The Last of Us Part 2: Großartige Spiele gehen auf Kosten der Entwickler

Max Doll
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The Last of Us Part 2: Großartige Spiele gehen auf Kosten der Entwickler
Bild: Sony

Das Vorzeige-Studio Naughty Dog liefert regelmäßig Spiele von herausragender Qualität ab. Für die beteiligten Entwickler hat das einen hohen Preis. Sie sind nicht mehr vorzeige-mäßigen, langen Phasen hoher Belastung mit unzähligen Überstunden ausgesetzt.

Dass damit neben Größen wie z.B. Treyarch, CD Projekt und Epic Games ein weiteres großes Studio durch diese sogenannten Crunch-Phasen auffällt, beleuchtet ein umfangreicher Bericht von Kotaku. Die mittlerweile zunehmend verpönte Praxis gehört bei Naughty Dog allerdings zur Firmenkultur und übertreffe das, was in der Branche üblich sei, schreibt die Seite.

Perfektionismus produziert Überstunden

Spiele in herausragender Qualität voller sorgfältigst ausgestalteter Details entstünden, weil eine „Kultur des Perfektionismus“ kultiviert werde: Spiele müssten um jeden Preis großartig werden, so Kotaku. Crunch ergibt sich daraus indirekt. Wie der Bericht skizziert, mache das Studio keinen Hehl daraus, Perfektionisten zu suchen. Eingestellt werden Menschen, die dazu neigen, länger zu arbeiten um das bestmögliche Ergebnis abzuliefern – und das teils um jeden Preis tun würden. Überstunden fordere Naughty Dog deshalb nicht ausdrücklich ein, erwarte sie aber, wenngleich sich mit Aufforderungen zu Pausen und kostenlosem Essen um Entwickler gekümmert werde.

Betroffen waren von dieser exzessiven Mehrarbeit die Entwicklung von Uncharted 4 und dessen Spin-Off Lost Legacy. Beim zweiten Teil von The Last Of Us sei zwar versucht worden, Mehrarbeit durch Vorausplanung zu minimieren, Rückmeldungen zur E3-Demo im Jahr 2018 hätten aber zu gravierenden Änderungen und „Scope Creep“, langsam anwachsendem Projektumfang, geführt.

Bereits Ende 2018 hätten fast alle Abteilungen des Studios im Crunch-Modus gearbeitet, der durch suboptimale Arbeitsabläufe und das Fehlen von ausreichenden, für Struktur sorgenden Management-Positionen verschärft wurde. Dadurch, schreibt Kotaku unter Berufung auf teils ehemalige Mitarbeiter, sei es zwar möglich, eigene Ideen einzubringen, andererseits aber ebenso möglich, dass Mitarbeiter erst nach Ende ihrer aktuellen Arbeit entdecken, dass das, was sie produziert haben, gar nicht länger benötigt werde. Einfach nach Hause zu gehen wird darüber hinaus erschwert, weil unter Umständen Kollegen auf die eigene Arbeit angewiesen sind oder Rückmeldungen für ihre Arbeit benötigen würden. „Es ist eine beeindruckend kreative Arbeitsumgebung“, zitiert die Seite einen Entwickler, „aber man kann nicht nach Hause gehen“.

Verschleiß als Folge

Auch die jüngste Verschiebung von The Last of Us 2 hat daran nichts geändert. Sie bedeutet für die Mitarbeiter lediglich eine verlängerte Crunch-Phase. Sie wird zwar nicht von allen Mitarbeitern abgelehnt, berichtet Kotaku, aber zunehmend kritisch gesehen und stößt mit der dazugehörigen Kultur an Grenzen. Nach Uncharted habe Naughty Dog zahlreiche Abgänge von langjährigen Angestellten hinnehmen müssen.

Erfahrene Entwickler seien durch hohen Bedarf und mangels Alternativen mit Dienstleistern und Anfängern kompensiert worden. Die Ansprüche an die Arbeit liegen unverändert hoch, heißt es, was die Belastung noch verschärfe, wenn nun ein Ergebnis erst im zweiten oder dritten Anlauf die Standards erfülle. Was sich damit abzeichnet, ist eine Abwärtsspirale.