Landgericht München: Qualcomm kann Verbot für iPhone-Verkauf vollstrecken

Update 2 Frank Hüber
148 Kommentare
Landgericht München: Qualcomm kann Verbot für iPhone-Verkauf vollstrecken

Im Patentstreit zwischen Qualcomm und Apple hat das Landgericht München heute in zwei Urteilen entschieden, dass Apple in mehreren iPhones Patentrechte von Qualcomm verletzt und die betroffenen Modelle in Deutschland nicht mehr anbieten dürfe.

Sofortiges Verkaufsverbot gegen Sicherheitsleistung

Betroffen von diesem bislang nur theoretischen Verkaufsverbot sind das Apple iPhone 7 (Plus), iPhone 8 (Plus) und das iPhone X. Qualcomm kann die Entscheidung allerdings bereits jetzt vollstrecken und ein Verkaufsverbot umsetzen lassen, wenn es für die beiden Verfahren jeweils eine Sicherheitsleistung von 668,4 Millionen Euro hinterlegt. Die Entscheidung, ob Qualcomm somit sofort gegen Zahlung der Sicherheitsleistungen ein entsprechendes Verkaufsverbot erwirkt, liegt nun beim US-Chiphersteller. Für Qualcomm besteht dann jedoch das Risiko, dass die Sicherheitsleistungen später als Schadenersatz für Apple genutzt werden, falls Qualcomm in einer höheren Instanz doch noch gegen Apple unterliegen sollte. Apple hat die Möglichkeit, gegen dieses Urteil, das noch nicht rechtskräftig ist, vor dem Oberlandesgericht München in Revision zu gehen.

Unabhängig davon, ob Qualcomm ein sofortiges Verkaufsverbot umsetzen lässt, muss Apple nach aktuellem Urteil Schadenersatz an Qualcomm leisten, wobei die Höhe noch nicht bekannt ist.

Chip eines Zulieferers verletzt Patent

Qualcomm klagte gegen Apple, da es ein Patent zur Reduzierung des Stromverbrauchs eines Telekommunikationschips (envelope tracking) verletzt sah – Europäisches Patent 2 724 461, „Stromversorgung für elektrische Verstärker“. Im iPhone 7 (Plus), iPhone 8 (Plus) und iPhone X stammt das Bauteil (Envelope Tracking Power Management IC, Qorvo 81003M), das diese Technologie einsetzt, von Qorvo, die allerdings bestritten haben, auf Technologie von Qualcomm zurückzugreifen. Qualcomm hat allerdings die Auffassung vertreten, dass es nicht möglich ist, durch eine Aktualisierung der Firmware die Patentrechtsverletzung auszuräumen. Ob dies grundsätzlich möglich ist, wurde vom Landgericht München allerdings nicht geprüft, da Apple nicht offenlegen wollte, wie der Chip genau funktioniert. Deshalb habe die Kammer ihrer Entscheidung aus prozessualen Gründen vielmehr zugrunde zu legen gehabt, dass der Chip so funktioniert, wie Qualcomm es behauptet und gar nicht prüfen dürfen, ob dies tatsächlich so ist. Zeugen, die Apple zum Termin ohne Ladung mitbrachte, wurden deshalb nicht gehört und auch das Chipdesign nicht analysiert. Dies lässt Apple in der nächsten Instanz vor dem Oberlandesgericht München Spielräume, doch noch Details offenzulegen.

Weitere Verfahren auch in Deutschland

In zwei anderen Verfahren, in denen es ebenfalls um eine Patentrechtsverletzung ging und in denen Qualcomm ebenfalls bereits ein Verkaufsverbot erwirken wollte, hatte das Landgericht München im Oktober noch gegen Qualcomm und zu Gunsten von Apple entschieden – auch diese Urteile sind noch nicht rechtskräftig. In diesen Verfahren ging es um eine Technologie zum Chip-Design, ein „Nachpassivierungs-Verbindungsschema auf einem IC-Chip“, wodurch dieser vor elektrostatischen Ladungen und Entladungen geschützt wird. Qualcomm war der Auffassung, dass Apple dieses Patent mit dem iPhone 7 und iPhone 7 Plus verletzt und hatte geklagt.

Vor dem Landgericht München werden im März 2019 zwei weitere Verfahren von Qualcomm gegen Apple wegen der behaupteten Verletzung des Europäischen Patents EP 1 988 602 „monopolähnliche Antenne“ verhandelt.

Acht Urteilsverkündungen allein im Januar 2019

Verkündungstermine in acht weiteren Verfahren zwischen Qualcomm und Apple betreffend die Europäischen Patente 1 955 529, 3 094 067, 1 956 806 und 3 054 658 wurden mit heutigem Beschluss auf den 31.01.2019 verschoben.

Update

Wie Spiegel Online unter Berufung auf einen Apple-Sprecher meldet, wird Apple als Reaktion auf das heutige Urteil vorerst auf den Verkauf des iPhone 7 (Plus) und iPhone 8 (Plus) in den 15 eigenen deutschen Apple Stores verzichten. Über Mobilfunkanbieter und andere Händler werden die Modelle allerdings in Deutschland erhältlich bleiben. Gleichzeitig kündigte Apple wie erwartet an, in Berufung zu gehen.

Update

Wie Qualcomm inzwischen mitgeteilt hat, werde man die vom Landgericht München festgelegte Sicherheitszahlung innerhalb weniger Tage leisten, um das Verkaufsverbot für das iPhone 7 (Plus), iPhone 8 (Plus) und iPhone X vor Rechtskräftigkeit des Urteils zu erwirken. Zudem habe der zuständige Richter Qualcomms Forderung stattgegeben, Einblick in die Verkaufszahlen und die erzielten Umsätze der betroffenen iPhones zu erhalten, so Qualcomm. Apple muss nach erfolgter Zahlung nun zudem alle iPhone 7, 8 und X von allen Händlern in Deutschland zurückrufen und vernichten, wie es auch im Gerichtsbeschluss heißt. Ein Verkaufsstopp des iPhone 7 und iPhone 8 in den eigenen Apple Stores in Deutschland, in denen Apple das iPhone X selbst ohnehin nicht mehr verkauft hat, reicht nicht aus.

Qualcomm geht somit das Risiko ein, durch eine Revision des Urteils in der Berufung für etwaige Umsatzverluste bei Apple durch das erwirkte Verkaufsverbot zu haften. Apple hat die tatsächliche Funktionsweise des strittigen Chips im Verfahren bisher nicht erläutert und beruft sich hierbei auf Geschäftsgeheimnisse. Da Apple so dem Gericht gegenüber die Behauptungen von Qualcomm nicht widerlegen konnte, folgte das Gericht bislang der Argumentation von Qualcomm.