Canonical: Die Zukunft von Kubuntu ist ungewiss

Ferdinand Thommes
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Canonical: Die Zukunft von Kubuntu ist ungewiss
Bild: Manuel Cernuda | CC BY 2.0

Die Release Notes der jetzt erschienenen Alpha-Version von Kubuntu 15.10 „Whily Werewolf“ lassen die Zukunft der Distribution ungewiss erscheinen. Hintergrund ist der Streit zwischen dem Ubuntu Council und Mark Shuttleworth auf der einen und Kubuntu-Chefentwickler Jonathan Riddell auf der anderen Seite.

Gerade erst hieß es, der Streit zwischen den beiden Parteien sei beigelegt und Riddell gebe seinen Sitz im Kubuntu Council auf, wie es Shuttleworth ultimativ gefordert hatte, entwickle Kubuntu aber weiter. Nun lassen die Release Notes zur ersten Alpha-Version zu Kubuntu 15.10 „Whily Werewolf“ Zweifel aufkommen, ob Kubuntu in der jetzigen Form eine gesicherte Zukunft hat.

Dort steht in den ersten Zeilen: „Das Kubuntu-Team engagiert sich dafür, 15.10 im Oktober zu veröffentlichen. Updates, Fehlerbereinigung und künftige Veröffentlichungen sind derzeit ungewiss.“ Das dürfte für viele Fans der beliebten KDE-Distribution ein Schock sein, ist doch Kubuntu eine der Speerspitzen bei der Umsetzung neuster Entwicklungen von KDE.

In der Einigung zwischen Ubuntu Community Council (UCC), Kubuntu Council (KC), Riddell und Shuttleworth, die nach einem persönlichen Treffen der Beteiligten veröffentlicht wurde, heißt es unter anderem, beide Seiten seien sich „einig, dass KDE für Ubuntu wichtig ist und das Kubuntu Council ist der Überzeugung, dass Ubuntu für die KDE-Community ebenfalls wichtig ist.“ Man kam überein, dass Riddell seinen Sitz im Kubuntu Council aufgeben werde. Zudem sollen Mechanismen installiert werden, die dabei helfen sollen, eine solche Eskalation künftig zu vermeiden.

Der Streit drehte sich um Markenrichtlinien von Canonical, die laut Riddell nicht kompatibel mit der Ubuntu-Lizenz seien. Zudem ging es um Spendengelder, deren Verwendung Riddell für Kubuntu einforderte. Laut UCC habe Riddell beide Themenbereiche ständig von neuem vorgebracht und damit sinnlos Kräfte bei Ubuntu gebunden. Zudem sei die Zusammenarbeit mit Riddell immer schwieriger geworden, da er ausfallend und beleidigend geworden sei. Das KC stellte sich hinter Riddell, der sagte, er habe offiziell keine Führungsposition, könne also von einer solchen auch nicht zurücktreten.

Daraufhin trat Shuttleworth auf den Plan und wies ihn zurecht. Er sei nicht in der Position, das Verdikt zu missachten, es sei bindend. KDE-Entwickler Scott Kitterman, der den E-Mail-Verkehr zwischen den Parteien veröffentlicht hat, sagte, das Team sei nicht auf Ubuntu angewiesen, sondern könne Kubuntu auch alleine stemmen. Kitterman hat sich mittlerweile aus Ubuntu zurückgezogen und gab seinen Sitz im UCC auf.

Die Finanzierung des Projekts liegt bereits seit 2012 nicht mehr bei Canonical, sondern bei der Bielefelder IT-Firma Blue Systems des schwer reichen Entwicklers und Philanthropen Clemens Tönnies Jr. Dieser beschäftigt neben Riddell noch mehr als eine Handvoll bekannter KDE-Entwickler wie etwa den Kwin-Entwickler Martin Gräsßlin oder Aurélien Gâteau. Bei Blue Systems wird auch die KDE-Distribution Netrunner herausgegeben, die in einer KDE-Version auf Kubuntu basiert. Eine weitere Variante von Netrunner, die dem Rolling-Release-Prinzip folgt, basiert auf dem Arch-Linux-Ableger Manjaro.

Wurden bereits bei Bekanntwerden des Streits durch Riddells streitbare Haltung Vermutungen laut, Kubuntu werde nicht unter dem Dach von Canonical verbleiben, so scheint diese Möglichkeit nun, trotzt der versöhnlich gehaltenen Beilegung des Streits, noch wahrscheinlicher.