5G: Deutsche Sicherheitsbehörden fürchten Huaweis Kill Switch

Nicolas La Rocco
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5G: Deutsche Sicherheitsbehörden fürchten Huaweis Kill Switch
Bild: Telefónica

Die Debatte um mögliche Backdoors in der Mobilfunktechnik von Huawei ist bei deutschen Sicherheitsbehörden angekommen – wenngleich auch noch nicht offiziell. Wie Recherchen der ARD ergeben haben, sollen mehrere Sicherheitsbehörden den Ausschluss von Huawei beim Aufbau eines 5G-Netzes in Deutschland fordern.

Die Tagesschau zitiert den ehemaligen Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Gerhard Schindler, mit der Aussage: „Wer diese Technologie bereitstellt, ist auch in der Lage, Kommunikation abzuhören. Man kann Sicherheitssysteme einbauen, aber das Risiko bleibt.“ Das ARD-Hauptstadtstudio will aus Sicherheitskreisen erfahren haben, dass deutsche Sicherheitsbehörden aufgrund der Sorge vor Backdoors für einem Ausschluss von Huawei beim Aufbau des deutschen 5G-Netzes votieren.

Huawei erhält einen Kill Switch

Neben der potenziellen Abhörfunktion seitens Huawei und damit der chinesischen Regierung sehen die Sicherheitsbehörden den Recherchen zufolge allerdings ein noch viel größeres Risiko in der Betriebssicherheit. Denn sollte Huawei am Aufbau des deutschen 5G-Netzes beteiligt werden, wäre China angeblich über einen „Kill Switch“ in der Lage dazu, jederzeit das deutsche 5G-Mobilfunknetz zu deaktivieren. Das könnte zum Beispiel bei einer politischen Krise oder einer kriegerischen Auseinandersetzung der Fall sein, so die Argumentation der namentlich nicht genannten Sicherheitsbehörden.

Auch in diesem Zusammenhang wird Gerhard Schindler für ein Zitat herangezogen: „Ein solches Szenario kann man sich durchaus vorstellen. Wenn diese Module abgeschaltet werden, sind wir in keiner Weise darauf vorbereitet und könnten nicht reagieren.“ Gerhard Schindler war von Dezember 2011 bis Juni 2016 Präsident des BND.

Keine Beweise für Vorwürfe

Damit konfrontiert, dass für all die Vorwürfe gegen Huawei bisher keinerlei Beweise vorliegen, sagte Martin Schallbruch, der bis 2016 Abteilungsleiter für Informationstechnik im Bundesinnenministerium war und nun stellvertretender Direktor des Digital Society Instituts der European School of Management and Technology (ESMT) ist, dass er einen „rauchenden Colt“ zwar noch nicht gesehen habe, dass ein Missbrauch der Technologie aber nicht auszuschließen sei. Er sieht 5G als eine Schlüsseltechnologie der nächsten 20 Jahre, bei der es nicht nachvollziehbar sei, Technik von Huawei zu verwenden.

Ex-BND-Chef Schindler argumentiert, dass es die Gesetzgebung in China der Regierung erlauben würde, von Unternehmen zu verlangen, dass diese Informationen aus dem Ausland herausgeben. Diesem auch von den Vereinigten Staaten bereits mehrfach gemachten Vorwurf widerspricht Huawei stets. Eine solche Gesetzgebung würde es in China nicht geben, betonte das Unternehmen zuletzt. Auch gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio bestreitet ein Huawei-Sprecher diese angebliche Pflicht.

Die Deutsche Telekom fürchtet 5G-Verzögerung

Vonseiten der Bundesregierung heißt es, sie habe sich noch nicht abschließend positioniert, inwiefern chinesische Telekommunikationsausrüster hierzulande an 5G beteiligt werden sollen. Den Telekommunikationsanbietern soll dazu aber zeitnah eine Einschätzung gegeben werden. Es wird überlegt, das Telekommunikationsgesetz (TKG) dahingehend zu verändern, dass chinesische Hersteller faktisch vom Netzausbau ausgeschlossen werden können. Insbesondere die Deutsche Telekom fürchtet als großer Huawei-Kunde eine solche Entscheidung und geht davon aus, dass dieser Schritt den 5G-Aufbau um mindestens zwei Jahre nach hinten verschieben werde. Dieter Kempf, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), sieht die Vorverurteilung Huaweis kritisch und in dem Verdacht der Gefährdung keinen Ausschlussgrund.