Sports Mode: MediaTek beim Cheaten in Benchmarks erwischt

Nicolas La Rocco
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Sports Mode: MediaTek beim Cheaten in Benchmarks erwischt
Bild: MediaTek

Wofür früher einzelne Smartphone-Hersteller verantwortlich waren, findet nun bereits auf SoC-Ebene statt: das Cheaten in Benchmarks. Wie AnandTech herausgefunden hat, bietet MediaTek einen „Sports Mode“ an, der das System-on-a-Chip außerhalb der im Alltag üblichen Parameter laufen lässt, um Benchmark-Ergebnisse zu schönen.

Im Test der europäischen Variante des Oppo Reno3 Pro mit MediaTek Helio P95 hatte AnandTech ungewöhnlich hohe Messwerte im PCMark im Vergleich zum chinesischen Reno3 mit Dimensity 1000L festgestellt und ist der Sache daraufhin nachgegangen.

Eigentlich müsste der Dimensity mit seiner Octa-Core-CPU aus vier Cortex-A77 und vier Cortex-A55 deutlich bessere Ergebnisse liefern als der Helio P95 mit seinen zwei Cortex-A75 und sechs Cortex-A55, in den Tests war dies aber nicht der Fall. Der auf Papier schnellere Dimensity 1000L lieferte im PCMark 2.0 nur 6.781 Punkte, der Helio P95 hingegen 9.048 Punkte.

Die Entwickler des PCMark haben daraufhin eine anonymisierte Version des Benchmarks zur Verfügung gestellt, mit der das Gesamtergebnis im PCMark um 30 Prozent fiel, während Subtests bis zu 75 Prozent niedrigere Ergebnisse lieferten.

Spezialmodus ignoriert Effizienz und Temperatur

Zurückzuführen lässt sich das auf ein verändertes Dynamic Voltage and Frequency Scaling (DVFS) und andere Scheduler, die dem SoC den Betrieb außerhalb im Alltag üblicher Parameter erlauben, sobald ein Benchmark gestartet wird. Die Taktraten steigen schneller in die Höhe und werden länger oder dauerhaft beim Maximum gehalten, auch in Bereichen, die außerhalb des speziellen Benchmarkmodus' nicht zur Verfügung stehen. Effizienz und Temperaturentwicklung werden dabei außer Acht gelassen.

MediaTek nennt den Modus intern „Sports Mode“, wie eine auf neun mit MediaTek-SoC ausgestatteten Smartphones gefundene Datei namens „power_whitelist_cfg.xml“ im Systemverzeichnis „/vendor/etc“ zeigt. Darüber werden ausschließlich für spezifische Benchmarks genutzte Parameter aktiviert, darunter bekannte Apps wie Antutu, Geekbench und der PCMark. Beim GFXBench sind Einträge explizit für die Corporate-Version entdeckt worden, wie sie zum Beispiel von der testenden Presse eingesetzt wird. AnandTech hat die Datei auf vier Smartphones von Oppo sowie jeweils einem von iVoomi, Realme, Sony, Vivo und Xiaomi entdeckt, was nahelegt, dass die Anpassungen nicht erst vom Smartphone-Hersteller, sondern von MediaTek vorgenommen wurden.

MediaTek bestätigt Vorgehen

MediaTek hat das Vorgehen in einer Stellungnahme bestätigt, verweist aber darauf, für den Sports Mode eng mit den Smartphone-Anbietern zusammengearbeitet zu haben, um die Geräte so zu konfigurieren, dass in Benchmarks das wahre Potenzial des SoCs gezeigt wird. Die Ergebnisse würden das obere Ende der Leistung eines Chips repräsentieren. Bei der normalen Nutzung im Alltag stehe hingegen die Optimierung hinsichtlich Leistung und Effizienz im Fokus, um die Akkulaufzeiten zu verlängern. Der Nutzer werde je nach Anwendung ein unterschiedliches Leistungsniveau feststellen, während das SoC intelligent CPU, GPU und Speicher verwaltet.

Zudem hätten manche Smartphone-Anbieter je nach Verkaufsregion unterschiedliche SoC-Modi aktiv. Abschließend glaubt das Unternehmen, dass das Ermitteln des vollen Potenzials eines SoCs mit den Methoden anderer SoC-Anbieter bei Benchmarks einhergehe und ein akkurates Bild über die wahre Leistung eines Gerätes zeichne.