EpicGear Defiant im Test: Individualität durch eigene Taster und Zubehör

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Max Doll
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Alltagserfahrungen

Das Layout der Defiant ist weitgehend unproblematisch, begünstigt auch durch die geringe Anzahl an Funktionen. Hier sind vor allem die Medientasten gut einhändig zu erreichen. Die Lautstärkeregelung überzeugt hingegen nicht. Das liegt an der Ausrichtung des Scrollrades, die die Nutzbarkeit zugunsten der Ästhetik einschränkt. Begünstigt durch die Nähe zu den hohen Tastenkappen des Nummerblocks wird das Scrollen, verstärkt durch die ungewohnte seitliche Bewegungsrichtung, unangenehm, was im Test eine Vermeidungsstrategie provoziert hat. Im Prinzip erschließt sich schnell, warum EpicGear der erste Hersteller ist, der diese Ausrichtung nutzt. Außerdem stört im täglichen Betrieb, dass die Konfiguration der Beleuchtung mangels Beschriftung nicht ohne Handbuch oder gutes Gedächtnis möglich ist – zumindest eine optionale Konfiguration per Software erscheint wünschenswert.

Hakende Umsetzung

Der Weisheit letzter Schluss will auch die Möglichkeit zum Wechsel der Taster noch nicht sein. Prinzipiell klingt die Idee bestechend: Anstatt Schalter nach dem Zerlegen der Tastatur einzeln auslöten zu müssen, reicht es bei der Defiant, mit Hilfe des beiliegenden Werkzeuges erst die Kappe zu demontieren und anschließend den Taster aus dem Gehäuse zu ziehen. Gänzlich trivial ist der Vorgang allerdings nicht, weil der Zieher weit größer als das Tastergehäuse ist und lediglich eine kleine Auflagefläche zum Einhaken in spezielle Aussparungen der Taster nutzt.

Infolgedessen rutscht das Werkzeug leicht ab. Das scheinbar mühelose Entfernen der Taster, das EpicGear in einem Tutorialvideo vorführt, war im Test nicht möglich. Häufig konnten Taster nur nach Verkantung entfernt werden. Als hilfreich hat es sich dabei erwiesen, das Werkzeug mit zwei Händen zu bedienen und erst an einer Seite bis zum Klickpunkt einzurasten, um anschließend mit der zweiten Hand die andere Seite zusammenzudrücken. Das erstmalige Entfernen eines Tasters war aber selbst dann nicht immer beim ersten Versuch von Erfolg gekrönt.

Flexibler als versprochen

Obwohl das Entfernen der Taster also eine holprige Angelegenheit ist, erscheint das Verfahren immerhin einfacher als der Griff zum Schraubendreher und Lötkolben, aber keinesfalls als Einladung zum täglichen Experimentieren. Dabei stehen mit dem Modulsystem weit mehr Optionen offen, als der Hersteller suggeriert.

Da die Position der Pins derjenigen von MX-Tastern entspricht, lassen sich diese Module sowie deren Derivate anstelle der EG-MMS-Schalter verbauen – zumindest in der Theorie. Praktisch ist die Tasterwahl mit Einschränkungen frei, weil EG-Modelle kurze Pins nutzen um die Position der Taster aufgrund des Kontaktsystems nicht unnötig in die Höhe zu treiben; die längeren „Füße“ von Tastern, die verlötet eingebaut werden sollen, können die Kontaktflächen des Modulsystems verbiegen. Bei intransparenten Schaltergehäusen muss zudem auf die Beleuchtung der Tastenkappe verzichtet werden, die EpicGear durch einen Lichtleiter sicherstellt.

Beim Auseinanderbauen der Tastatur erscheint das offene Design zudem zwingend: Die vergrößerte Metallplatte federt Stöße auf das Montagesystem ab und muss in einem solchen Design ohnehin mit dem Gehäuse verschraubt werden; sie vereinfacht damit tendenziell die Konstruktion. Das PCB steht als zusätzlicher Stabilisator und Dämpfer so zwar nicht mehr zur Verfügung, praktische Auswirkungen hat dieser Umstand jedoch nicht.

Die Sinnfrage

Obwohl EpicGear keinesfalls den täglichen Umbau der Tastatur erlaubt, ist es immerhin möglich, unterschiedliche Taster ganz nach Wunsch in einer Tastatur zu kombinieren – zuvorderst mit Produkten der EG-Serie, deren identischer Widerstand am Signalpunkt einen solchen Einsatz begünstigt. Das erlaubt es etwa, die WASD-Tasten mit linearen EG Grey zu bestücken, ohne dass daraus aufgrund eines abweichenden Widerstandes ein inhomogenes Tippgefühl erwachsen würde. Die Sinnfrage muss jeder Anwender selbst beantworten; zwingend nötig erscheint ein solcher Mix nicht.

