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Im Test vor 15 Jahren: Der bessere Game Boy hieß PlayStation Portable

Robert McHardy
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Im Test vor 15 Jahren: Der bessere Game Boy hieß PlayStation Portable

tl;dr: Mit der PlayStation Portable (PSP) (Test) wollte Sony gegen Nintendo und dessen Vormacht auf dem Handheld-Markt vorgehen. Die PSP bot ein hochauflösendes Display, WLAN-Unterstützung und eine Vielzahl an Multimedia-Fähigkeiten.

Gegen den Game Boy

Nintendos Game Boy – und insbesondere auch der im März 2005 erschienene Nintendo DS („Dual Screen“) – dominierte den Handheld-Markt. Nachdem sich Sony mit der PlayStation als stationäre Konsole einen Namen im Gaming-Bereich gemacht hatte, folgte mit der PSP der nächste Schritt. Das Gehäuse der PlayStation Portable war vorne in einem glänzenden und auf der Rückseite in einem matten Schwarz gehalten. Vorder- und Rückseite wurden designtechnisch durch einen silbernen Streifen abgegrenzt.

Optisch nahm das 16:9-Display mit 480 × 272 Bildpunkten den Großteil der Front ein. Links davon befanden sich das Steuerkreuz und ein Analogstick, auf der rechten Seite die typischen PlayStation-Tasten X, Quadrat, Dreieck und Kreis. Unterhalb des Displays waren die Home-Taste und Tasten zur Lautstärke- und Helligskeitsregelung sowie zum Zuschalten eines Equalizers zu finden. Des Weiteren waren die Start- und Select-Tasten unterhalb des Bildschirms platziert. Auf der Oberseite der PSP befanden sich die beiden Schultertasten.

Ungewöhnliche Wege ging Sony bei den Speichermedien. Spiele nahm die PSP als Universal Media Disc – im Prinzip eine kompakte DVD in einem Plastikgehäuse – an. Eine UMD fasste etwa 1,8 GByte und erreichte Transferraten von bis zu 11 MByte/s. Für Speicherstände und andere Daten setzte die PlayStation Portable auf Sonys eigenen Speicherstandard Memory Stick (Pro) Duo, der damals im Vergleich zu herkömmlichen SD-Karten besonders durch den hohen Preis auffiel. Positiv hervorzuheben war, dass der Akku von der Rückseite leicht auszutauschen war.

Überzeugende Ergonomie

Die Ergonomie der PlayStation Portable überzeugte im Test. Dank der rauen Fläche auf der Rückseite konnte die Konsole auch mit schwitzigen Händen sicher gegriffen werden. Die leichte Wölbung der Rückseite sorgte für eine angenehme Handhabung. Das Steuerkreuz und die vier Tasten auf der rechten Seite waren leicht erreichbar und hatten einen angenehmen Druckpunkt. Zudem ließen sich die beiden Schultertasten problemlos mittels der Zeigefinger erreichen. Der Analogstick hingegen saß etwas zu weit unten, um bequem bedienbar zu sein. Die Tasten unterhalb des Displays mussten aufgrund ihrer Positionierung auch etwas Kritik einstecken, da sie während des Spielgeschehens eher schlecht zu erreichen waren.

Der Bildschirm der PlayStation Portable stellte alles bisher Dagewesene in den Schatten. Das 4,3-Zoll-Display war nicht nur deutlich größer als das der Game-Boy-Konkurrenz, sondern auch beträchtlich schärfer. Die Helligkeit ließ sich in den drei Stufen „Dunkel“ (80 cd/m²), „Mittel“ (130 cd/m²) und „Hell“ (180 cd/m²) regeln. An das Netzteil angeschlossen, wurden sogar 200 cd/m² erreicht. Wer Energie sparen wollte, konnte die Hintergrundbeleuchtung auch vollständig deaktivieren. Ein Nachteil des verspiegelten Displays war, dass Spielen bei direkter Sonneneinstrahlung quasi unmöglich war. Im Freien musste mit der PSP auf jeden Fall ein Platz im Schatten aufgesucht werden.

Multimedia-Zentrale PSP

Die PSP konnte nicht nur zum Spielen, sondern auch zum Abspielen von verschiedenen Medienformaten genutzt werden. So konnte die PSP sowohl als MP3-Player mit der Audioqualität eines iPods als auch zum Anschauen von Filmen verwendet werden. Bei Videos gab es eine wichtige Einschränkung: Die Dateien mussten in einem speziell für die PSP kodierten MPEG4-Format vorliegen. Zwar gab es dafür Freeware, es schränkte die Multimedia-Fähigkeiten der PSP aber trotzdem unnötig ein.

Da die PSP über WLAN und einen mitgelieferten Browser verfügte, konnte mit ihr auch im Internet gesurft werden. Die Bedienung war aufgrund der Eingabemöglichkeiten der PSP jedoch alles andere als einfach. Der Analogstick diente als rudimentärer Mausersatz, der im Zusammenspiel mit der T9-Software-Tastatur zur Eingabe von URLs genutzt werden musste. Des Weiteren beherrschte der Browser das damals noch sehr verbreitete Flash-Format nicht und konnte daher viele Websites nicht darstellen.

Aufgrund der relativ starken Hardware und des kleinen Akkus (1.800 mAh) musste die PSP schnell wieder ans Netz. Die längste Laufzeit erzielte sie mit 8 bis 10 Stunden bei der Musikwiedergabe, da hier das Display automatisch abgeschaltet wurde. Beim Gaming blieben davon je nach Spiel und verwendeten Funktionen der PSP (WLAN, UMD etc.) zwischen 3 und 5 Stunden übrig. Filme konnten für 2,5 (UMD) bis 4 (Memory Stick) Stunden angesehen werden, bevor die PSP aufgeladen werden musste.

Alles in allem war die PSP eine gelungene Konsole mit wenigen Schwächen. Neben der Akkulaufzeit waren hier die Software-Tastatur und die fragwürdige Positionierung mancher Tasten hervorzuheben. Abgesehen davon bot der Handheld aber eine sehr gute Verarbeitung, eine tolle Grafik und jede Menge Spielspaß. Für 250 Euro erhielten Kunden damals das Beste, was der mobile Gaming-Markt zu bieten hatte. Für Nintendo sprachen neben dem geringeren Anschaffungspreis (150 Euro für einen Nintendo DS) die Exklusivtitel, die sich bis heute einer riesigen Anhängerschaft erfreuen.

Trotz der steigenden Popularität von Smartphones konnte sich die PSP gut verkaufen. Sony brachte über die Jahre mehrere überarbeitete Versionen der PSP heraus bis sie im Jahr 2012 von der PS Vita abgelöst wurde. Nach mäßigen Verkaufszahlen dieser stellte Sony die Produktion der PS Vita im März 2019 ein und verkündete, keinen Nachfolger für die Konsole zu planen.

In der Kategorie „Im Test vor 15 Jahren“ wirft die Redaktion seit Juli 2017 jeden Samstag einen Blick in das Test-Archiv. Die letzten 20 Artikel, die in dieser Reihe erschienen sind, führen wir nachfolgend auf:

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