Rottwerk: Einziger deutscher Silizium-Hersteller steht vor Strompreis-Kollaps

Volker Rißka
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Rottwerk: Einziger deutscher Silizium-Hersteller steht vor Strompreis-Kollaps
Bild: Rottwerk

15.000 Kilowattstunden Strom für eine Tonne metallurgisches Silizium – das rechnet sich aktuell in Deutschland nicht. Das einzige „Rottwerk“ in Bayern kämpft gegen den Kollaps, kann unter den hohen Strompreisen aktuell jedoch nur noch einen seiner Öfen beschichten. Und das, obwohl die Nachfrage stetig steigt.

Die Nachfrage nach Silizium steigt überall in der Welt, Deutschland importiert nahezu seinen gesamten Bestand – mit einer kleinen Ausnahme: das Rottwerk. Die RW silicium GmbH in Pocking, südlich von Passau in Niederbayern gelegen, ist Deutschlands einziger Rohsiliziumproduzent. Das dort produzierte metallurgische Silizium ist rein genug, um für metallverarbeitende Prozesse genutzt zu werden und kann für die Verwendung in Halbleitern und Solarzellen weiter purifiziert werden. Doch der Standort kämpft bereits seit dem Jahr 2020 gegen immer größere Probleme, die allen voran am Strompreis liegen. Denn ohne Strom geht bei der Produktion nichts, der Preis dafür steigt seit Ende 2020 stetig an, zunächst im Rahmen, seit Beginn des Ukraine-Kriegs jedoch extrem.

Lichtbogen-Öfen als Stromfresser

Seit Oktober 2022 und auch noch zu Beginn des Jahres 2023 standen schon einmal alle Lichtbogen-Öfen still, nun wird immerhin einer wieder mit Strom befeuert, um Silizium bei 1.600 Grad mit einem Reinheitsgrad von 99,5 Prozent zu fertigen. Eine Vollproduktion aller vier Öfen ist aktuell unrentabel, China aber auch Frankreich subventionieren viel stärker.

Strom nach Frankreich exportiert

Wie der Geschäftsführer in einem Interview mit einem lokalen Fernsehstudio erklärte, sind die Regelungen am Strommarkt für Unternehmen in Deutschland zum Teil kurios oder „skandalös“, wie sie der Chef des Rottwerks benennt. Beispiel Anfang April: Deutsche Unternehmen mussten Strom extrem teuer einkaufen, weil in Frankreich gestreikt wurde. Strom aus Deutschland wurde zu dieser Zeit nach Frankreich exportiert, da dort nicht genügend Atomkraftwerke zur Versorgungssicherheit bereitstanden. In Frankreich wird die Industrie aber von den hohen Strompreisen ausgenommen und subventioniert, die französische Konkurrenz zahlt ohnehin schon nur ein Drittel des Strompreises. Der deutsche Hersteller schaut spätestens dann völlig in die Röhre, und das, obwohl Deutschland größter Verbraucher Europas ist.

Der größte Abnehmer vom Rottwerk war bisher Wacker. Der deutsche Chemie-Riese ist auf diese Produkte für seine weitere Produktion angewiesen, stellte sich im vergangenen Jahr aber auch selbst zukunftsfähiger in dem Segment auf. Dabei setzt man aber nicht auf Deutschland, stattdessen wird der norwegische Standort Holla ausgebaut. Strom ist in Norwegen günstiger, gleichzeitig schloss Wacker mit lokalen Anbietern Verträge, die die Wirtschaftlichkeit sicherstellen sollen.

Ein Industriestrom als Lösung gefordert

Am Ende fordern nicht nur die Beteiligten, sondern auch lokale Politiker endlich die Einführung eines „Industriestroms“. Dieser soll Sicherheit und Planbarkeit geben, ein Argument, das auch Intel für den möglichen Standort in Magdeburg zuletzt nannte. Die hohen Stromkosten seien ein extremes Hindernis für die Wettbewerbsfähigkeit der Standorte in Deutschland, hatte Intel erklärt und ist damit ganz offensichtlich nicht allein.