Batman: Arkham Origins im Test: Trotz Stillstand überzeugend

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Sasan Abdi
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BAO auf einen Blick

Der wichtigste Punkt bei der Betrachtung von „Batman: Arkham Origins“ kann gleich zu Beginn benannt werden: Der große Wurf bleibt, zumindest was das Spielerische angeht, aus. Fundamentale Neuerungen scheint sich Rocksteady für das Next-Gen-„Batman“ aufheben zu wollen, weswegen sich die Kollegen von WB Games auf den State-of-the-Art beschränken. So wird schon in der ersten halben Stunde deutlich, dass Konstanz das primäre Ziel der Entwickler ist: Es soll gar nicht auffallen, dass dieses Mal ein anderes Team für die Umsetzung verantwortlich zeichnet.

Mit dieser Haltung ist zu erklären, dass sich BAO absolut nahtlos in die Reihe einordnet, was für die Spieler Vor- und Nachteile hat. Einerseits bedeutet dies, dass der Spieler sich sofort zuhause fühlt und dass WB Games die Atmosphäre der Vorgängertitel perfekt konserviert. Auf der anderen Seite findet sich hier aber auch die Ursache für den Stillstand bei den Spielmechaniken und Features.

Batman: Arkham Origins im Test
Batman: Arkham Origins im Test

Die Handlung von „Arkham Origins“ spielt vor den Ereignissen von „Arkham Asylum“ und wirft den Spieler binnen weniger Minuten in die Geschehnisse. An Heiligabend findet ein Aufsehen erregender Gefängnisausbruch statt, bei dem ein Schurke namens Black Mask dank der Hilfe eines Krokodilmannes (für „Batman“-Freunde: Killer Croc) entkommen kann. Wieder in Freiheit, setzt Black Mask acht Elitekiller auf seinen Erzfeind Batman an, um die Fledermaus endgültig loszuwerden: 50 Millionen Dollar für die Person, die Batman noch in der Weihnachtsnacht erledigt – so lautet die Ansage, die Gotham kurzerhand in den Ausnahmezustand versetzt.

In der darauf basierenden, zwölf bis vierzehn Stunden langen Kampagne muss Batman seine Häscher und ihre Anhänger ausschalten, um wieder Normalität in die Stadt einkehren zu lassen. Feines Schmankerl für „Batman“-Kenner: Mit Charakteren wie Bane, Deathstroke und Firefly ist die Riege der Killer natürlich mit detailliert gezeichneten Persönlichkeiten aus den Originalen besetzt. Zugleich erlebt der Spieler auch, wie der bis dahin eher unbekannte und als Gesetzloser verschriene Batman zum offiziellen Beschützer der Stadt und besten Helfer der Polizei rund um Lieutenant Gordon wird. Damit hat BAO insbesondere für Fans der Marke einen nicht unerheblichen inhaltlichen Wert.

Alles in allem hat man es auf dieser Grundlage mit einem inhaltlich würdigen Prequel zu tun, das gekonnt den Aufstieg Batmans, aber auch die Verwicklungen um den Fall der Stadt Gotham schildert. Dabei kommt sofort die aus den Vorgängern bekannte Atmosphäre auf, wobei diese unserem Eindruck nach unter Federführung von WB Games etwas weniger düster und bedrückend ausfällt als zuvor.

Dass die Story mit einer guten Qualität, zahlreichen Wendungen und spannenden Charakteren besticht, ist allerdings auch notwendig. Auf der anderen Seite, bei den spielerischen Details, hat sich nämlich nur wenig getan. Wohl weil BAO – im wahrsten Sinne des Wortes – ein Zwischenspiel ist und man bei WB Games nichts falsch machen wollte, bietet der Titel in spielerischer Hinsicht überwiegend den Status quo der Reihe an.

Dies gilt allen voran für die Fortbewegung: Batman schwinkt sich nach wie vor per Greifhaken von Fassade zu Fassade und kann zwischendurch immer wieder zum Segelflug übergehen. Dieser ist aufgrund der Größe der Spielwelt und der teils sehr hohen Gebäude Gold wert, da der Spieler so binnen kurzer Zeit große Distanzen überwinden und sich bei Bedarf zudem mit Wucht adlergleich auf ahnungslose Feinde hinabstürzen kann.

„Größe“ ist dabei ein wichtiges Stichwort, denn zu den Gebieten des späteren Stadtgefängnisses gesellen sich in BAO neue Areale, die insgesamt noch mal so groß ausfallen. Die Verdopplung der begehbaren, offenen Spielwelt macht ein schnelles Vorankommen noch wichtiger als in den Vorgängern, weswegen wir kaum genug Loben können, dass die Entwickler ein Schnellreisesystem integriert haben, das über freizuschaltende Türme organisiert ist.

