auf unsere E-Mail mit der Bitte um eine Stellungnahme reagierte das Unternehmen am Samstag nur mit einem Verweis auf einen vier Tage alten Blogeintrag, in dem man die Vorwürfe des Anwalts Dost entschieden zurückweist.

Statement der VZnet Netzwerke