Cherry MX ULP Tactile: Alltagserfahrungen und Fazit

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Update Max Doll
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Lautstärke: leiser, aber weiterhin nicht leise

Jetzt ohne Klickgeräusch“ beschreibt die Tactile-Version der MX-Taster deshalb gut. Sagen lässt sich trotzdem mehr zu ihnen. Zur Lautstärke etwa: Den hörbaren Klick zu streichen, bedeutet nicht, einen leisen Taster zu erhalten. Tactile klacken weiterhin leicht, verursacht durch die Feder und die metallischen Flügel beim unvermeidlichen Anschlag. Auch wenn am Druckpunkt selbst keinerlei Geräusch erzeugt wird, bleibt zumindest ein „Klackgeräusch“. Dabei entsteht die Illusion eines dezenten akustischen Feedbacks.

Cherry MS ULT Tactile (XMG Neo 17 22)

Taster: präziser und kontrollierter

Unvermeidlich wird das harte Anschlagen durch eine Mischung aus kurzem Hub und Abstimmung. Der Druckpunkt besitzt einen recht hohen Widerstand und liegt am oberen Ende der Wegstrecke; der Taster lässt sich nicht eindrücken, ohne gleichzeitig den Punkt des größten Widerstandes überwinden zu müssen. Weil der Widerstand dann stark abfällt und der Hubweg extrem kurz ist, kann der Kraftüberschuss weder abgebaut noch moderiert werden. Dafür heißt Eindrücken auch immer sofortiges Auslösen, ein Unterschied existiert in der Wahrnehmung nicht. Diese Eigenheit sorgt für ein Gefühl von „Präzision“ und „Kontrolle“.

Rubberdome, ULP-Taster? Der Unterschied ist von außen nicht zu erkennen
Rubberdome, ULP-Taster? Der Unterschied ist von außen nicht zu erkennen

Im Einsatz wirken ULP-Switches fast „hakelig“, denn das ineinandergleitende Betätigen von Tasten, das mechanische Taster sonst ermöglichen, wird durch die Bauweise und Charakteristik erschwert. Bei ULP muss jede Taste im Grunde nacheinander gedrückt werden. „Schlecht“ ist dafür aber der falsche Maßstab, „anders“ ein korrekter. Schließlich lassen sich Notebook-Tasten schnell auslösen, das Gehirn verbucht den Eingabevorgang zügiger als „abgeschlossen“. Gerade zum Arbeiten macht das Spaß, zudem verringert sich durch die klare Rückmeldung die Frequenz von Buchstabendrehern.

Einsatzzweck: zum Schreiben am besten

Das gleiche Gefühl von Präzision entsteht in Spielen in unterschiedlicher Ausprägung. In Shootern erwecken die MX ULP leicht den Eindruck, als würde sich der Spieler ungeschickt bewegen oder herumstaksen, weil das Genre mehrfache gleichzeitige oder sich schnell ablösende Tasteneingaben nahelegt. Gleichzeitig erzeugen die Taster aufgrund des klaren Feedbacks den Eindruck, durch glasklar-präzise Eingaben jederzeit die absolute Kontrolle über das Geschehen zu besitzen, was auch in schnellen Shootern angenehm sein kann. In Strategiespielen ergeben die Taster im persönlichen Geschmacksspektrum eher Sinn, weil Spieler und Geschehen distanzierter bleiben. Das akustische Klacken bleibt aber gut hörbar. In einem Laptop hat das eine ungeordnete Bedeutung: Die Geräteklasse legt ohnehin die Verwendung von Kopfhörern nahe. Ein Urteil bleibt jedoch klar eine Frage persönlicher Vorlieben.

Einen Direktvergleich mit normalen Tasten erlaubt das XMG-Laptop. Nummernblock und F-Tasten sind aufgrund ihrer Größe und aus Kostengründen mit Rubberdome-Technik ausgestattet. Das zum Testen glückliche, ansonsten unstimmige Nebeneinander bestätigt die Einschätzung: In Spielen sind Rubberdome-Tastaturen im Laptop eine weiterhin valide Alternative. Sie mögen sich nicht in gleichem Maße präzise anfühlen, erlauben aber eine gefühlt flüssigere Betätigung, die ebenfalls angenehm, vielleicht sogar etwas komfortabler ist. Es ist eine fast banale Erkenntnis: Spielen kann man mit jedem Taster. Wie komfortabel es wird, hängt vom persönlichen Empfinden ab, das die Taster zumindest bei reinem Gaming-Einsatz erneut als Sidegrade einordnet.

