Vorratsdaten­speicherung: Alte Bundesregierung wollte umfassendere Datenerfassung

Andreas Frischholz
88 Kommentare
Vorratsdaten­speicherung: Alte Bundesregierung wollte umfassendere Datenerfassung
Bild: Blondinrikard Fröberg | CC BY 2.0

Auf EU-Ebene laufen nach wie vor Gespräche, um die Vorratsdatenspeicherung wieder einzuführen. Die alte Bundesregierung von CDU/CSU und SPD unterstützt die Pläne und fordert in einem aktuellen Positionspapier eine umfassendere Datenerfassung.

Das berichtet der Spiegel, dem Magazin liegt das als geheim eingestufte Papier vor. Das fasst die vorläufige Position eines Mitgliedsstaates zusammen und ist so etwas wie die Grundlage für die weiteren Diskussionen auf EU-Ebene, die sich intensiviert haben, seitdem die EU-Kommission im Sommer neue Vorschläge ins Spiel brachte.

Vorratsdatenspeicherung für E-Mails und IP-Adressen

Demnach setzt sich die derzeit nur noch geschäftsführende Bundesregierung dafür ein, die Vorratsdatenspeicherung europaweit wieder einzuführen. Zudem sollen nicht mehr nur Verbindungs- und Verkehrsdaten bei der Telekommunikation erfassten werden, sondern auch die entsprechenden Daten bei Videotelefonie, Videokonferenzen sowie Messenger-Diensten wie WhatsApp.

Ausgeweitet werden soll die Vorratsdatenspeicherung zusätzlich auf E-Mails sowie IP-Adressen und weitere Daten, um Nutzer im Internet identifizieren zu können. So heißt es laut Spiegel-Bericht in dem Schreiben: „Um die Identifizierung von Internetnutzern zu ermöglichen, ist es erforderlich, nicht nur die IP-Adresse, sondern auch den Zeitstempel und, wo einschlägig, die zugewiesene Portnummer zu speichern.

Zugelassen werden soll die Vorratsdatenspeicherung sowie die Abfrage der Daten demnach auch flächendeckend zum „Schutz der nationalen Sicherheit“ und nicht nur für bestimmte Personenkreise und Regionen, so wie es das EuGH-Urteil aus dem Jahr 2016 vorsieht. In den Reihen der alten Großen Koalition hoffte man laut dem Spiegel-Bericht, dass der EuGH die Rechtsprechung nochmals aufweicht. Dafür setzt sich auch die EU-Kommission ein. Diese will etwa Daten sowohl an Orten mit „überdurchschnittlicher Kriminalität“ als auch in „wohlhabenden Wohngebieten“ sowie an Orten wie Schulen, Einkaufszentren oder bei Demonstrationsteilnehmern speichern.

Neue Position mit neuer Koalition zu erwarten

Die Gespräche auf EU-Ebene laufen noch. Wann es zu einem Ergebnis kommt, ist derzeit noch nicht bekannt. Interessant wird es zudem, wie sich eine potentielle Ampel-Koalition auswirkt. Die SPD hat die bisherigen Forderungen mitgetragen. Mit Grünen und FDP würden aber zwei Parteien in die Bundesregierung einziehen, die die Vorratsdatenspeicherung dezidiert ablehnen. So heißt es bereits in dem Papier nach den Sondierungen, die Parteien wollten die Bürgerrechte stärken. Geplant ist eine „gesamtheitliche Betrachtung“ der staatlichen Eingriffsbefugnisse sowie eine Generalrevision der Sicherheitsarchitektur.

So könnten dann wieder Alternativen zur Vorratsdatenspeicherung wie das Quick-Freeze-Verfahren ins Gespräch kommen, bei denen das Speichern von Daten erst angeordnet wird, wenn eine Straftat geschieht. Die Große Koalition hat solche Verfahren bislang aber stets abgelehnt.

In Deutschland existiert das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung derzeit praktisch nur auf dem Papier. Die Regelung war von Anfang an ausgesetzt. Nach einem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts muss nun der EuGH prüfen, ob das deutsche Gesetz mit dem EU-Recht vereinbar ist. Experten gehen davon aus, dass dies nicht der Fall ist.