Galaxy S20, S20+ und S20 Ultra im Test: Kamera, Beispiel-Fotos und 8K-Video

 2/4
Nicolas La Rocco
171 Kommentare

Neue Triple- und Quad-Kamera

Galaxy S20 und S20+ sind abgesehen von einem Time-of-Flight-Sensor für Porträtaufnahmen mit den gleichen Kameras ausgestattet. Den 1/1,33 Zoll großen 108-Megapixel-Sensor, den Samsung in Kooperation mit Xiaomi entwickelt hat, wo er im Mi 10 (Pro) und Mi Note 10 zum Einsatz kommt, gibt es erst mit dem Galaxy S20 Ultra. Die beiden kleineren Smartphones kommen mit 12 Megapixeln, f/1.8-Weitwinkel mit 26 mm Kleinbildäquivalent und OIS. Die 108 Megapixel des Galaxy S20 Ultra resultieren mit Werkseinstellungen ebenfalls in Fotos mit 12 Megapixeln, da Samsung ein Binning von neun Pixeln zu einem durchführt, das Bildrauschen reduzieren soll. Optional lässt sich in der Kamera-App mit der vollen Auflösung des Sensors knipsen.

Die Kameras sind typisch Samsung

Die Hauptkamera mit Weitwinkelobjektiv ist bei allen Galaxy S20 vor allem eines: typisch Samsung. Kräftige Farben treffen auf eine plastische Darstellung, die im Vergleich zum Google Pixel 4 und Apple iPhone 11 Pro Max (Test) mit härterem Kontrast und einer dramatischeren Abbildung der Szenerie auffällt. Das muss nicht jedem Anwender gefallen, sorgt aber zunächst einmal für einen gewissen Wow-Faktor, vor allem wenn die Fotos auf den Smartphone-Displays angeschaut werden.

Im Vergleich zwischen Galaxy S20 und S20+, die mit der gleichen Hauptkamera bestückt sind, und Galaxy S20 Ultra fällt bei letzterem eine minimal hellere Darstellung auf, die den Kontrast leicht abflacht und hellen Bildbereichen ein paar Details nimmt. Auch die Farbsättigung ist minimal schwächer, liegt aber weit über dem Niveau von Google oder Apple. Bei Galaxy S20 und S20+ fallen etwa die Backsteine des alten Pumpwerks oder die Lackierung des Motorrads etwas intensiver ins Auge.

Samsung Galaxy-S20-Serie im Test – Weitwinkel

HDR-Defizit in der Detailbetrachtung

Auffällig bei allen drei Smartphones ist die leichte HDR-Schwäche, denn es gelingt den Kameras nicht vollends, eine gelungene Balance zwischen der Aufhellung von Schatten und dem gleichzeitigen Beibehalten von Details in hellen Bereichen zu erzielen. Das ist zum Beispiel gleich bei den ersten Bildern im Bereich der Kanalisation zu erkennen. Beim alten Pumpwerk wiederum strahlt der Backsteinbau im Hintergrund, während das Gebäude im Vordergrund und die Laterne im Dunkeln verschwinden. Dieses Foto gelingt dem iPhone 11 Pro Max und insbesondere dem Pixel 4 besser.

Bei Nachtaufnahmen schwächelt das Galaxy S20 Ultra

Bei Nacht sieht es nicht gut aus für das Galaxy S20 Ultra, das mit seinem Binning von neun Pixeln zu einem eigentlich Vorteile in puncto Bildrauschen haben sollte. Das Gegenteil ist aber der Fall, wie die jeweils ersten beiden Aufnahmen im Vergleich zur Konkurrenz und zum Galaxy S20 und S20+ zeigen. Alle Aufnahmen sind mit aktiviertem Nachtmodus entstanden. Beim Galaxy S20 Ultra stimmen zwar die Farben, doch Bereiche wie der Himmel weisen ein extrem starkes Rauschen auf, das bei den anderen Geräten nicht festzustellen ist. Das Pixel 4 hellt das Bild am stärksten auf, das beste Foto des Baggers geht aber an das iPhone 11 Pro Max.