Jetzt in mehr Laptops, bald im Desktop

Dieses Sidegrade macht sich 2022 langsam auf den Weg in den Markt. Die Phase des exklusiven Vertriebs mit Partner Alienware scheint nach gut einem Jahr beendet. Tactile-Switches werden aktuell in High-End-Notebooks von Corsair, MSI und im Schenker XMG NEO 17 (M22) angeboten, mit dem die neuen Taster getestet wurden. Das Flaggschiff der XMG-Serie soll das technisch Machbare ausloten. In den Datenblättern finden sich ein Ryzen 9 6900HX und maximal eine RTX 3080 Ti, die zusammen 175 Watt TDP-Limit zur Verfügung gestellt bekommen. Benötigt wird die Leistung für ein 240 Hz starkes IPS-Display, das mit 2.560 × 1.600 Pixeln auflöst. In einem vergleichbaren Segment bewegen sich die Konkurrenzmodelle.

Das XMG Neo 17 (22) wird mit ULP Tactile ausgestattet
Das XMG Neo 17 (22) wird mit ULP Tactile ausgestattet
Nummernblock und F-Tasten bleiben bei Scissor-Technik
Nummernblock und F-Tasten bleiben bei Scissor-Technik
Finale Tastenbeschriftung des Neo-17-Notebooks
Finale Tastenbeschriftung des Neo-17-Notebooks (Bild: Schenker/XMG)

Mechanische Notebook-Taster bleiben damit eine teure Angelegenheit, die dem Mainstream noch vorenthalten bleibt. Das wird sich allerdings ändern, denn Cherry nimmt in der Ankündigung gleich mehrfach Bezug auf die Möglichkeiten der Taster in Desktop-Eingabegeräten. Sie kommen, bestätigte das Unternehmen auf Nachfrage, „definitiv“.

Fazit

Ohne den lauten Klick sind die neuen Varianten der flachen Taster tatsächlich etwas angenehmer. Den sehr stark betonten Druckpunkt behalten sie, insofern kann sich auch das Urteil nur in Nuancen ändern. MX Ultra Low Profile bleiben eine tolle Alternative. Sie zum Spielen als Pflichtupgrade im Luxusbereich zu bezeichnen, fällt weiterhin schwer. Generell gehen die Taster in eine interessante Richtung, es fehlen nur noch lineare Modelle.

Aktuell bleibt der Eindruck bestehen, dass die ULP-Serie in Desktop-Tastaturen und Office-Laptops des höheren Preissegments besser aufgehoben wäre als in reinen Gaming-Maschinen. Dort würden sie auch besser zur bisherigen Werbestrategie passen. Cherry und Partner vermarkten bislang vorrangig lineare, früh auslösende Taster als Spiele(r)-Werkzeug. Der Bogen zu „Content-Creators“ und Home-Office-Schaffenden wirkt bemüht, auch wenn der hybride Einsatz am Ende genau das Szenario ist, in dem die Taster im Allgemeinen am meisten Sinn ergeben.

Das XMG Neo 17 (M22) mit Cherry MX Ultra Low Profile Tactile
Das XMG Neo 17 (M22) mit Cherry MX Ultra Low Profile Tactile

Die Taster zu bekommen, bleibt weiterhin schwierig. Mit nun einer Handvoll extrem teurer Notebooks ist Cherry kaum besser aufgestellt als noch vor einem Jahr. Der Weg zu mehr Marktpräsenz zeichnet sich jetzt aber endlich am Horizont ab. Gerade im Desktop-Bereich, wo immer mehr flache mechanische Tastaturen in den Handel gelangen, hat der ULP Tactile eine Lücke. Extrem flache Arbeitsgeräte, quasi ein mechanisches Magic Keyboard, warten im Grunde um die Ecke. Die nächsten Monate versprechen spannende Neuerungen.

ComputerBase hat das XMG NEO 17 (M22) von Schenker und eine Handvoll Ultra-Low-Profile-Taster von Cherry leihweise zum Testen erhalten. Eine Einflussnahme der Hersteller auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht. Es gab kein NDA.

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