Freispruch für Kachelmann - Reaktionen

Nossi

Captain
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Servus,

Kachelmann ist frei. Er wurde in dubio pro reo freigesprochen; Im Zweifel für den Angeklagten. Ob er schuldig ist oder nicht will ich nicht beurteilen. Wo mir aber die Hutschnurr hochgeht sind die Reaktionen diverser Gruppierungen.

Fangen wir mal an:

Der Kachelmann-Prozess könnte eine "fatale Signalwirkung" entfalten, fürchtet die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes.
Hier stutz ich erstmal. Signalwirkung? Was für eine Signalwirkung?
Keine Bange, bereits im nächsten Satz wird es ziemlich eindeutig, wohin die Reise geht:

Betroffene von sexualisierter Gewalt würden sich in Zukunft noch weniger trauen, Anzeige bei einer Vergewaltigung zu erheben, sagte Geschäftsführerin Christa Stolle. Terre des Femmes ist eine gemeinnützige Menschenrechtsorganisation für Frauen und Mädchen
Indem Kachelmanns Ex-Geliebte mit "betroffenen sexualisierter Gewalt" gleichgestellt wird, wird das Urteil des Gerichts ignoriert und Kachelmann schuldig gesprochen, obwohl es erhebliche Zweifel an seiner Schuld gegeben hat.

Man kann das ganze aber auch noch weiter auslegen:
Ob Kachelmann schuldig ist oder nicht wird zur Nebensache. Wichtig ist, dass man ihn verurteilt um eine - diesmal positive - Signalwirkung für Opfer sexueller Gewalt zu erzielen. Schuldig oder nicht: Diese Organisation will Kachelmann als Bauernopfer sehen.

Versteht mich nicht falsch, ich sympathisiere nicht mit Sexualverbrechern, aber diese Rechtsauffassung verstößt doch ziemlich harsch gegen unseren gesellschaftlichen Konsens.

Stolle kritisierte die Berichterstattung über den Prozess und die Vorverurteilung der Klägerin in Teilen der Öffentlichkeit.
Ich kann mich auch sehr gut an die Vorverurteilungen von Kachelmann und die negative Presse in diesem Zusammenhang erinnern. Aber Objektivität ist von einer Frauenrechtlerin anscheinend zuviel verlangt.

Außerdem werde gewalttätigen Männern nicht das Gefühl vermittelt, dass "übergriffiges Verhalten" gegenüber Frauen verwerflich sei. "Selbst eine moralische Ächtung durch die Öffentlichkeit ist kaum noch vorhanden, wenn sich Prominente für beschuldigte Männer öffentlich einsetzen", so Stolle.
Wurde oben noch Kachelmanns Ex-Geliebte als "Betroffene sexueller Gewalt" bezeichnet, wird Kachelmann hier trotz Urteil mit "gewalttätigen Männern" gleichgestellt. Auch das ist nichts anderes als ein Schuldspruch, der das Urteil des Gerichts ignoriert.
Der zweite Teil gefällt mir aber noch besser: Es gibt keine "moralische Ächtung" wenn sich Priminente für beschuldigte Männer einsetzen. Entschuldigt, aber wann wurde eigentlich in Deutschland die Unschuldsvermutung aufgehoben?

Auch schwingt hier wieder die Forderung mit, an Kachelmann ein Exempel zu statuieren, um abschreckend auf andere potentielle Täter zu wirken.

Auch der Opferhilfeverein Weißer Ring fürchtet negative Folgen des Kachelmann-Prozesses. [...] Dass ein Freispruch nach dem Grundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten" häufig "im Zweifel gegen das Opfer" bedeute, sei vielen Juristen nicht bewusst.
Auch der Weiße Ring hebt die Unschuldsvermutung und Kachelmanns Recht auf einen fairen Prozess lieber auf, als eine vermeintliche Tat ungesühnt zu lassen.

