Schweizer Politiker lässt sich auswerten

Sasan Abdi
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In der Schweiz ist die Vorratsdatenspeicherung längst Realität. Nun soll die Dauer von sechs auf zwölf Monate verlängert werden. Ein Politiker hat Journalisten seine Daten zur Verfügung gestellt, um zu zeigen, was mit den Material möglich ist.

Derzeit können Sicherheitsbehörden in der Schweiz die Vorratsdaten zu einer Person für einen Zeitraum von sechs Monaten abrufen. Dieser Zeitraum soll möglicherweise auf ein Jahr ausgeweitet werden – ein Vorhaben, das für kontroverse Diskussionen sorgt.

Auch der Grüne Schweizer Nationalrat Balthasar Glättli ist ein Gegner der Vorratsdatenspeicherung. Um zu zeigen, was mit dem Material schon jetzt möglich ist, hat Glättli seine Smartphone-Daten von sechs Monaten den Datenjournalisten von OpenDataCity zur Verfügung gestellt. Ein ähnliches Projekt hat OpenDataCity 2011 bereits mit dem deutschen Grünen-Politiker Malte Spitz durchgeführt.

Dabei zeigt sich zunächst, was offensichtlich ist: Bei der Vorratsdatenspeicherung wird quantitativ jeder Datenverkehr abgegriffen. So lässt sich anhand der Daten von Glättli nachvollziehen, dass dieser im Erhebungszeitraum 5,2 GByte Internettraffic erzeugt und rund 16.000 E-Mails empfangen hat. Darüber hinaus existiert zu jedem Kontakt auch der jeweilige Name, die für das Projekt allerdings aus Datenschutzgründen zu großen Teilen unkenntlich gemacht wurden.

Balthasar Glättli ausgewertet
Balthasar Glättli ausgewertet (Bild: OpenDataCity)

Zugleich ist mit jeder E-Mail, jeder SMS und jedem Anruf aber auch ein Aufenthaltsort verbunden, was die Erstellung eines Bewegungsprofils erlaubt. Dieser Aufgabe hat man sich bei OpenDataCity gewidmet und zeigt über eine interaktive Karte, wie genau man Balthasar Glättlis Aufenthalte nachvollziehen kann. „Seine höchste Geschwindigkeiten betrug etwa 180 km/h während einer Zugfahrt am 09.04.2013 um 15:15. Insgesamt hat er während der 6 Monate eine Strecke von mindestens 16.000 km zurückgelegt, konnten die Datenjournalisten feststellen.

Glättli möchte mit der Aktion gegen die Ausweitung der Vorhaltepflicht in der Schweiz protestieren. „Dass bereits die heute in der Schweiz vorgeschriebene Vorratsdatenspeicherung eine massive Verletzung der Privatsphäre darstellt, möchte ich mit der untenstehenden Visualisierung zeigen“, schreibt der Parlamentarier auf seiner Webseite.

Während die Vorratsdatenspeicherung in der Schweiz Gang und Gäbe ist, ist sie in Deutschland vorerst auf Eis gelegt. Nachdem der Europäische Gerichtshof die entsprechende umstrittene EU-Richtlinie für nichtig erklärt hat, sieht die Bundesregierung derzeit davon ab, ein lange geplantes Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung vorzulegen.