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C:\B_retro\Ausgabe_55\: Der WDR Computerclub

Sven Bauduin
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C:\B_retro\Ausgabe_55\: Der WDR Computerclub
Bild: WDR | gemeinfrei

tl;dr: Der WDR Computerclub im Westdeutschen Rundfunk (WDR) war von 1983 bis 2003 eine der ersten deutschen Fernsehsendungen, die Computer und Technik sowie später auch das Internet zum Thema hatte. Die beiden Moderatoren Wolfgang Back und Wolfgang Rudolph gelten heute als die Pioniere des Computerjournalismus.

Jeden Sonntag wirft diese Serie einen unterhaltsamen Blick zurück auf drei Jahrzehnte voller bewegter Geschichten und interessanten Entwicklungen der Computerszene. Mythen, Meilensteine und Meisterwerke: C:\B_retro\.

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Der WDR Computerclub

Als Nachfolger der ab 1981 unter dem Titel „eff-eff“ ausgestrahlten Fernsehsendung, brachte es der WDR Computerclub mit den Moderatoren Wolfgang Back sowie Wolfgang Rudolph zwischen 1983 und 2003 auf insgesamt 400 Sendungen im Westdeutschen Rundfunk und wurde später als Computer:Club² – heute CC2.tv – weitergeführt.

Neben den aktuellen Entwicklungen der Computerszene hatte der Computerclub auch immer kuriose Selbstbauprojekte und Basteleien zum Thema und begleitete in seinen 30 bis 45 minütigen Episoden und Sondersendungen – zur CeBIT oder der Funkausstellung – den Siegeszug des Heimcomputers und IBM-PCs für Privatanwender.

Auf besonderen Wunsch der Retro-Community aus dem ComputerBase-Subforum, der „Retro-Ecke“, erhält der WDR Computerclub nun seinen verdienten Platz in Ausgabe 55 von C:\B_retro\.

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Die Anfänge (1983 – 1989)

Im Januar 1983 legten der am 5. Dezember 2019 verstorbene Wolfgang Back, Wolfgang Rudolph und Ulrich Rohde, Chefredakteur der zwischen Januar 1981 und Oktober 1986 monatlich erscheinenden deutschsprachigen Computerzeitschrift mc, den Grundstein für insgesamt 400 Episoden und gingen mit dem WDR Computerclub auf Sendung.

In den Anfangszeiten standen vor allem Heimcomputer wie der Commodore Max, der in Deutschland und den USA unter dem Namen Commodore VC 10 vermarktet wurde, der legendäre Commodore 64 (alias der „Brotkasten“) oder der Sinclair ZX81 sowie der interaktiver Onlinedienst Bildschirmtext (BTX) im Zentrum der Bemühungen.

Da das Computerclub-Archiv („Archibald“) nicht mehr verfügbar ist, hat Wolfgang Rudolph, der heute mit CC2.tv – dem geistigen Nachfolger des WDR Computerclubs – noch immer auf YouTube aktiv ist, am 11. Juni 2018 eine Sommer-Sondersendung unter dem Titel „WDR Computerclub, wie alles anfing“ veröffentlicht und blickt noch einmal auf die Anfänge der Fernsehsendung sowie der Computerszene in Deutschland zurück.

Die darauf folgende Epoche zwischen dem Ende der 1980er und dem Beginn der 2000er sind gut dokumentiert und beleuchten in erster Linie den Wechsel hin zum IBM-PC, den Beginn der Windows-Ära und die Entstehungsgeschichte des Internets.

Auch der Einzug von Multimedia in den Computer, die Anfänge der noch in den Kinderschuhen steckenden mobilen Kommunikation und sogar Smart Home wurden bereits früh thematisiert und sind noch heute aktuell.

Die Hochphase (1990 – 1999)

Zwischen 1990 und 1999 erlebte der Personal Computer einen echten Boom und auch „die zwei Rudolphs“, wie die beiden Moderatoren des WDR Computerclubs von Fans der Sendung liebevoll genannt wurden, begleiteten diese Entwicklung in all ihren Facetten.

In den archivierten Videos sehr gut zu erkennen sind die über Videodat, einem 1986 von Michael Wiegand für den Computerclub entwickelten Zusatzdienst, ausgestrahlten Zusatzinformationen, die auch Mitte der 1990er noch immer mit jeder Sendung ausgeliefert wurden.

Die Sendung vom November 1993, die der auf Retro-Inhalte spezialisierte YouTube-Kanal von janbras freundlicherweise für die Nachwelt archiviert hat, hatte diverse Multimedia-Anwendungen, Soundkarten und die ersten Energiesparfunktionen des PCs zum Thema.

Eine weitere interessante Sendung wurde im Oktober 1994 ausgestrahlt und behandelte die ersten Internetdienste wie CompuServe, der damals 2,2 Millionen Nutzer weltweit zählte, den Zugriff auf das Internet mit den damals üblichen 14,4 kbit/s „schnellen“ Modems, das Betriebssystem OS/2 sowie ein Spezial zum Atari ST, der seine seinerzeit deutlich überlegenen Multimediafähigkeiten mit der Audiosoftware von Steinberg demonstrierte.

Neben einem Farb-Laserdrucker für 15.000 Mark und einem der ersten Laptops mit CD-ROM-Laufwerk, war auch die Preisgestaltung für die Nutzung des Internets ein Thema. Für 27 Mark konnten Anwender das Internet damals für 3 Stunden nutzen, jede weitere Stunde kostete 7 Mark zusätzlich.

