Vorratsdatenspeicherung: EuGH-Generalanwalt setzt enge Grenzen

Andreas Frischholz
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Vorratsdatenspeicherung: EuGH-Generalanwalt setzt enge Grenzen
Bild: Olga Berrios | CC BY 2.0

Seitdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung gekippt hat, steht die Frage im Raum: Ist die anlasslose Datensammlung überhaupt noch mit dem EU-Recht vereinbar? Ja, sagt nun der EuGH-Generalanwalt – allerdings nur in sehr eng gesetzten Grenzen.

Der Schlussantrag des Generalanwalts Saugmandsgaard Øe erfolgt im Rahmen eines EuGH-Verfahrens, das sich mit der Vorratsdatenspeicherung in Großbritannien und Schweden befasst. Im Kern geht es dabei um die Frage, ob die nationalen Regelungen mit dem EU-Recht vereinbar sind.

Grundsätzlich sei die Vorratsdatenspeicherung noch möglich, lautet nun die Antwort. Allerdings handele es sich noch immer um einen „schweren Eingriff in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten“, sodass die anlasslose Datensammlung auf das Nötigste beschränkt sein müsse. Das bedeutet:

  • Vorratsdaten dürfen nur für die Bekämpfung von schwerer Kriminalität verwendet werden. Um die Verletzung der Grundrechte auf das absolut Notwendige zu beschränken, ist der Einsatz bei einfacher Kriminalität und anderen Verfahren nicht verhältnismäßig.
  • Zur Vorratsdatenspeicherung darf es keine Alternative geben: Weder durch eine bestimmte Maßnahme noch die Kombination von mehreren Maßnahmen.
  • Es müssen die Auflagen des Europäischen Gerichtshofs erfüllt werden. Das betrifft unter anderem die Speicherdauer und den Zugang zu den Vorratsdaten.

Netzaktivisten sind zufrieden

Knapp formuliert heißt das: Die Vorratsdatenspeicherung ist nur in einem sehr engen Rahmen machbar. Netzaktivisten begrüßen daher den Schlussantrag. Volker Tripp von der Digitalen Gesellschaft erklärt etwa, dass sowohl die britischen und schwedischen Regelungen als auch das deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung nicht mit dem EU-Recht vereinbar seien. „Der deutsche Gesetzgeber darf den Bruch des Europarechts nun nicht einfach sehenden Auges weiter in Kauf nehmen, sondern muss das hiesige Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung unverzüglich aufheben“, so Tripp.

Das Problem beim deutschen Gesetz sei etwa die „anlasslose und undifferenzierte Sammlung von Verkehrsdaten“. Solche Regelungen waren einer der Gründe, weswegen der EuGH die alte EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung als rechtswidrig eingestuft hatte.

EU-Verfahren mit Signalwirkung für Deutschland

Das Gutachten des Generalanwalts ist Teil eines Vorabentscheidungsersuchens. Das heißt: Die nationalen Höchstgerichte – in diesem Fall das britische und schwedische – wenden sich an den Europäischen Gerichtshof, wenn bei einem Verfahren das EU-Recht betroffen ist. Die Luxemburger Richter entscheiden dann aber nur, wie das EU-Recht in dem jeweiligen Fall auszulegen ist. Das entsprechende Urteil ist dann immer noch Sache der nationalen Gerichte.

Bei dem aktuellen Verfahren um die Vorratsdatenspeicherung heißt das, die höchsten nationalen Gerichte prüfen anhand des EuGH-Urteils, ob das nationale Gesetz mit dem EU-Recht vereinbar ist. Das gilt aber nicht nur für die schwedischen und britischen Gerichte, auch das Bundesverfassungsgericht wird sich an dem EuGH-Urteil orientieren, wenn es erneut über die deutsche Vorratsdatenspeicherung entscheidet.

Eine besondere Rolle für das EuGH-Verfahren spielt der Generalanwalt. Denn der Schlussantrag ist zwar nicht bindend für die Richter, in der Regel wird er aber befolgt.