IC Cooling Graphite Pad im Test: Graphitfolie und -pad gegen Wärmeleitpaste

Thomas Böhm
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IC Cooling Graphite Pad im Test: Graphitfolie und -pad gegen Wärmeleitpaste

tl;dr: Das IC Cooling Graphite Thermal Pad soll als Verbindung zwischen CPU und Kühler so gut wie eine herkömmliche Wärmeleitpaste sein, aber einfacher in der (mehrfachen) Anwendung. Im Test erfüllt das Pad diese Ansprüche. Der relativ hohe Kaufpreis schränkt die Zielgruppe aber ein.

Abwärme: Von der Steckdose in die Umgebung

Der PC als Heizung. Was im Winter angenehm sein kann, wird im hochsommerlichen Büro schweißtreibend. Denn nichts anderes ist ein Computer: Er wandelt elektrischen Strom in Wärme um. Einer der Hauptverbraucher und damit Wärmeverursacher ist die CPU, die von den Herstellern über kryptische Methoden in Abwärmeklassen eingeteilt wird. Für die CPU-Kühlung ist von Bedeutung, die Abwärme des Prozessors so schnell wie möglich an die Umgebung abzugeben. Je effektiver, desto kühler im Vergleich zur Umgebung bleibt der Prozessor.

Dabei stehen der Abwärme aber einige Hürden im Weg. Bevor das Büro geheizt wird, muss die Wärme zunächst vom winzigen Die an den Heatspreader der CPU und anschließend zum CPU-Kühler übergehen. Der Kühler besitzt einen möglichst großflächigen Radiator und einen Lüfter, um mit der Abwärme des Prozessors die Umgebungsluft aufzuheizen.

Wärmeübergänge zwischen CPU und Kühler: Wärmeleitmittel als Verbindungen sind in Rot eingezeichnet
Wärmeübergänge zwischen CPU und Kühler: Wärmeleitmittel als Verbindungen sind in Rot eingezeichnet

Im Idealfall sind die beiden ersten Bauteile dieser Wärme-Transportkette miteinander verlötet, denn Metalle bieten eine sehr hohe Wärmeleitfähigkeit. Wird bei der CPU zwischen Die und Heatspreader wie in den letzten Jahren bei Intel auf eine schwächere Wärmeleitpaste gesetzt, sind deutlich höhere Kerntemperaturen die Folge: Bei gleicher Heatspreader-Temperatur ist die CPU heißer, sodass bei Übertaktungsversuchen auch starke Prozessorkühler ein thermisches Limit nicht mehr verhindern können – erst das sogenannte Köpfen (Test) schafft Abhilfe.

Je höher die Wärmeleitfähigkeit, desto besser

Der Trick beim Köpfen einer CPU ist es, die Wärmeleitpaste durch ein Material zu ersetzen, das die Wärme besser leitet. Angegeben wird diese Größe als Wärmeleitfähigkeit in W/(m*K). Sie gibt an, wie viel thermische Leistung (in Watt) pro Meter und Kelvin Temperaturunterschied transportiert werden können. Je größer der Wert, desto mehr Wärme wird bei gleicher Temperaturdifferenz übertragen – oder der Temperaturunterschied ist bei gleicher Wärmeübertragung geringer. Eine übliche (nicht elektrisch leitfähige) Wärmeleitpaste liegt im Bereich von ca. 10 W/(m*K). Elektrisch leitfähige Pasten sind mit über 70 W/(m*K) deutlich effizienter, weshalb beim Wechsel auf die bessere Paste die identische Abwärme einer CPU bei einer niedrigeren Temperaturdifferenz zwischen Heatspreader und Die weitergeleitet werden kann: Die CPU bleibt bei selbem CPU-Kühler und bei identischer Lüfterdrehzahl kühler.

Der nächste Materialübergang steht zwischen Heatspreader und CPU-Kühler an. Verlöten scheidet an dieser Stelle aus, denn das wäre für den Endanwender mehr als unpraktisch. Auch hier wäre ein direkter Metall-Metall-Kontakt am besten, doch da sowohl der Heatspreader als auch die Auflagefläche des CPU-Kühlers nie perfekt plan sind, wird ein Lückenfüller benötigt. Ansonsten befinden sich winzige Luftpolster zwischen beiden Materialien und wirken thermisch isolierend. Deshalb werden CPU-Heatspreader und CPU-Kühler über Wärmeleitpaste miteinander verbunden. Die meisten Anwender nutzen eine Paste auf Silikonbasis, die nicht elektrisch leitfähig ist. Das vereinfacht die Anwendung im Vergleich zu leitfähigen Wärmeleitpasten, denn sollte etwas daneben tropfen, droht nur ein grauer Fleck auf dem Mainboard anstelle eines Kurzschlusses.

Trotzdem möchte IC Cooling mit dem Graphite Thermal Pad noch weiter bei der Bedienfreundlichkeit ansetzen: Ein Pad, das einfach auf die CPU gelegt wird, bevor der Kühler montiert wird, soll mehrere Vorteile gegenüber herkömmlicher Paste bieten – bei gleich guter Wärmeleitung.

