Corsair vs. Silverstone im Test: Zwei SFX-Platinum-Netzteile, einmal passiv gekühlt

Nico Schleippmann
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Corsair vs. Silverstone im Test: Zwei SFX-Platinum-Netzteile, einmal passiv gekühlt

tl;dr: Corsair und Silverstone bedienen den SFX-Markt mit überzeugenden Oberklasse-Netzteilen. Mit einem hohen Wirkungsgrad wird der Kühlaufwand verringert, weshalb insbesondere die Passivkühlung von Silverstone in Bezug auf die Lautstärke dominiert. Die bevorzugte Kühllösung ist letzten Endes aber eine Frage des Preises.

SFX(-L)-Netzteile mit Platinum-Effizienz

Nachdem Corsair bereits im Jahr 2017 das SF450 (Test) veröffentlicht hat, das mit der 80Plus-Gold-Zertifizierung alle anderen Netzteile der SFX-Klasse in den Schatten stellte, widmet sich der amerikanische Hersteller mit dem SF450 Platinum nun der nächst höheren Effizienzklasse. Neben der verbesserten Effizienz wirkt das neue Netzteil zunächst wie ein nur kleines Upgrade – Kabelstränge mit einzeln gesleevten Adern stellen für den Endnutzer die noch offensichtlichste Änderung dar.

Passivkühlung teuer erkauft

Diese kleinen Änderungen reichen aber, dass es von den technischen Spezifikationen mit dem Silverstone Nightjar NJ450-SXL auf einer Höhe agiert. Zwischen beiden Netzteilen klafft allerdings ein enormer Preisunterschied. Das SF450 Platinum ist bereits ab etwa 100 Euro erhältlich, während für das Nightjar NJ450-SXL stolze 170 Euro eingeplant werden müssen. Die große Preisdifferenz ist der Passivkühlung des Nightjar NJ450-SXL geschuldet, die ein aufwendiges thermisches Design und eine massive Überdimensionierung der verwendeten Bauteile bedarf. Dadurch verspricht Silverstone einen geräuschlosen Betrieb, während Corsair nur bei Schwachlast mit dem Abschalten des Lüfters äußerst geringe Geräusch-Emissionen versichert.

Messmethodik um Grafikkartentest erweitert

Nachdem die Problematik der Grafikkarten-Anforderungen an die Schutzschaltungen und Dimensionierung des Netzteils publik wurde, hat ComputerBase einen Messaufbau entwickelt, mit dem eine Inkompatibilität stichprobenartig festgestellt werden soll. Außerdem kann aus der Messung die Größe des Spannungs-Ripples an der Grafikkarte gewonnen werden. Die Details zu der Testmethodik, der eingesetzten Teststation, den elektrischen Messungen und den Schalldruckpegelmessungen sind auch in diesem Fall im Artikel „So testet ComputerBase Netzteile“ separat nachzulesen. Eine ständig aktualisierte Übersicht empfehlenswerter Netzteile bietet die Netzteil-Rangliste mit Bestenliste.

Technische Eckdaten im Vergleich

In den technischen Spezifikationen gibt es nur geringfügige Unterschiede zwischen den beiden Testmustern. Im Nightjar NJ450-SXL fehlt aufgrund der Passivkühlung der Lüfter, dafür misst es 130 mm in der Tiefe, was gemeinhin mit der Bezeichnung SFX-L definiert wird. Das SF450 Platinum folgt dem SFX-Standard gänzlich, weshalb es mit 100 mm ein kürzeres Gehäuse besitzt. Beide Netzteile sind mit einem Wirkungsgrad nach 80Plus Platinum zertifiziert, was deren (semi)passive Kühlung vereinfacht, weil weniger Verlustleistung in Form von Hitze abgeführt werden muss.

Hersteller Corsair Silverstone
Modell SF450 Platinum Nightjar NJ450-SXL
80Plus 80Plus Platinum
Lüfter 92 mm
Einbautiefe 100 mm 130 mm
AC Eingang Spannung 100 ‑ 240 V
DC Ausgang +3,3 V 15 A 16 A
+5,0 V 20 A 15 A
+12 V 37,5 A
-12,0 V 0,3 A
+5 VSB 2,5 A
+3,3 V & +5 V ges. 100 W 80 W
+12 V ges. 450 W
Gesamtleistung 450 W

Für beide Netzteile werden die Schutzschaltungen vollständig aufgeführt. Im Nightjar NJ450-SXL kann jedoch eine ungenügende Umsetzung des Überhitzungsschutzes festgestellt werden, was im ersten Moment für ein Passiv-Netzteil sehr fahrlässig klingt. Wenn ein Überhitzungsschutz bei aktiven Netzteilen vor Schäden aufgrund eines Lüfterausfalls oder starker Verstaubung schützen soll, muss dieser bei einem lüfterlosen, abgeschlossenen Netzteil wie dem Nightjar NJ450-SXL einen anderen Fehlerfall abdecken. Messungen in diesem Test zeigen, dass das Netzteil eine höhere Betriebstemperatur als die spezifizierten 40 °C bei Volllast durchaus kühlen kann und eine Überlast hinsichtlich Leistung oder Temperatur lediglich eine Frage der Lebensdauer ist. Dies nimmt den Endnutzer umso mehr in die Verantwortung, für eine ausreichende Kühlung zu sorgen, gerade wenn die für den PC benötigte Leistung knapp kalkuliert wird, um einen frühzeitigen Ausfall entgegenzuwirken.