Samsung Galaxy-S20-Serie im Test – Nacht

Die Aufnahmen vor dem Supermarkt und am Taxistand sind bewusst im Automatikmodus ohne Zuschalten des Nachtmodus entstanden. In beiden Fällen offenbart es die Schwächen des Pixel 4 ohne Nachtmodus, denn ohne diesen entstehen schnell unscharfe Aufnahmen. Glücklicherweise erkennt die Smartphone-KI die schlechten Lichtverhältnisse und empfiehlt den Wechsel zum Nachtmodus. Aus den drei Galaxy S20 lassen sich in diesem speziellen Szenario die besten Fotos ziehen, wenngleich das vermeintlich bessere Galaxy S20 Ultra erneut schlechter abschneidet.

108 Megapixel sind praktisch beim Zuschnitt

Das Galaxy S20 Ultra bietet als Besonderheit einen 108-Megapixel-Modus für die Hauptkamera. Genau genommen lässt sich auch bei Galaxy S20 und S20+ zu einer höheren Auflösung wechseln, dabei wird aber der 64-Megapixel-Sensor genutzt. Warum das so ist, wird im entsprechenden Abschnitt zum Teleobjektiv erklärt.

Bei vollen 108 Megapixeln ohne Pixel-Binning gibt das Galaxy S20 Ultra Fotos mit 12.000 × 9.000 Pixeln im JPG-Format aus, optional lässt sich in RAW schießen. Die JPG-Aufnahmen erreichen im Test Dateigrößen von 25 bis 45 MB und sind damit deutlich größer als die 12-Megapixel-Fotos, die für die gleichen Aufnahmen auf lediglich 3,2 bis 6,3 MB kommen.

Auf dem Smartphone betrachtet ergibt sich aus der höheren Auflösung kein mit bloßem Auge erkennbarer Vorteil, selbst auf dem größeren PC-Monitor (24 Zoll, WUXGA) ist das nicht der Fall. Erst mit einem 4K- oder 5K-Monitor wäre das potenziell möglich. Wofür die höhere Auflösung aber gut ist, sind Zuschnitte im Nachhinein, wie eine Auswahl von Bildausschnitten im Direktvergleich mit den 12-Megapixel-Fotos zeigt. In der nachfolgenden Galerie ist zuerst das 12-Megapixel-Foto, dann das 108-Megapixel-Foto und schließlich ein Direktvergleich von Teilbereichen beider Aufnahmen zu sehen. Die höhere Auflösung führt ganz den Erwartungen entsprechend zu einer besseren Abbildung feiner Details. Erneut kommt aber die leichte Schwäche der Überbelichtung des Galaxy S20 Ultra zum Vorschein.

Samsung Galaxy-S20-Serie im Test – 108 Megapixel

Der Zoom reicht nicht bis ins Weltall

Beim Galaxy S20 und S20+ bietet Samsung einen dreifachen hybriden Zoom (optisch plus digital) sowie einen 30-fachen digitalen Zoom an, während das Galaxy S20 Ultra auf einen fünffachen hybriden Zoom und eine bis zu 100-fache digitale Vergrößerung kommt. Die kleineren Smartphones nutzen einen 64-Megapixel-Sensor, eine f/2.0-Blende und einen OIS, während das Galaxy S20 Ultra auf 48 Megapixel, f/3.5-Blende und OIS setzt.

Bereits die Anfangsblende des Teleobjektivs des Galaxy S20 und S20+ entlarvt den Zoom als primär digital statt optisch. Im Smartphone-Segment kommt bereits eine zweifache optische Vergrößerung üblicherweise mit f/2.4-Blende, nicht mit f/2.0 wie beim Galaxy S20. Tatsächlich bieten beide Smartphones nur eine 1,08-fache optische Vergrößerung, wie der Vergleich des Kleinbildäquivalents von 26 zu 28 mm offenbart. Die weitere Vergrößerung findet rein digital statt. Deshalb, aber nicht nur aus diesem Grund setzt Samsung auf 64 Megapixel und somit mehr als beim Galaxy S20 Ultra, damit beim Zoomen ein Teilbereich des Sensors digital ausgeschnitten werden kann.