Graphit zur Wärmeübertragung

Das Material der Wahl ist Graphit: Kohlenstoff, angeordnet als mehrlagiges Graphen. Graphen besteht aus planar angeordneten Kohlenstoff-Atomen und leitet entlang seines Gitters hervorragend elektrischen Strom und Wärme. Ein Beispiel dafür sind industriell eingesetzte Graphitfolien von Panasonic, die eine Wärmeleitfähigkeit von stolzen 1.600 W/(m*K) versprechen: das 160-Fache einer handelsüblichen Wärmeleitpaste und immer noch viermal so leitfähig wie reinstes Kupfer. Die hohe Wärmeleitfähigkeit ist aufgrund des schichtartigen Aufbaus von Graphit auf die Ebene entlang der Graphenlagen beschränkt. Der horizontale Wärmetransfer funktioniert also hervorragend, durch die Graphenschichten hindurch hingegen wesentlich schlechter.

Panasonic PGS Graphite Sheet: Graphitfolie als TIM
Panasonic PGS Graphite Sheet: Graphitfolie als TIM

Die Graphitfolien von Panasonic nutzen daher den sehr guten horizontalen Wärmetransfer, um Wärme von Hotspots auf eine größere Fläche zu verteilen, die dann von einem Kühler besser aufgenommen und abgeleitet wird. Die Folien sind sehr flexibel und in verschiedenen Stärken erhältlich. Im Test muss sich die 25 µm dicke Variante (ca. 1/3 des Durchmessers eines menschlichen Kopfhaars) als Wärmeleitmittel zwischen CPU-Heatspreader und CPU-Kühler beweisen.

Langzeitstabiler Wärmetransfer

Die Graphitfolie soll dabei helfen, die Abwärme von mikroelektronischen Bauteilen besser abzuführen, sodass kleinere Kühler möglich werden, da im Vergleich zum direkten Kontakt zwischen Kühler und Bauteil die Temperatur des zu kühlenden Bauteils sinkt. Dafür ist die Folie durch den hervorragenden horizontalen Wärmetransfer gut geeignet. Zudem ist sie stabil gegenüber sehr hohen Temperaturen (bis zu 400 °C) und trocknet im Gegensatz zu Wärmeleitpaste nicht aus, sodass sie über viele Jahre hinweg ohne eine Verschlechterung der Wärmeleitung genutzt werden kann. Sie ist zwar flexibel, kann aber nicht eingedrückt werden. Daher füllt sie im Gegensatz zu Wärmeleitpaste nicht die Unebenheiten zwischen den zu verbindenden Bauteilen aus.

Das möchte das Graphite Thermal Pad von IC Cooling besser machen. Das Pad soll anders als übliche Wärmeleitpads auf Silikonbasis nicht austrocknen und rissig werden, sodass es wiederverwendet und viele Jahre lang genutzt werden kann. Dazu muss im Vergleich zur Graphitfolie der Grundaufbau verändert werden: Das Graphite Pad von IC Cooling ist mit gemessenen 219 µm deutlich dicker als die Graphitfolie und kann auch komprimiert werden. Die Wärmeleitfähigkeit des Graphitpads wird mit „nur“ noch 35 W/(m*K) angegeben. Das spricht dafür, dass das Graphit nicht so parallel angeordnet ist wie Graphenschichten in der Graphitfolie von Panasonic. IC Cooling spart an genaueren Informationen. Da es weiche Graphitpads aber ebenfalls von Panasonic für den industriellen Einsatz gibt, ist das Pad zumindest keine gänzlich neue Entwicklung.

Graphitpad gegen -folie und Wärmeleitpaste

Im Test muss sich das Graphitpad von IC Cooling der 25 µm dünnen Graphitfolie von Panasonic sowie der Wärmeleitpaste Arctic MX-4 stellen. Letztgenannte ist ein übliches Wärmeleitmittel zwischen CPU und Kühler: Die nicht elektrisch leitfähige Paste ist einfach in der Anwendung und mit unter 5 Euro für 4 Gramm günstig in der Anschaffung. Elektrisch leitfähige Wärmeleitpasten bleiben außen vor, denn diese sprechen eine andere Zielgruppe an als das Graphitpad von IC Cooling. Durch die schwierigere Anwendbarkeit und unentfernbare Rückstände auf den Komponenten sind diese Pasten weniger für den alltäglichen Einsatz, sondern mehr für Enthusiasten gedacht, die ihre Hardware bis ans Limit übertakten wollen.

Graphitfolie und -pad gegen Wärmeleitpaste
Graphitfolie und -pad gegen Wärmeleitpaste

Die Graphitfolie von Panasonic ist mit unter 6 Euro für 100 cm² ebenfalls sehr günstig, sobald bei entsprechender Abnahmemenge keine Versandkosten mehr anfallen. Im Vergleich ist das Graphite Pad von IC Cooling deutlich teurer, denn für ein Pad mit 4 cm × 4 cm werden stolze 15 Euro fällig. Im praktischen Einsatz als Wärmeleitmittel zwischen CPU und Prozessorkühler muss das Pad zeigen, ob es diesem Preis gerecht wird.