Elektronische Behördenpost: Deutsche Telekom steigt aus gescheiterter De-Mail aus

Sven Bauduin
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Elektronische Behördenpost: Deutsche Telekom steigt aus gescheiterter De-Mail aus
Bild: Pixabay

Die elektronischen Behördenpost De-Mail, die auf dem zum 28. April 2011 verabschiedeten De-Mail-Gesetz fußt und Bundesbürgern eine sichere, vertrauliche und nachweisbare Kommunikation über das Internet ermöglichen sollte, ist zumindest bei der Deutschen Telekom gescheitert und wird mit riesigen Verlusten eingestellt.

Telekom zieht bei De-Mail den Stecker

Wie der Spiegel berichtet, steigt das in Bonn beheimatete Telekommunikationsunternehmen nach mehr als zehn Jahren „und Hunderten Millionen Euro Verlust“ aus dem vormals noch so hoch ambitionierten Projekt De-Mail aus, an dem neben der Telekom Deutschland GmbH auch dessen Tochterunternehmen T-Systems International GmbH, die 1&1 De-Mail GmbH, die den Dienst für GMX und Web.de realisiert, und Mentana-Claimsoft beteiligt sind.

Alle beteiligten Unternehmen wurden durch das BSI als Dienstanbieter für nachweisbare Kommunikation per De-Mail akkreditiert und traten ab 2012 nach und nach ihren Dienst an.

Die Deutsche Telekom steigt aus dem Projekt De-Mail aus
Die Deutsche Telekom steigt aus dem Projekt De-Mail aus (Bild: DE-MAIL.info)

Die Deutsche Telekom habe sich „strategisch entschieden, den De-Mail-Dienst aufgrund fehlender Wirtschaftlichkeit nur noch bis Ende August 2022 anzubieten“, so der Spiegel weiter. Dies gehe aus Kündigungsschreiben hervor, die dem Spiegel vorliegen und an Behörden und Geschäftskunden versendet wurden.

De-Mail konnte sich nie durchsetzen

Die angepriesenen Vorteile der De-Mail konnten zu guter Letzt weder Behörden noch Privat- und Geschäftskunden in großer Zahl zum Umstieg auf die „sichere“ elektronische Behördenpost bewegen.

  • De-Mails sind auf dem Transportweg immer verschlüsselt und werden verschlüsselt abgelegt. Ein Mitlesen oder Verändern einer De-Mail ist nicht möglich.
  • Neben der Standard-Transportverschlüsselung können De-Mails optional auch Ende-zu-Ende-verschlüsselt werden. Diese Möglichkeit, besonders vertrauliche Dokumente zusätzlich zu schützen, wurde von den De-Mail-Anbietern so handhabbar gestaltet, dass sie seitdem auch von weniger versierten Anwendern genutzt werden kann.
  • Nur Nutzer mit einer überprüften Identität können De-Mails versenden und empfangen. Denn jeder Nutzer muss sich vor Eröffnung seines De-Mail-Kontos, das nur von ihm genutzt werden kann, bei dem Anbieter seiner Wahl ausweisen. Bei De-Mail kann sich daher niemand hinter einer falschen Identität verstecken.
  • De-Mail bietet eine gesetzlich abgesicherte Zustellung: Versand, Empfang und Inhalte von De-Mails können rechtswirksam nachgewiesen werden.
Das kann De-Mail – DE-MAIL.info

Das Vorhaben sichere Kommunikation über De-Mail geht auf eine Initiative des Bundesbeauftragen der Bundesregierung für Informationstechnik und des Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zurück. Alle Informationen zum Dienst können der offiziellen De-Mail-Broschüre (PDF) entnommen werden.

„Bullshit made in Germany“

Der De-Mail-Dienst stand von Beginn an in der Kritik und wurde nie wirklich angenommen. Der Chaos Computer Club (CCC) bezeichnete den Dienst bereits im Jahr 2013 als „Bullshit made in Germany“ und meldete Zweifel an der Sicherheit und der Umsetzung in Sachen Datenschutz an.

Auch Telekom-Chef Timotheus Höttges bezeichnete die De-Mail bereits im Februar dieses Jahres als „toten Gaul“. Der Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom AG sagte seinerzeit, es habe „nie jemanden gegeben, der dieses Produkt genutzt hat“.

Spätestens im September sollen auch die Privatkunden vom bevorstehenden Ende des Angebots unterrichtet werden und unter Umständen bei GMX ein neues Zuhause für ihre De-Mail finden, so der Spiegel.