So authentisch und passend die Spielwelt auch dieses Mal wieder wirkt, stößt die neue Größe einen aber auf ein Problem, dass der Reihe latent schon immer anhaftet: Passanten fehlen in „Arkham Origins“ völlig, weswegen die Stadt nicht selten seltsam ausgestorben wirkt. Dies wird inhaltlich immerhin mit einer verhängten Ausgangssperre begründet; trotzdem fühlt es sich immer wieder komisch an, dass die einzigen Charaktere auf den Straßen fast ausnahmslos Gangster und vereinzelt Polizisten sind.

Dafür laden die vielen Gangster-Mobs wie gehabt immer wieder dazu ein, sich langanhaltenden Schlägereien zu widmen. Das Kampfsystem ist dabei, von der ein oder anderen Ungenauigkeiten bei der Steuerung über Maus und Tastatur abgesehen, nach wie vor exzellent, sodass man Batman wunderbar flüssig durch die gegnerischen Reihen pflügen lassen kann. Auch wenn viele Details der Bewegungen quasi automatisch ablaufen, ist gerade beim Blocken und Ausweichen das richtige Timing gefragt, weswegen insbesondere im höchsten Schwierigkeitsmodus selbst normale Straßenkämpfe durchaus fordernd ausfallen können. Wer ein paar Sekunden ohne Blocks auskommt und Kombos landet, kann diese für ansehnlich animierte „Finishing Moves“ entladen.

Kommt der Spieler mit den Fäusten nicht weiter, kann wie in den Vorgängern auch auf Gegenstände wie Rauchgranaten, die Wucht des Batman-Umhangs oder die legendären Batarangs zurückgreifen. Zu den neuen Gimmicks zählen in ein elektrischer Handschuh und ein ferngesteuerter Batarang, den die Entwickler auch immer wieder in die ein oder andere Rätselpassage integrieren.

Die Highlights stellen aber nach wie vor die Bosskämpfe dar, bei denen der Spieler regelmäßig auf gut gepanzerte Gegner und als Highlight letztlich auf die acht Killer trifft. Das regelmäßige Laden des letzten Speicherpunktes ist zumindest für den Kampf gegen Batmans Haupthäscher garantiert, da es nicht selten mehrere Minuten dauert, bis der Spieler die Schwachpunkte der Gegner durchschaut hat.

Die künstliche Intelligenz (KI) bewegt sich dabei erneut überwiegend auf einem guten Niveau. Gegner werden schnell misstrauisch, rotten sich zusammen, reagieren gewieft auf einfältige Kampftechniken und versuchen, auch an einem fliehenden Batman dran zu bleiben. Die einzige, wohl gewollte Schwäche bezieht sich abermals auf die Flucht mit dem Greifhaken: Sobald man sich mit diesem in hohe Lüfte rettet, sehen und hören die Gegner absolut nichts mehr.

All das fühlt sich gut an, ist aber nahezu eins zu eins aus den Vorgängertitel übernommen. Für etwas frischen Wind bei den Spielmechaniken sorgt immerhin der überarbeitete Detektivmodus, mit dem Batman zwischendurch kleine Rätsel lösen muss. Mit diesem kann der Spieler nach wie vor Gegner ausspähen, was sich insbesondere für die immer mal wieder eingestreuten Stealth-Abschnitte anbietet. Außerdem beinhaltet der Modus nun eine Beweisaufnahme- und Spulfunktion, sodass man einen Tathergang rekonstruieren und Schlüsse daraus ziehen kann. Das sieht dann konkret zum Beispiel so aus, dass der Spieler nachstellt, wie eine Person von einer Tür durch eine Wand geschleudert wurde – und wo dabei die zum Öffnen der Tür notwendige Schlüsselkarte gelandet ist.

Hierbei handelt es sich um ein nettes Gimmick, das aber, genauso wie die ebenfalls wieder integrierten kleinen Hack-Spiele, aufgrund von vielen Automatismen und Hilfestellungen nicht wirklich Hirnschmalz erfordert. Dies ist insofern bedeutend, weil dafür die überaus beliebten Riddler-Rätsel und damit ein wichtiger Bestandteil der ruhigeren Passagen im bisherigen Sinne entfallen. Sammelwütige Spieler dürfen aber trotzdem weiterhin auf die Jagd gehen: Dieses Mal wollen allerlei Datenpakete aus den unmöglichsten Ecken der BAO-Welt herausgeknobelt werden.