Forderungen nach einem Systemwechsel – kritisch hinterfragt

@keskhau
du vergisst das die Löhne die Bezahlt werden durch das Grundeinkommen niedriger ausfallen könnten. Darum besteht ja auch der Anreiz für wenig Lohn arbeiten zu gehen weil man ja durch das Grundeinkommen einen sicheren Sockel hat der nicht angerechnet wird. Oder aber man könnte, bei gleichem Stundenlohn, es sich leisten weniger zu arbeiten was wiederrum Arbeitsplätze schaffen würde.

@Odium
mit "Druck" meine ich den derzeitigen Druck Arbeit zu allen Bedingungen annehmen zu müssen ob wohl diese unterbezahlt, ungesund oder gar gefährlich ist, weil einem sonst die wirtschaftliche Grundlage zum Überleben genommen wird.
 
Nein, extasy. Ich habe das berücksichtigt. Für Dich habe ich nachträglich das Wort Grundeinkommen in dem betreffenden Absatz des ersten Beitrags fett markiert.
 
Übrigens sollte man doch mehr Vertrauen in die Leistungsbereitschaft des Menschen stecken. Neoliberale argumentieren doch immer das nur der Drang nach Mehr den Menschen zu mehr Leistung anspornt. Warum also sollte sich nun aufeinmal ein großer Teil der Menschen nur mit einem mickrigen Grundeinkommen zufrieden geben ? Ich meine das die Anzahl der Menschen die das tun sehr gering sein wird da es immer welche gibt die nicht mehr wollen und denen das ausreicht.

In Sachen Krankenvesicherung bin ich übrigens der Meinung das Krankenversorgung zu einem Grundrecht , ähnlich wie die Bildung, erhoben werden sollte und dieses jedermann zur verfügung gestellt werden sollte (ähnlich der Polikliniken in der DDR). Warum leistet man sich ein aufwendiges Krankenkassensystem wo umständlich z.B. ein Arzt oder Krankenhaus eine Leistung abrechnen muss ? Mit der unmenschlichen Konsequenz das der der keine Versicherung hat sterben muss ? Nein, nach meinem Verständniss gehört zu einer modernen Gesellschft die freie Heilfürsorge dazu, so das man sich Krankenkassen sparen kann.
 
Du kannst natürlich die Krankenkassena abschaffen. Aber finanziert werden muss das System trotzdem. Bisher teilen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Kosten. Und für mitversicherte Familienangehörige ist Dein Wunschsystem bereits Realität.

Der Schuss dürfte allerdings nach hinten losgehen, wenn es heißt, dass der Staat schon für alle Kosten aufkommen wird. Dann dürften die Kosten weiter explodieren.

Aber gut, dann zahle ich eben keine Krankenkassenbeiträge mehr, sondern eine Krankensteuer, nicht wahr? Derzeit löuft es so, dass eine Teilzeitkraft (z. B. 15-Stunden-Woche) in die Sozialversicherungen einzahlt. Wenn dann Grundeinkommen die Höhe des bisherigen Nettoverdienstes erreicht, besteht die Gefahr, dass der Job geschmissen wird.

Damit sind wir an der kritischen Stelle angelangt. Jetzt frage ich Dich nämlich, woher das Gesundheitswesen das Geld bekommen soll, das zuvor über Beiträge eingezahlt worden ist.
 
@keskhau
über Steuern die alle bezahlen. Das beitragsfinanzierte Sozialversicherungssystem ist bei schwindenen Beitragszahlern überholt. Gleichzeitig werden durch die hohe Produktivität enorme Werte geschaffen. Anstatt ein beitragsfinanzierttes System währe ein steuerfinanziertes besser und gerechter. Von mir aus auch über Verbrauschssteuern.
 
Ok, dann gibt es also eine Erhöhung der MwSt. oder eine Wertschöpfungsabgabe (PC-Steuer, Maschinensteuer, was auch immer). Aber kriegt man damit die Kurve? Ich erinnere wieder an die nicht kleine Masse der Teilzeitkräfte, Minijobber usw., für die es nicht länger interessant sein muss zu arbeiten. Ich sage damit keineswegs, dass die alle zu Hause bleiben werden. Aber wenn auch nur eine Million Menschen aus dieser Gruppe die Beine hochlegen, bricht bei den Versicherungsbeiträgen (und der Einkommensteuer - etwa in Form der pauschalierten Lohnsteuer) eine Menge weg.

Du argumentierst zwar damit, dass die Leute an sich gar nicht so faul sind. Aber es kostet den Bäckergesellen oder den Postzusteller einfach besonders viel Überweindung, in aller Frühe aufzustehen und jede Partei um 21 Uhr verlassen zu müssen. Die Toilettenfrauen sitzen wahrscheinlich auch lieber vor der Flimmerkiste als ihren Job zu machen.