Viel Zubehör wirkt preistreibend

Gleichsam stellt sich Frage nach dem Sinn auch beim Blick auf die Zubehörliste, die nicht ohne Grund an das Vorgehen von Automobilherstellern erinnert: Der für sich genommen in Relation zu anderen mechanischen Tastaturen und den einzigartigen Features noch moderate Basispreis der Defiant kann mit allerlei Extras stark in die Höhe getrieben werden. Das Zubehörangebot umfasst neben verschiedenen Handballenauflagen auch ein Makro-Pad mit weiteren 24 Tasten, das sich links oder rechts am Gehäuse der Tastatur befestigen lässt, einen I/O-Hub mit USB-Ausgängen sowie ein weiteres Modul, das echte Medientasten zur Verfügung stellt. Angeboten werden außerdem Schutzfolien, Tastenkappen in kleineren Mengen sowie im Komplettset und die Taster selbst.

Zubehör Preis
I/O-Modul (3 × USB, davon 1 × Typ C) k.A.
Medientasten-Modul k.A.
Handballenauflage Groß k.A.
Handballenauflage Klein k.A.
Handballenauflage Makro-Pad k.A.
Makro-Pad mit 24 Tasten k.A.
Tastenkappen Weiß 40 €
Tastenkappen (24 Stück) k.A.
Taster (24 Stück) 16 €
Schutzfolie Weiß 13 €
Schutzfolie Transparent 10 €

Was das Zubehör kosten wird, ist nur in Teilen bekannt. Preise und Sinn schwanken stark, nicht jeder Kauf erscheint sinnvoll oder gar günstig. Die verlangten 40 Euro für ein Set Tastenkappen im ISO-105-Layout mit großer Enter-Taste, das im Allgemeinen schwerer zu bekommen ist, erscheinen auch im Vergleich mit Angeboten von Ducky oder auf Plattformen wie Massdrop fair, der Preis für 24 Taster eher teuer: Wer seine Tastatur vollständig umbauen möchte, zahlt mindestens 64 Euro für 96 Taster, zumindest sofern die Marktpreise die Preisempfehlungen nicht nennenswert unterbieten.

Wenig sinnvoll erscheint außerdem der Kauf der „Schutzfolien“. Im Test war es nicht möglich, die weiße Variante ansprechend ohne Wellen zu montieren, aufgrund des nicht völlig exakten Zuschnittes blieb zudem ein dunkler Rand. Ein wirklich sauberer Eindruck wollte so nicht entstehen – obwohl die Idee farblicher Anpassung per Zubehör an sich nicht schlecht ist, müssten die Passung und Montage der Folie verbessert werden. Interessanter und qualitativ ansprechender wäre es, die gesamte Platte auszutauschen, wobei allerdings die Gefahr besteht, die Aufnahmen der Taster zu verbiegen. Warum EpicGear von einer Schutzfolie spricht, wird zudem nicht klar; die Aluminiumoberfläche benötigt ihn nicht.

Software

Die von EpicGear bereitgestellte Software dient ausschließlich der Makrofunktionalität und wird für deren aktiven Einsatz vorausgesetzt – die Programmierung der Defiant erfolgt nicht über den internen Speicher. Mit Ausnahme der Beleuchtung, deren Funktionalität allenfalls rudimentär über die Tastatur selbst angepasst werden kann, stellt das übersichtlich aufgebaute grafische Nutzer-Interface gängige Makro-Optionen, Zusatzfunktionen und einen vernünftigen Editor zur Verfügung.

EpicGear Defiant Software v1.10

Abseits dieses Funktionskerns fällt der gebotene Umfang aber hinter Konkurrenzprodukte zurück, die unter anderem einen automatischen Profilwechsel über Programmverknüpfungen ermöglichen. Bei der Defiant erfolgt der Wechsel hingegen ausschließlich manuell über die Tastenverknüpfung „FN“+„1-4“. Einmal mehr erscheinen Makrofunktionen und Software mehr als pflichtschuldige Gaming-Beilage denn als wirklich elementares Feature.

Defiant GUI & Driver v1.10
Konfigurierbar Primärtasten Vollständig
Makrotasten
Beleuchtung Nein
Gaming-Modus Nein
Makros Anzahl k.A.
Länge k.A.
Wiedergabe Software
Ausgabe Einmalig, mehrfach, bis oder während Tastendruck(s)
Vorlagen Nein
Im-/Export Ja
Makro-Aufnahme Editor Ja
Verzögerung Keine; feste oder reale Abstände
Editieren Nur Zeitabstände
Profile Anzahl 4
Benennung Nein
Autostart Nein
Im-/Export Nein
Besonderheiten