Besser sieht es für das Galaxy S20 Ultra aus, das eine stärkere optische Vergrößerung bietet. Erstmals setzt Samsung auf einen Periskop-Zoom, bei dem Licht über ein Prisma im Smartphone zur Seite umgelenkt wird und auf einen seitlich aufgestellten Sensor trifft. So kann der Hersteller die für die optische Vergrößerung notwendigen Linsen quer statt übereinander gestapelt im Smartphone verbauen und Bautiefe sparen. Groß wird das Kameramodul dennoch, wie die 8,8 mm Bautiefe und der riesige Kamerabuckel zeigen.

Das Galaxy S20 Ultra kommt mit dieser Technik auf eine 4,12-fache optische Vergrößerung, die sich anhand des Kleinbildäquivalents von 25 zu 103 mm ablesen lässt. In der Praxis bietet die erste Stufe der Schnellauswahl eine fünffache Vergrößerung, darauf folgen 10 x, 30 x und 100 x („Space Zoom“). Bis zur 10-fachen Vergrößerung lassen sich gute und bis zur 30-fachen brauchbare Ergebnisse erzielen. Die 100-fache Vergrößerung ist mehr ein Gimmick als tatsächlich im Alltag oder gar für Blicke ins Weltall zu gebrauchen. Der starke Zoom ist in der Hand gehalten trotz OIS kaum zu kontrollieren, wobei eine kleine Vorschau mit Fadenkreuz immerhin etwas bei der Orientierung im Sucher hilft.

Samsung Galaxy-S20-Serie im Test – Teleobjektiv

Samsung hat das bessere Ultraweitwinkelobjektiv

Bei Nutzung des Ultraweitwinkelobjektivs herrscht erstmals Gleichstand zwischen allen drei Galaxy-S20-Smartphones, da sie alle den gleichen Sensor mit 12 Megapixeln nutzen. Mit 13 statt 14 mm Kleinbildäquivalent decken Samsungs Geräte ein breiteres Sichtfeld als das iPhone 11 Pro Max ab. Dem Pixel 4 fehlt ein solches Objektiv hingegen, sodass sich in der nachfolgenden Galerie nur Samsung und Apple gegenüberstehen.

Samsung Galaxy-S20-Serie im Test – Ultraweitwinkel

Samsung liefert mit dem Ultraweitwinkelobjektiv eine durchweg bessere Qualität als Apple ab. Beim iPhone 11 Pro Max ist das Ultraweitwinkelobjektiv die schlechteste der drei Linsen. Im Randbereich nimmt die Qualität dramatisch ab, außerdem wirkt das Bild ausgewaschen und flach. Samsungs Aufnahmen stehen denen der Hauptkamera kaum nach, außerdem wird die Krümmung des Objektivs besser im Randbereich ausgeglichen. Dafür nimmt Samsung aber einen minimalen Zuschnitt vor, der trotz der geringeren Brennweite zu einem etwas kleineren Bildausschnitt führt. Angesichts der deutlich besseren Qualität ist diese Einschränkung aber hinnehmbar.

Selfies mit bis zu 40 Megapixeln

Wird zur Frontkamera gewechselt, gibt es aber wieder technische Unterschiede innerhalb der Serie. Dem Galaxy S20 Ultra spendiert Samsung eine neue 40-Megapixel-Kamera, während Galaxy S20 und S20+ bei den 10 Megapixeln der Galaxy-S10- und Galaxy-Note-10-Serie bleiben. Samsung ist nach wie vor der einzige der großen Smartphone-Hersteller, der einen Autofokus für die Frontkamera anbietet.