Aber egal. Es läuft also darauf hinaus, dass z. B. Unternehmen stärker belastet werden. Sie zahlen auf der einen Seite geringere Gehälter und die Beschäftigten zahlen aufgrund dessen weniger Steuern, aber der Staat braucht die Kohle so oder so. Er braucht sogar mehr als vorher, weil er schließlich jedem das Grundeinkommen zusichert.

Und da wüsste ich gern, ob es für einen Konzern trotzdem noch interessant ist, in Deutschland zu sein oder ob da nicht die Gefahr besteht, ins europäische Ausland abzuwandern. Ich habe dazu noch keine Vergleichsrechnungen gesehen. Die Höhe der zusätzlichen Belastungen durch das Grundeinkommen kann man sich ausrechnen, die Einsparungen sind auch noch zu ermitteln. Aber was es volkswirtschaftlich bedeutet, wenn ein Großteil der Angestellten (und Beamten?) aus dem öffentlichen Dienst nach Hause geschickt werden, verrät mir niemand.
 
Weniger Lohn? Das Grundeinkommen wird doch nur dann gewährt, wenn man keine geregelte Arbeit hat.
 
Das "bedingungslose Grundeinkommen" wird ohne Vorliegen einer Bedürftigkeit und unabhängig von sonstigen Umständen gezahlt. Es gilt das Gießkannenprinzip - ganz ohne Bedingungen. Das Gegenteil ist z. B. die heutige Sozialhilfe, die Du nur bei Vorliegen einer Bedürftigkeit bekommst.

In meinem ersten Beitrag (siehe Fettdruck) habe ich "vorgerechnet", dass mit der Einführung des Grundeinkommens die Löhne sinken müssen. Sonst ist das Ganze nicht finanzierbar. Denn es steigt ja nicht das Sozialprodukt. Es wird nur umverteilt.
 
Es ist immer wieder erstaunlich, dass sich Menschen derart an Bezeichnungen orientieren. Ob man es Grundeinkommen nennt oder Freibetrag, de facto erzeugt es die gleiche fiskalische Wirkung. Der einzige Vorteil der negativen Einkommensteuer liegt doch in der Integration der Transferzahlung in die steuerliche Bemessungsgrundlage.
Das vorgeschlagene Bürgergeld ist sicherlich nicht finanzierbar (vgl. 4. Kapitel des Gutachtens des Sachverständigenrats), dennoch lässt sich unser heutiges Steuersystem nahezu vollkommen über das Konzept des Grundeinkommens replizieren. Anreizwirkungen dürfte davon kaum ausgehen.
 
Aber niemand möchte das Grundeinkommen bzw. eine negative Einkommensteuer unter Beibehaltung des jetzigen Steuersystems. In der Diskussion geht es trotzdem meist nur um das eine oder das andere Thema. Dabei sind diese Themen eng miteinander verzahnt. Wenn man sie isoliert betrachtet, ist das Augenwischerei.

Der Sachverständigenrat beziffert das Finanzierungsdefizit des Konzepts von Herrn Althaus (Solidarisches Bürgergeld) auf 230 Mrd. Euro. Das bedingungslose Grundeinkommen würde allerdings seine ursprüngliche Attraktivität einbüßen, wenn man es so modifizierte, dass es finanzierbar wäre.

http://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/download/gutachten/jg07_iv.pdf
 
Zuletzt bearbeitet:
wir leben längst in einer globalisierten welt. die verhältnise hier - und zuerst oder nahezu ausschließlich - diskutieren am ende nur noch die verbliebenen "unterschichten", die auf den staat hier, sein funktionieren und seine umverteilungsleistungen für sie angewisen sind. odr auf einen solchen staat überall auf der welt, wo sie hinkämen. ...

they are fighting their lifelyhood here, yes.

p.


ich war vorgestern noch entlang der hafenpromenade von plama de mallorca spazieren - entlang des sog. "sportboothafens". (nicht beim fischereihafen, wo "abhängig beschäftigte knechte" für netto 3 oder 5 euro die stunde arbeiten. oder deutsche in der vorstadt im callcenter 750 euro brutto für den ganzen monat kriegen - "unzufrieden, aber sie können nicht mehr").


hier also der blick:




man kann die boote überall gut sehen, denke ich. (man sieht eh nur einen kleinen teil). von "krise des kapitalismus" oder "Forderungen nach einem Systemwechsel" konnte ich nix erkennen. auch nicht im ansatz. eher genau das gegenteil: alles stark, prosperierend, florierend.

(man hat hoffentlich meinen sarkasmus erkannt: funktionierende staaten und sozialsysteme sind wichtiger als je zuvor, ganz klar - aber daraus "systemfragen" zu machen, sehe ich genau so kritisch ... .)
.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben