Fedora.Next: Linux-Distribution im Wandel

Ferdinand Thommes
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Turnusmäßig erscheint Fedora alle sechs Monate, das derzeitige Fedora 20 wurde in der Woche vor Weihnachten veröffentlicht. Bis zu Fedora 21 werden jedoch zumindest zehn Monate vergehen. Zu verdanken ist dies neben dem Erscheinungstermin von Gnome 3.14 einer kompletten Neuorientierung des Projekts. Anvisiert ist der 14. Oktober.

Die von Red Hat gesponserte Distribution, deren technische Neuerungen später zum Teil in das kommerziell orientierte Unternehmens-Linux RHEL einfließen, steht vor der größten Umstrukturierung in seiner zehnjährigen Geschichte. Alles begann im August 2013 auf Fedoras Flock-Konferenz in Charleston, South Carolina. Dort wurde ein Vorschlag aufgegriffen, der beschreibt, wie Fedora in einen Kern und nutzerspezifische Satelliten aufgeteilt werden soll. Federführend ist dabei Red-Hat-Angestellter und Fedora-Entwickler Matthew Miller.

Er äußerte dort, Fedora habe mittlerweile den Ruf, langweilig zu sein, beeilte sich aber, zu betonen, dies liege weder an der Community, den Veröffentlichungen oder fehlenden Anwendern, sondern sei der Tatsache geschuldet, dass Distributionen heute einen anderen Stellenwert bei den Anwendern haben als noch vor Jahren. Fedora gehört zu den innovativsten Distributionen am Markt, weshalb diese Einschätzung Millers auch der Erläuterung bedarf.

Das gesunkene Interesse an herkömmlichen Distributionen, das mit dem Niedergang der sogenannten Distrohopper einhergeht – Anwendern, die möglichst viele Distributionen probieren und oft ein Dutzend gleichzeitig installiert vorhielten – liegt laut Miller an einer Verschiebung dessen, was als cool angesehen wird. Heute sind laut Miller, wenn es um neue Entwicklungen bei Open-Source-Software geht, Cloud-Computing, Container-Virtualisierung und der Mobilmarkt die angesagten Themen, und diese Sparten bringen eigene spezialisierte Distributionen hervor.

Aus Eins mach Drei

Die einschneidenste Maßnahme ist die Aufteilung in drei Endprodukte für Workstation, Cloud und Server. Diese basieren alle auf dem gleichen Kern, auf dem vier Schichten aufbauen. Die unterste Schicht beherbergt Basispakete und die Toolchain, darüber folgen die Stacks, wie beispielsweise der Grafik-Stack und der X-Server, falls benötigt. Die dritte Schicht bestimmt über den Typ des Produkts, also Workstation, Cloud oder Server, darüber folgen die Anwenderprogramme.

Fedora.Next Schema
Fedora.Next Schema (Bild: Matthew Miller)

Im Rahmen dieser Umgestaltung soll auch die Marke Fedora optisch an das neue Konzept angepasst werden. So sollen die drei Zweige verschiedenen Farben zugeordnet werden, was sich auch im Logo niederschlagen soll. Wegfallen wird auch die meist sehr anspielungsreiche Benennung der Fedora-Releases – die letzten drei hießen „Spherical Cow“, „Schrödinger's Cat“ und „Heisenbug“ – durch das Fedora-Leitungsgremium. Es steht allerdings der Community frei, diese Rolle künftig zu übernehmen.

Miller hat auf der DevConf 2014 in Brno einen Vortrag zum Thema gehalten und seine Ideen in zwei längeren Blogeinträgen dargelegt, denen in Kürze ein Dritter folgen wird. Insgesamt arbeiten fünf Arbeitsgruppen an den drei Zweigen und dem Ringmodell, jedoch werden sich die Arbeiten insgesamt über Jahre hinziehen. Im Januar fiel die Entscheidung, Fedora 21 noch nach dem alten Modell zu veröffentlichen.

Ausblick auf Fedora 21

Obwohl die Veröffentlichung noch mindestens ein halbes Jahr entfernt ist, wurden bereits einige der Hauptziele festgelegt. So wird Python 3 Standard werden, der Python-Stack soll auf Python 3.4 angehoben werden. Der X.Org Server erhält einen Wrapper, mit dem X zur Erhöhung der Sicherheit ohne Root laufen kann. Das funktioniert allerdings nur mit Grafikkarten, die mit KMS kompatibel sind. Treiber für nicht kompatible Karten sollen in Fedora 21 entfernt werden.

Eine distributionsweite Vereinheitlichung der Verschlüsselungs-Strategie soll die Sicherheit insgesamt erhöhen. Die GCC wird auf Version 4.9.x angehoben und alle Pakete der Distribution werden damit neu kompiliert. Die freie Java-Implementation OpenJDK soll modularisiert werden, sodass sie auf Servern nicht weiterhin unnötigerweise Pakete für die grafische Umgebung mitbringt. Zudem soll mit OpenJDK 8 Java 8 als Standard gelten. In der ARM-Version von Fedora soll der Allwinner Sunxi und somit die Allwinner 10, 13 und 20 unterstützt werden. Die Ausgaben des Drucksystems CUPS werden künftig in den Systemd-Protokolldienst Journal integriert. Neben Gnome 3.14 soll Fedora 21 unter anderem auch KDE Frameworks 5 und MATE Desktop 1.8 unterstützen. Das nächste Release soll auch Unterstützung für OpenCL bieten. Dies beinhaltet auch die Implementation von OpenCL in Mesa 10.x.

2014 wird also ein spannendes Jahr für Red Hat. Neben der Metamorphose seiner technischen Basis Fedora und der Anbindung von CentOS an den Mutterkonzern wird auch eine stabile Version von RHEL 7 zur Jahresmitte erwartet.