Handelsblatt startet Kampagne für „geistiges Eigentum“

Andreas Frischholz
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Unter dem Titel „Mein Kopf gehört mir“ hat das Handelsblatt eine Kampagne gestartet, bei der sich Vertreter aus Kunst, Medien, Wirtschaft, Wissenschaft und Politik für den Schutz von geistigem Eigentum aussprechen. Damit will man Widerstand leisten gegen die „Kostenloskultur“ im Internet sowie die Piratenpartei.

Die Piratenpartei steht im Fokus der Kampagne. So wirft das Handelsblatt den Piraten im Begleitartikel vor, sie wollten das Urheberrecht abschaffen und berufen sich dabei auf eine Aussage von Martin Delius, Geschäftsführer der Berliner Piratenpartei, der den Begriff „geistiges Eigentum“ als Kampfbegriff sieht. Zu den an der Aktion Beteiligten zählen etwa der ehemalige Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff, SAP-Vorstandschef Jim Hagemann-Snabe oder die Grünen-Politikern Renate Künast. Zu den beteiligten Kreativen – die mit der Kampagne unterstützt werden sollen – zählen die Schauspielerin Franka Potente, die Autorin Julia Franck und der Spiegel-Journalist Jan Fleischhauer.

Die Reaktionen im Netz fielen über die Feiertage hinweg erwartungsgemäß aus, zumeist im Bereich zwischen mehr oder weniger empörten Beiträgen zur Kampagne und Urheberrechtsdebatte sowie Hohn und Spott, indem etwa auf 100 Autoren verwiesen wird, die einst gegen Einsteins Relativitätstheorie wetterten. Ein ausführliches Statement liefert indes der Pirat Bruno Kramm, der jedem der 100 Beteiligten separat antwortet und die grundsätzliche Kritik zurückweist. Die Piraten seien nicht für die Abschaffung des Urheberrechts, man wolle es lediglich an das digitale Umfeld anpassen und dabei sogar die Kreativen in den Vordergrund stellen.

Die Debatte rund um den Wert und Schutz von „geistigen Eigentum“ bewegt seit einigen Wochen die sogenannte Netzgemeinde. Dazu zählt etwa auch der polemisch anmutende offene Brief von 51 Tatort-Autoren, die sich für einen stärkeren Schutz von geistigem Eigentum aussprachen. Als Antwort folgte ein Pamphlet des Chaos Computer Club, der sich auch kritisch mit dem Begriff des „geistigen Eigentums“ auseinandersetzte. Für Aufmerksamkeit sorgte zudem die Wutrede des Musikers Sven Regener.

Die Kampagne im Handelsblatt entspricht indes den Forderungen von Interessensvertretern, die Kreativbranche müsse sich selbst stärker in die öffentliche Debatte um das Urheberrecht einmischen. Auf einem Event von Medienbranche und Parlamentarieren klagten Lobbygruppen wie die GVU und Politiker, die sich für ein verbesserten Schutz des Urheberrechts einsetzen, über die „Meinungsführerschaft“ von Netzaktivisten, berichtete das Blog Netzpolitik.org. Deswegen solle die Kreativbranche selbst aktiv werden, um die Anliegen von Urhebern begreifbar zu machen – diese Aufforderung scheint angekommen zu sein.