Samsung Galaxy-S20-Serie im Test – Frontkamera

In diesem Vergleich liefern alle vier Smartphones gute Fotos ab, wobei sämtliche Samsung-Modelle im Direktvergleich einen Hauch zu hell sind. Im Porträtmodus über die Selfie-Kamera scheitern alle drei Hersteller an feinen Details der Kleidung oder einzelnen Bereichen der Haare. Immerhin entsteht bei Samsung kein unscharfer „Heiligenschein“ um den Kopf, wie er bei Apple zu beobachten ist. Auch bei Google wirkt das Bild etwas zu stark künstlich verfremdet. Bei Nacht sind alle Konkurrenten auf dem mehr oder weniger gleich guten respektive mittelmäßigen Niveau. Mit dem Nachtmodus der Hauptkamera halten die Selfie-Kameras bei keinem Hersteller mit.

8K-Videoaufnahmen mit einem Smartphone

Die Galaxy-S20-Familie ist die erste Smartphone-Serie, die mit einem 8K-Videomodus beworben wird. Die Auflösung von 7.680 × 4.320 Pixeln ist vor allem für Samsungs 8K-Fernseher integriert worden, um das eigene Ökosystem aus einer zweiten Sparte zu stärken. Die extrem hohe Auflösung ist der einzige Vorteil des neuen Formats und kommt auf dem Smartphone kaum zum Tragen, da der Bildschirm zu klein und dessen Auflösung zu gering ist. Wie bei den 108-Megapixel-Fotos ist der Modus vor allem gut für den Zuschnitt oder den digitalen Zoom auf einen kleineren Bereich geeignet.

8K entspricht 33,2 Megapixeln, weshalb nur das Galaxy S20 Ultra den Modus über die Hauptkamera abwickeln kann. Bei Galaxy S20 und S20+ wechselt Samsung dafür von der Hauptkamera mit 12 Megapixeln zur vermeintlichen Telekamera mit 64 Megapixeln, die mit 1,06-facher Vergrößerung ohnehin eher eine zweite Hauptkamera für den digitalen Zoom ist. Aufgrund der geringen Vergrößerung gibt es kaum Einschränkungen gegenüber dem Videomodus des Galaxy S20 Ultra. 8K ist der Grund, warum die zweite Kamera des Galaxy S20 und des Galaxy S20+ keine bessere optische Vergrößerung bietet. Hier fällt Samsung der künstlichen Beschneidung, um den Fokus auf das Ultra-Flaggschiff zu legen, selbst zum Opfer.

Kein HDR10+ oder HEVC bei 8K

Der 8K-Videomodus stellt zwar eine deutlich höhere Auflösung als 4K zur Verfügung, geht jedoch mit zahlreichen Einschränkungen einher. Zum einen ist die auf maximal 24 FPS reduzierte Bildwiederholrate zu nennen. Außerdem stehen bei 8K nicht mehr der effizientere HEVC-Codec und HDR10+ zur Verfügung, sodass nur in H.264 und SDR gefilmt werden kann. Im konkreten Fall des rund 100 Sekunden langen Testvideos liegt die Bitrate bei 80 Mbit/s, was eine rund 950 MB große Datei zur Folge hat. Die Videostabilisierung bleibt bei 8K aktiv, das Endergebnis wirkt im Vergleich zu Apple dennoch etwas wackelig. Viel mehr stört aber die reduzierte Bildwiederholrate.

In beinahe allen Alltagssituationen liefert 4K mit 60 FPS die schöneren Aufnahmen, wenngleich auch hier auf HDR10+ verzichtet werden muss – immerhin ist HEVC dann möglich. Auf HDR-Aufnahmen muss selbst bei Full HD mit 60 FPS verzichtet werden, erst nach der Reduzierung auf 30 FPS lässt sich das Feature zuschalten.

Apple hat den besten Videomodus

Insgesamt deutlich besser macht es Apple, dessen Videomodus beim iPhone 11 Pro Max weiterhin der Maßstab unter den Smartphones bleibt. Zwar beherrscht auch Apple (grundsätzlich) kein HDR für eigene Videoaufnahmen, der zuletzt eingeführte erweiterte SDR-Dynamikumfang und die butterweiche Stabilisierung bis zu 4K mit 60 FPS lassen Samsung aber schlichtweg alt aussehen. Wer sehr viele Videos mit dem Smartphone aufnehmen will, kommt derzeit nicht an den aktuellen Apple-Geräten vorbei.