Frauenrechtlerin Alice Schwarzer stellte sich an die Seite von Kachelmanns Ex-Freundin. "Man muss auch Respekt vor dem möglichen Opfer haben", sagte Schwarzer, die den Vergewaltigungsprozess für die "Bild"-Zeitung begleitet hatte. Die Nebenklägerin habe "sehr überzeugend dargelegt, dass sie vielleicht die Wahrheit gesagt habe". Der Prozess habe gezeigt, dass Kachelmann "nicht nur diese Frau gezielt manipuliert hat".
Das Alice Schwarzer dieses Urteil nicht einfach so stehen lassen kann war mir bereits klar, als ich die Schlagzeile gelesen hatte. "Die Nebenklägerin habe sehr überzeugend gesagt, dass sie vielleicht die Wahrheit gesagt habe." Wie soll ich diese Nullaussage denn deuten? Gute Schauspielkünste und das sie "vielleicht" die Wahrheit gesagt hat muss in Deutschland scheinbar ausreichen, um einen Mann wegen Vergewaltigung zu verurteilen, zumindest nach Alice Schwarzer.

http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,765888,00.html

Ganz ehrlich: Ich glaub ich steh im Wald.
Ist das die Gleichberechtigung, für die Alice Schwarzer und Co. einstehen? Dann muss ich leider sagen: Ganz weit am Ziel vorbei. Mit Gleichberechtigung hat dieses militante Gehabe nichts mehr zu tun. Stattdessen muss es in Deutschland anscheinend genügen, dass eine Frau einen Mann der Vergewaltigung bezichtigt, um ihn einzusperren. Vermutlich kommt aber auch noch verletzter Stolz hinzu: Ein Mann hatte parallel mehrere Frauen als Geliebte. Im Weltbild von Schwarzer und Co. bedeutet das wahrscheinlich eh die Höchststrafe. In dem Fall wird auch mal gerne über die Rechte (des Mannes) hinweggesehen, die Unschuldsvermutung sowie der Rechtsstaat abgeschafft.

Weder sympathisier ich mit Sexualverbrechern, noch bin ich gegen eine Gleichstellung von Mann und Frau. Hier geht es jedoch scheinbar schon lange nicht mehr um Gleichberechtigung, sondern um einseitige Vorteilsname, diesmal unter anderem Vorzeichen. An dieser ganzen Geschichte ist nur eines fatal: Es ist nicht die Signalwirkung des Urteils, sondern der Eindruck, den die extremen Spitzen der Frauenbewegung auf die gemässigte Mitte der Gesellschaft machen. Denn ich persönlich kann mich mit solchen Rechts- und Moralvorstellungen eindeutig nicht identifizieren.

Die betroffenen Organisationen betreiben eine sehr einseitige und subjektive Lobbypolitik. Obwohl ich mich sehr darübere ärgere (und das auch schon in der Vergangenheit getan habe) war das vorhersehbar. Sinnvoll sind solche Aussagen trotzdem nicht: Damit entfernt man sich eindeutig aus der Mitte der Gesellschaft. Mit solch radikalen Ansichten wird sich in Deutschland die Lage der Frau sicher nicht verbessern. Traurig ist auch, dass es in Deutschland weiterhin ausreicht, wegen sexueller Gewalt angeklagt zu werden, um in der öffentlichen Meinung als Täter zu gelten. Auch damit ist niemandem geholfen, weder der Gesellschaft noch der Frauenbewegung an sich.
 
Zuletzt bearbeitet:
Lieber 100 Täter die frei rumlaufen, als einen, der unschuldig sitzt.
 
The_Jack schrieb:
Lieber 100 Täter die frei rumlaufen, als einen, der unschuldig sitzt.
Naja, ist nicht gerade die beste Lösung, oder?

Ich finde den Freispruch absolut gerechtfertigt, weil man nicht jemanden verurteilen kann, wenn es keine eindeutige Beweislage gibt.

::::

Gerade habe ich gelesen, dass Alice Schwarzer dafür gesorgt hat, dass Johann Schwenn bei "Menschen bei Maischberger" wieder ausgeladen wird. Scheinbar befürchtet sie zu starken Gegenwind, oder eine Auffassung/Meinung, die nicht mit der Ihren übereinstimmt. Und da Sandra Maischberger sich ihre Gäste scheinbar vorschreiben lässt, ist Schwenn samt einem Mandanten heute Abend bei Markus Lanz zu Gast.
 
Der Mann wurde ja nicht freigesprochen weil er völlig unschuldig ist... die Urteilsbegründung lautete ja auf "In dubio pro reo" - Im Zweifel für den Angeklagten. In den USA wäre das alles anders gelaufen, dort gilt zwar auch die Unschuldsvermutung (auch laut Verfassung) bloß hält sich kein Richter daran.
 
The_Jack schrieb:
Lieber 100 Täter die frei rumlaufen, als einen, der unschuldig sitzt.

Ist bei uns ja sowieso standard, oder?
Naja, die Kachelmann EX hätt wohl in den Einvernahmen nicht lügen sollen und es auch noch zugeben..
 
Ich will mir keinen Kommentar darüber anmaßen, ob das Urteil nun gerechtfertigt war oder nicht. In jedem Fall haftet diesem Prozess ein äußerst fader Beigeschmack an, egal, wie er nun ausgegangen ist.
Offenbar scheint es heutzutage so, dass bei einem Vergewaltigungsvorwurf nicht mehr mit einer Neutralität der Behörden zu rechnen ist. Nicht mal dann, wenn das (vermeintliche) Opfer lügt, dass sich die Balken biegen.
Was da wirklich vorgefallen ist, wissen vermutlich nur die beiden Betroffenen.

Frau Schwarzer kann man aufgrund der Zoten, die sie sich im Zusammenhang mit ihrer Berichterstattung über den Prozess geleistet hat, ohnehin nicht ernst nehmen.
 
stellt euch doch nur mal vor ihr fahrt für 10 Jahre unschuldig ein. Scheisse oder?
 
Eisbrecher99 schrieb:
Der Mann wurde ja nicht freigesprochen weil er völlig unschuldig ist... die Urteilsbegründung lautete ja auf "In dubio pro reo" - Im Zweifel für den Angeklagten.

Man kann nicht halb unschuldig sein. Und In Dubio Pro Reo bedeutet auch nicht, dass jemand "ein bisschen schuldig" ist, sondern dass es keine ausreichenden Beweise gibt. Ob er schuldig ist oder nicht, dass kann von uns niemand beurteilen. Stattdessen müssen wir das Urteil des Gerichts anerkennen. Aber die Frauenrechtsbewegung hat sich mit solchen Statements sicher keinen Gefallen getan.
 
Eisbrecher99 schrieb:
... die Urteilsbegründung lautete ja auf "In dubio pro reo" - Im Zweifel für den Angeklagten. In den USA wäre das alles anders gelaufen, dort gilt zwar auch die Unschuldsvermutung (auch laut Verfassung) bloß hält sich kein Richter daran.
Bei einem solchem Verfahren würde der Richter in den USA aber nur die Verhandlung leiten und das Strafmaß festlegen. Der Rest obliegt der Jury. Dieses System hat auch so seine Vorteile (und Nachteile), unterm Strich finde ich es besser, da nicht nur ein oder 2 Richter über die Zukunft des Angeklagten entscheiden. Aber das ist ein anderes Thema und gehört hier auch nicht hin.
 
Wayne?

Das Gericht hat gesprochen, somit ist das Thema erledigt ;)

Das es immer unterschiedliche Meinungen gibt, ist doch verständlich.
Ohne mich überhaupt mit dem Fall beschäftigt zu haben, hört sich doch alles so an, als wäre es vorbildlich verlaufen.
 
Mir ist auch in anderen Zusammenhängen schon öfter aufgefallen, dass Frauenrechtlerinnen wie Alice Schwarzer & Co. sich nicht mehr für die Gleichstellung von Mann und Frau einsetzen, sondern für die Aufwertung der Frau.
 
So ist das leider im Leben. Die Forderungen müssen übertrieben hoch sein damit man sich irgendwo in der Mitte treffen kann...

Geht doch mal auf einen Basar ... Das ist nichts anderes.

Das ist übertragbar auf die ganze Politik...

Womit ich fanatische Menschen nicht rechtfertigen möchte.
 
Bei solchen Themen fällt mir immer wieder der Film "Das Leben des David Gale" ein.