Dokumentierte Schutzschaltungen
SF450 Platinum Nightjar NJ450-SXL
Unterspannungsschutz (UVP) ja
Überspannungsschutz (OVP) ja
Kurzschlusssicherung (SCP) ja
Überlastschutz (OPP) ja
Überstromschutz (OCP) ja
Überhitzungsschutz (OTP) ja ja*
*Ungenügende Umsetzung

Garantiebedingungen

Sowohl Corsair als auch Silverstone besitzen Service-Standorte in Deutschland, weshalb von einem schnellen Umtausch innerhalb der Garantiezeit bei Abwicklung über den Hersteller profitiert werden kann. Mit Hinterlegung von Kreditkartendaten erlaubt Corsair sogar einen besonders schnellen Vor-Ort-Austausch.

Sieben gegen drei Jahre Garantie

Bezüglich der Garantielänge ist Corsair mit sieben Jahren deutlich großzügiger. Demgegenüber wirkt die dreijährige Garantie von Silverstone für ein 80Plus-Platinum-Netzteil kurz. Ausschlaggebend für die kurze Garantielänge dürfte für den Hersteller der Kontrollverlust über die Betriebstemperatur des Netzteils sein, da das Nightjar NJ450-SXL keinen Lüfter besitzt, der bei höheren Temperaturen die Drehzahl einfach erhöhen kann.

Lieferumfang und Äußeres

Im Lieferumfang zeigt sich Corsair besonders großzügig. Neben einem Netzkabel, einem Handbuch und Schrauben sind in der Packung außerdem Kabelbinder in Kunststoff- und Klettausführung sowie eine Adapterblende zur Montage in einem ATX-Netzteilschacht vorhanden. Diese zusätzlichen Beigaben fehlen dem Silverstone Nightjar NJ450-SXL.

Äußerlich ist das Corsair SF450 Platinum unverändert zum SF450 aus 2017 geblieben. Aber auch 2019 zählt das Gehäusedesign funktional zu den besten in der SFX-Klasse. Die hohe Integrationsdichte mit einem vollmodularen Kabelmanagement und 92-mm-Lüfter in einem nur 100 mm tiefen Gehäuse bietet derzeit einzig noch EVGA mit der Supernova-GM-Serie, die aber noch nicht in Deutschland erhältlich ist.

Noch massiver tritt das Silverstone Nightjar NJ450-SXL auf. Vier Seitenteile sind aus dicken Aluminiumblöcken gefertigt, die mit ihrer Rippenstruktur zur Kühlung des Netzteils dienen.

Kabelausstattung

In der Kabelausstattung des SF450 Platinum ist ein weiterer deutlicher Unterschied zum SF450 mit 80Plus Gold feststellbar. Anstatt Flachbandkabeln legt Corsair Kabelstränge mit Einzelsleeve bei, die sich in Gehäusen mit Sichtfenster besonders gut in Szene setzen lassen. Weiterhin gibt es nur vier SATA- und drei 4-Pin-Molex-Stecker, was gegenüber dem Nightjar NJ450-SXL wenig wirkt, aber für die meisten Mini-ITX-Systeme ausreichend ist. Dem SF450 Platinum merkt man zudem an, dass es für besonders kleine Mini-ITX-Systeme konzipiert ist, weil die minimale und maximale Länge des SATA-Strangs nur 10 und 45 cm messen. Silverstone ist mit den längeren Peripheriekabeln großzügiger, dafür rauben die überschüssigen Kabel in Kleinstsystemen aber unnötig Platz. Auch was die Anzahl zur Verfügung gestellter PCIe-Stecker angeht, punktet der taiwanische Hersteller. Mit vier Anschlüssen auf zwei Leitungen bleibt dem Käufer die Wahl zwischen der Verwendung zweier Kabel für ein höheres Leistungslimit und eine bessere Performance oder eines Kabels für weniger Kabelsalat, wenn nur zwei PCIe-Anschlüsse bereitgestellt werden müssen.

Kabelausstattung (Länge in cm) SF450 Platinum Nightjar NJ450-SXL
abnehmbar
24-Pin ATX 1 (30)
4+4-Pin EPS 1 (40)
6+2-Pin PCIe 2 (40) 4 (40 + 15)
SATA 4 (10 ‑ 45) 8 (31 ‑ 70)
Molex 3 (10 ‑ 33) 3 (30 ‑ 70)
4-Pin-Molex-auf-Floppy-Adapter 1 (10)

Für geringere Verluste und einen kleineren Spannungsabfall verwendet Silverstone für die 24-Pin-ATX-, EPS- und PCIe-Kabelstränge dickere 16-AWG-Adern – für alle weiteren Leitungen werden 18-AWG-Adern eingesetzt, die Corsair für den kompletten Kabelsatz als ausreichend sieht.