Schärferer Datenschutz in Europa vorerst ausgebremst

Andreas Frischholz
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Vor der Europawahl im Mai wird die europäische Datenschutzreform nicht mehr verabschiedet werden, sagte EU-Justizkommissarin Viviane Reding anlässlich eines Treffens der EU-Justizminister in Athen. Ein einheitlicher Datenschutz in Europa samt schärferen Vorschriften für Internetdienste und Behörden wird damit hinausgezögert.

Der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) des EU-Parlaments hatte sich im Oktober nach langwierigen Verhandlungen auf einen Entwurf geeinigt. Allerdings muss die Reform am Ende vom kompletten Parlament bestätigt werden. Sollten sich nach der Europawahl die Mehrheitsverhältnisse im EU-Parlament hin zu einer breiten konservativen Mehrheit ändern, könnte diese den Kompromiss als hinfällig betrachten und gegen die Reform stimmen.

Das würde die Reform vermutlich um Jahre verzögern, sogar ein komplettes Scheitern ist dann möglich. Reding übt sich dennoch in Zweckoptimismus. „Wir haben den Aktionsplan aufgestellt, wie wir in den nächsten Monaten den Datenschutz unter Dach und Fach bringen können“, sagte Reding laut Zeit Online. Um „den Datenschutz noch in diesem Jahr als Gesetz verabschieden zu können“, müssten sich die EU-Staaten aber im Sommer auf eine einheitliche Linie einigen.

Nur ist es fraglich, ob dazu überhaupt der Wille besteht. Denn: Dass die Reform nicht rechtzeitig vor der Europawahl verabschiedet wurde, liegt am Streit zwischen einzelnen EU-Staaten, weswegen nach wie vor kein Entwurf vom EU-Ministerrat vorliegt. Die für Datenschutz zuständigen Fachminister aus den einzelnen EU-Staaten konnten sich weder auf den Entwurf des EU-Parlaments noch auf eine einheitliche Linie verständigen. Zu unterschiedlich sind die Positionen und Interessen der einzelnen Regierungen in Europa.

Reding fordert die EU-Staaten nun zum Handeln auf. „Jetzt muss der Rat dasselbe wie das Parlament machen und eine politische Einigung erzielen“, so Reding in der Tagesschau. Seit zwei Jahren liege die Reform auf dem Tisch, es werde höchste Zeit, dass die Minister die Reform in die Hand nehmen.

Kritik muss sich vor allem die Bundesregierung gefallen lassen. Öffentlich fordern Regierungsmitglieder stets, dass sich die EU auf einheitliche Vorschriften mit hohem Datenschutz-Niveau einigen müssten. Doch hinter verschlossenen Türen soll die deutsche Delegation über Monate versucht haben, die Verhandlungen auszubremsen und zu blockieren, wie bereits Anfang Dezember bekannt wurde. Verhandlungsteilnehmer im EU-Ministerrat argumentieren aber ebenso wie die deutsche Delegation, dass „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“ gehe.

Für die Datenschutzreform zuständige EU-Parlamentarier wie der Grünen-Abgeordnete Jan-Philipp Albrecht hält wenig von diesen Aussagen, wie allein einer seiner Twitter-Beiträge zeigt. Er argumentiert laut Tagesschau ähnlich wie Reding, dass die Datenschutzreform bereits seit zwei Jahren auf der Agenda stehe, während andere komplexe EU-Projekte wie die Bankenunion oder der „Euro-Rettungsschirm“ ESM viel schneller verhandelt wurden.