„Prism“-Whistleblower enthüllt seine Identität

Sasan Abdi
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Das Ausmaß der unter Prism zusammengefassten Überwachungsaktivitäten der National Security Agency (NSA) sorgt weit über die US-Grenzen hinaus für ein mittelgroßes Beben. Nun hat sich der Whistleblower selbst enttarnt.

Edward Snowden hat gewissermaßen Geschichte geschrieben, denn immerhin ist er der Urheber des größten NSA-„Leaks“ aller Zeiten: Die Dokumente, die „Prism“ im Detail publik machten, wurden der Washington Post und dem Guardian von Snowden zugespielt. Zugriff auf die Informationen hatte der 29-jährige in seiner Rolle als technischer Assistent, der auf Zeit unter anderem über die auf „Big Data“ spezialisierte US-Beratungsgesellschaft Booz Allen Hamilton für die NSA arbeitete. Nun hat sich Snowden, der sich derzeit in Hongkong befindet, von ebendiesen Zeitungen enttarnen lassen.

Im Interview mit dem Guardian äußert sich Snowden zu seinen Beweggründen. Demnach sammelt die NSA alle Daten, die sie abgreifen kann: „Wenn ich Ihre E-Mails oder das Telefon von Ihrer Frau einsehen wollte, musste ich nur auf die abgefangenen Daten zugreifen. Ich konnte E-Mails, Passwörter, Telefonaufzeichnungen und Kreditkartendaten erhalten“, erklärt Snowden das Ausmaß der Datensammlung. Die Möglichkeiten der NSA seien immens, niemand könne sich davor schützen.

Dieses Ausmaß habe für ihn den Ausschlag gegeben: „Ich möchte nicht in einer Gesellschaft leben, die solche Dinge tut. Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der alles was ich tue und sage aufgezeichnet wird“, so Snowden zu seinen Beweggründen. Terrorismusbekämpfung sei für all das keine Rechtfertigung. Die NSA würde mehr Kommunikationsdaten in den USA als in Russland sammeln: „Sie hacken jeden, überall.“ Dabei verfüge die NSA, anders als von offizieller Seite behauptet, sehr wohl über die Instrumente, um das Ausmaß der Datensammlung exakt darzustellen.

Snowden denkt, dass ihn nun nichts Gutes erwartet und fürchtet ein aggressives Vorgehen der Behörden gegen seine Angehörigen und Freunde. Er sei sich bewusst, dass er für sein Tun möglicherweise eines Tages im Gefängnis landen wird. Allerdings hätten Teile der US-Regierung derart kriminelle Dinge getan, dass es heuchlerisch sei, sein Vorgehen als „kriminell“ zu bezeichnen. Die breite Reaktion auf die Veröffentlichung empfindet er als „überraschend“ und „unterstützend“. Die Aufregung sei berechtigt.

Für die nahe Zukunft hofft Snowden, dass ihn Hongkong nicht ausliefern wird. Es sei tragisch, dass ein Amerikaner zu einem Ort fliehen müsse, der für weniger Freiheit stehe. Abseits davon handelt es sich bei Snowdens aktuellem Aufenthaltsort um ein pikantes Detail der Affäre, denn immerhin kann die Metropole als verhältnismäßig liberaler Fleck in China, dem vielleicht schärfsten „Cyberwar“-Gegner der USA angesehen werden. Mittelfristig hofft Snowden allerdings, in einem liberalen Land Asyl zu erhalten, auch wenn ihm klar ist: „Wenn sie dich kriegen wollen, werden sie dich früher oder später auch kriegen.“