Im Jahr darauf konnte der WDR Computerclub auf der CeBIT 1995 eine echte Sensation verkünden, denn die CeBIT-Sondersendung war das erste live im Internet ausgestrahlte Fernsehprogramm Deutschlands und wurde über Multicast Backbone (MBONE), eine 1992 erschienene Erweiterung des normalen Internet Protokolls (IPv4) an alle entsprechend kompatiblen Internetanschlüsse ausgestrahlt.

Im Jahr 1995 existierten allerdings erst rund 100 Internetanschlüsse in Deutschland, die mit dieser Fähigkeit ausgerüstet waren, weshalb sich die Zuschauerzahl in Deutschland noch stark in Grenzen hielt. Die Sendung konnte allerdings weltweit empfangen werden und wurde zeitgleich in Englisch über das Internet übertragen.

Weitere große Themen auf der CeBIT waren Windows 95 und das erste für Privatanwender erhältliche Satelliten-Telefon des US-Unternehmens Iridium Communications, welches das aus insgesamt 77 Satelliten bestehende gleichnamig Kommunikationssystem Iridium nutzte.

Auch Smart Home über das hauseigene Festnetztelefon und Videotelefonie wurden erstmals der Weltöffentlichkeit präsentiert und im WDR Computerclub demonstriert.

Der YouTube-Kanal von Norman Kolb sicherte zudem eine Sendung aus dem Jahre 2002, die sich unter dem Motto „Spiele“ der Sony PlayStation 2, dem Nintendo Game Cube und er ersten Xbox von Microsoft widmet.

Neben Spielkonsolen und entsprechender Peripherie waren die ersten DVD-Brenner, TFT-Monitore und der neue auf MPEG-4 basierende Videocodec DivX 5.0 Thema der Sendung, die als erste deutschen Fernsehsendung überhaupt im neugeschaffenen Format „WDR Computerclub Online“ als Stream im Internet ausgestrahlt wurde.

Im neuen Format war der Computerclub auch jederzeit „On Demand“ über das Internet abrufbar – auch hier war der WDR Computerclub ein echter Vorreiter.

Doch Anfang des neuen Jahrtausends ging die Ära der ursprünglichen Computerclubs auch langsam dem Ende entgegen.

Ende und Neuanfang (2003)

Nachdem sich die Moderatoren und Macher des WDR Computerclubs mit dem Westdeutschen Rundfunk nicht über eine Fortsetzung des Formates einigen konnten und keinen Konsens für ein Nachfolgeformat fanden, wurde die Sendung mit der 400. und somit letzten Episode eingestellt.

Die letzte Sendung wurde am 22. Februar 2003 im WDR ausgestrahlt und behandelte noch einmal zahlreiche der wichtigsten Themen aus über zwei Jahrzehnten WDR Computerclub. Zu diesem Anlass hatten Wolfgang Back und Wolfgang Rudolph zahlreiche interessante Gäste und Wegbegleiter eingeladen und sprachen mit ihnen über die Entwicklung der Computerszene.

Nach der Ausstrahlung der letzten Sendung gab es unter anderem zahlreiche Online-Petitionen an die Verantwortlichen des WDR mit der Bitte um Erhaltung der Sendung. Doch die beiden Moderatoren sollten später den Nachfolger Computer:Club² auf eigene Faust realisieren.

Immer wieder werde ich gefragt, warum der WDR-Computerclub eingestellt wurde. Um es auf einen Punkt zu bringen, so ganz genau weiß ich das selbst nicht!

Wolfgang Rudolph

Am 24. Juli 2006 stellten Wolfgang Back und Wolfgang Rudolph die erste Ausgabe des Computer:Club² (kurz CC2) ins Netz.

Die rund 30-minütige, professionell produzierte, frei im Internet erhältliche Audiosendung (Podcast) der beiden Moderatoren zu den Themen Computer und Technik wurde rund 150.000 Mal heruntergeladen.

Themen der ersten Sendung waren DSL, VPN, Smartphones und UMTS sowie der Mozilla Firefox in der Version 2. Am 24. Juli 2007 wurde der Computer:Club² aufgrund der großen Fangemeinde und der anhaltend hohen Downloadzahlen erstmals über NRW.TV als Fernsehsendung ausgestrahlt und zeitgleich als Stream im Internet verfügbar gemacht.

Mit Gästen von Alcatel, Arcor und dem Branchenverband BITKOM e.V. diskutierten die beiden Moderatoren über das Thema Next Generation Network (NGN).

Noch bis Mitte 2016 produzierten die beiden Moderatoren insgesamt 187 Sendungen von CC2.tv, bevor Wolfgang Back zum 13. Dezember 2016 ankündigte, die gemeinsame Produktion mit Wolfgang Rudolph zu beenden.

Seither führt Wolfgang Rudolph sowohl die Videosendung als auch die Audiosendung in alleiniger Verantwortung unter dem Namen CC2.tv fort und ist noch heute mit seinem eigenen Format auf YouTube zu sehen. Mit über 100.000 Abonnenten hat sich der Computerclub bis heute eine treue Fangemeinde erhalten können.

In der aktuellen Sendung stellt Wolfgang Rudolph die EKG- und Blutdruckmessung der Asus Vivo Watch BP vor.

Ihren Platz in der Geschichte des deutschen Fernsehens sowie der Computerszene, haben der WDR Computerclub und „die beiden Wolfgangs“ sicher und gelten zu Recht als Pioniere des Computerjournalismus.

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