Gesetz über Bestandsdaten verabschiedet

Michael Schäfer
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Der Deutsche Bundestag hat das umstrittene Gesetz über die Bestandsdatenauskunft verabschiedet. Somit wird es unter anderem der Polizei und den Geheimdienst wesentlich erleichtert, ohne größere Hürden persönliche Informationen von Mobiltelefonbesitzern abrufen zu dürfen. Der Widerstand formiert sich bereits.

Patrick Breyer, Amtsrichter, Piraten-Politiker und Mitglied des Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, kündigte gleich nach der Verabschiedung eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht (BVG) an. Seiner Meinung nach sei das neue Gesetz in mindestens sechs Punkten nicht mit dem Grundgesetz vereinbar und daher als verfassungswidrig anzusehen. So soll es der Polizei bereits bei Ordnungswidrigkeiten erlaubt werden, auf Bestandsdaten zurückzugreifen. Auch dass zukünftig für jede Bagatelle Internetnutzer über die Herausgabe der IP-Adresse identifiziert werden können, geht laut Breyer „gar nicht“.

Breyer ist in diesem Thema kein ungeschriebenes Blatt: Bereits gegen die alte Ausarbeitung des Gesetzes hatte er erfolgreich vor dem BVG geklagt. Da das oberste deutsche Gericht das Gesetz daraufhin als verfassungswidrig eingestuft hatte, war eine Neuregelung notwendig geworden. Aber selbst ein erster Entwurf der neuen Gesetzesvorlage wurde von Kritikern als völlig unzureichend abgelehnt, da dieser ihrer Meinung nach die Vorgaben des ursprünglichen Gesetzes sogar noch erweiterte. Daraufhin wollte die Koalition nachbessern.

Die Brisanz des im Paragrafen 113 des Telekommunikationsgesetzes vorgenommenen Änderungen über die Bestandsdatenauskunft besteht vor allem darin, dass sie weiten Aufschluss über das Privatleben der Person liefert, über die diese Daten abgefragt werden. So werden laut dem Mobilfunkanbieter O2 nicht nur Namen und Adresse, sondern gegebenenfalls Daten wie auch die PIN des Mobiltelefones, Passwörter von E-Mail-Postfächern, dynamische IP-Adressen bis hin zur Kontonummer an die Polizei übermittelt. Diese erlauben weitreichende Rückschlüsse über Bewegungen der jeweiligen Person im Internet.

So ist auch der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung der Ansicht, dass entgegen der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes im aktuellen Gesetz die Geheimdienste Personen auch ohne konkrete Anhaltspunkte für das vorliegen einer Gefahr identifizieren können.

Mit dieser Meinung steht der Arbeitskreis nicht alleine dar: Nach Meinung vieler Kritiker soll nur bei Ermittlungen bezüglich einer schweren Straftat eine Herausgabe dieser Daten erfolgen. Ihrer Ansicht nach seien die Voraussetzungen, welche für eine Datenübermittlung erforderlich sind, völlig unzureichend. Somit ist sich auch Breyer sicher, dass das neue Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht nicht bestehen wird.

Ob es überhaupt soweit kommen wird, bleibt sowieso erst einmal fraglich. Zwar hat das Parlament mit den Stimmen der Koalitionsfraktion von CDU und FDP sowie der SPD die Änderungen im Telekommunikationsgesetz verabschiedet, da diese aber zustimmungspflichtig sind, müssen sie erst noch den Bundesrat passieren, bevor sie in Kraft treten können. Hier besteht laut Breyer die Chance, dass die Bundesländer den Vermittlungsausschuss anrufen und es zu Nachbesserungen kommen wird.