Digitale-Dienste-Gesetz: Ministerien einigen sich bei Kompetenz-Verteilung

Michael Schäfer
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Digitale-Dienste-Gesetz: Ministerien einigen sich bei Kompetenz-Verteilung
Bild: Geralt | gemeinfrei

Nach langen und zähen Verhandlungen haben sich die verschiedenen Ministerien beim Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) auf die jeweiligen Zuständigkeiten einigen können. Damit kann der Digital Services Act (DSA) nun auch in Deutschland in Kraft treten.

Dabei wurde noch bis zuletzt über die diversen Positionen debattiert und verhandelt. Eigentlich sollte das Vorhaben bereits im Sommer unter Dach und Fach sein, damit das DDG gleichzeitig mit dem von der Europäischen Union verabschiedeten DSA seine Arbeit aufnehmen kann, da sich beide gegenseitig bedingen: Während der Digital Services Act unter der Aufsicht der Europäischen Union steht und dabei vor allem die großen international agierenden Konzerne im Blick hat, konzentriert sich das Digitale-Dienste-Gesetz eher auf die im Verhältnis kleineren nationalen Anbieter. Einer der Kernpunkte der Verhandlungen war die von der EU geforderte Unabhängigkeit des neuen Gesetzes von politischer Einflussnahme. Daher wurde wie erwartet die Bundesnetzagentur mit der Koordination der neuen Vorgaben betraut, bei der dafür eine neue Stelle geschaffen wird.

Befugnisse werden aufgeteilt

Die BNetzA wird die gestellten Aufgaben aber nicht alleine wahrnehmen. Einem Bericht von Heise zufolge haben sich die Ministerien in Paragraph 12 DDG darauf geeinigt, dass für den Schutz Minderjähriger die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz die Zuständigkeit erhalten soll. Ausgenommen davon ist allerdings der Jugendmedienschutz, für den weiterhin die Länder und damit die dortigen Behörden verantwortlich sind. Aber auch hier muss die von der EU vorgegebene Unabhängigkeit von der Politik umgesetzt werden.

Auch im Bereich des Datenschutzes ist eine Arbeitsteilung vorgesehen. Die entsprechenden Datenschutzvorschriften sollen durch den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit durchgesetzt werden. Die Unabhängigkeit ist hierbei bereits durch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) gewährleistet. Für strafrechtlich relevante Vorgänge wird das Bundeskriminalamt als zuständige Behörde fungieren.

Zuständigkeiten und Mehraufwand

Eine der größten Herausforderungen des neuen Gesetzes dürfte die Kooperation der verschiedenen Behörden darstellen. Das sieht auch Julian Jaursch von der Stiftung Neue Verantwortung so: „Daran wird sich das DDG messen lassen müssen: Funktioniert die behördliche Zusammenarbeit so gut, dass Plattformnutzende mit dem DSA besser gestellt sein als ohne?“, so Jaursch. Zumindest dürfte es noch einige Zeit dauern, bis die einzelnen Stellen ihre Zuständigkeiten aufeinander abgestimmt haben. Der Aufwand dürfe laut Jaursch nicht unterschätzt werden, sowohl personell wie auch finanziell: Alleine beim Bundeskriminalamt, das lediglich einen kleinen Teil des Gesetzes übernehmen soll, wird durch den DSA mit einem jährlichen Mehraufwand von 44 Millionen Euro gerechnet.

Die Zeit drängt

Nach der jetzt gefundenen Einigung hofft die Bundesregierung darauf, dass das Gesetzesvorhaben am 1. April 2024 seinen Dienst aufnehmen kann – fast ein Jahr später als geplant. Sicher ist dies noch nicht – das letzte Wort in der Angelegenheit haben Bundestag und Bundesrat. Sollten diese in ihren Verhandlungen zu keiner Übereinkunft kommen, drohen EU-weite Probleme: Um die großen Anbieter kontrollieren zu können, bedarf es eines Vertreters aus jedem EU-Mitgliedstaat im DSA-Ausschuss. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, bleibt der Ausschuss handlungsunfähig und kann nicht gegen Verstöße des DSA vorgehen.

Wirtschaft fordert Klarheit, Kritik von Verbraucherschützern

Aus der Wirtschaft kommt verhaltene Kritik, allerdings in eine andere Richtung, als zunächst vermutet. So meint Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder gegenüber Heise, dass die Verabschiedung des Gesetzes längst überfällig sei – die Wirtschaft brauche hier Klarheit. Die Grünen-Politikerin Tabea Rößner, Vorsitzende des Ausschusses für Digitales, kündigt an, dass sich der Ausschuss gleich im neuen Jahr mit dem Gesetz in Form einer Expertenanhörung im Parlament befassen wird. Lina Ehrig vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) mahnt hingegen an, dass die Umsetzung des neuen Gesetzes nicht zu Lasten der Schlagkraft der DSA-Anwendung gehen dürfe. Für sie sei es unter anderem nicht nachvollziehbar, dass für einen Teil der Regelungen die Landesmedienanstalten zuständig sein sollen: „Dadurch wird die Durchsetzung des ohnehin komplexen Digital Services Act unnötig auf mehrere Behörden verteilt und so verkompliziert“, so Ehrig.

Dem widersprechen die Medienanstalten: Laut Tobias Schmid, Direktor der Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen, haben die Medienanstalten „in den vergangenen Monaten mehrfach unter Beweis gestellt, dass sie es sind, die die grenzüberschreitende Rechtsdurchsetzung im Netz schon heute vorantreiben.

Status des Bundesamtes für Justiz noch nicht klar

Ungeklärt ist bis dato, welche Rolle das Bundesamt für Justiz im neuen Gesetz übernehmen wird. Dieses war bislang für die Umsetzung des Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) verantwortlich, welches nun durch das höherrangige EU-Gesetz abgelöst wird. Hier ist eine finale Einigung noch nicht in Sicht.