Hat sachlich nur zweitrangig mit Kachelmann zu tun - der Film legt aber dar, dass es leider immer wieder Rechtsirrtümer geben wird. Natürlich für beide Seiten. Auch "Arlington Road" ist ein gutes Beispiel - Der Mensch braucht halt immer s(einen) Sündenbock - viel zu oft legen die Medien schon den Grundstein - zerreissen den Kontext und Projezieren mit der Menge, alles auf diese eine Person.

Ich bin mit der Entscheidung des Gerichts einverstanden - eben genau, weil es nicht nachgewiesen werden konnte.
 
Bei Vergewaltigungsprozessen ist es gang und gäbe das sie zu einem Freispruch führen da "Aussage gegen Aussage"

Nur wenns mehrere Opfer gibt oder das Opfer unmittelbar nach der Tat zu der Polizei geht, kommt es öfter zu Verurteilungen. (3jahre für das Zerstören eines Lebens :rolleyes:)

Ziemlich unbefriedigend das ganze.

Aber ob Kachelmann schuldig ist oder nicht wird man wohl nie erfahren...
 
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Nossi schrieb:
Man kann nicht halb unschuldig sein. Und In Dubio Pro Reo bedeutet auch nicht, dass jemand "ein bisschen schuldig" ist, sondern dass es keine ausreichenden Beweise gibt.

Das ist mir schon bewusst und habe ich auch so gemeint.

Minute|Man schrieb:
Bei einem solchem Verfahren würde der Richter in den USA aber nur die Verhandlung leiten und das Strafmaß festlegen. Der Rest obliegt der Jury. Dieses System hat auch so seine Vorteile (und Nachteile), unterm Strich finde ich es besser, da nicht nur ein oder 2 Richter über die Zukunft des Angeklagten entscheiden. Aber das ist ein anderes Thema und gehört hier auch nicht hin.

Da liegt ja gerade das Problem, das auch viele Juristen in den USA anpragern. Ich weiß jetzt nicht was die genau Zahl war, aber man geht glaube ich davon aus, dass jeder Vierte unschuldig in den Knast wandert. Klar hat das Jury-System bei manchen Entscheidungen seine Vorteile... aber bei dieser Art von Delikten hat man meisstens die A****-Karte gezogen.... bei der Weltsicht, die manche Amis haben.
 
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Ob frei oder nicht seine Karriere ist durch den Prozess doch praktisch zerstört und das war es wohl worauf es ankam ...

Und so schlimm Vergewaltigungen auch sind aber hier ist eine solche übersensibilisierung was das angeht, das man mit dem bloßen Vorwurf einer solchen jeden Mann gesellschaftlich zu Fall bringen kann (Von den Prozesskosten wahrscheinlichen Jobverlust etc mal ganz abgesehen)
.
 
Einen wichtigen Aspekt sollte man allerdings nicht vergessen:

Auch wenn Kachelmann vom Gericht freigesprochen wurde - sein Ruf und seine Karriere sind irreparabel beschädigt.

Da bringt ihm der Freispruch herzlich wenig.

@ Pandora

Mist! Da war ich mal wieder zu langsam xD
 
also davon mal abgesehen dass ich die komplette rechtssprechung wohl eher als fragwürdig betrachte finde ich trotzdem dass das urteil gegenüber kachelmann wohl gerechtfertigt ist. davon mal abgesehen welchen schaden sein image aufgrund des ganzen prozesses davongetragen hat, ist das wohl schon schlimm genug. er hat den schaden trotz das er unschuldig ist.

mfg
 
Nja das Problem is halt, dass man nicht weiss, ob er es getan hat oder nicht.
Demnach siehts so aus: Man hat ihn freigesprochen-
1. wenn er es getan hat, schadet man dem Opfer
oder 2. Wenn er es nicht getan hat, aber eingebuchtet werden würde, schadet man ihm.

Der Schwarzer scheint Nummer 2 aber ein geeigneter Tausch zu sein, um ihr "Zeichen" zu setzen, welches bei freispruch potenziel gefährdet ist.
Das ist aus meiner Sicht unhaltbar, dass man fordert, die Freiheit eines Menschen für soetwas aufs Spiel zu setzen. Spricht doch gegen jedes Menschenrechtsgesetz.
 
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Imbissbronko schrieb:
Mir ist auch in anderen Zusammenhängen schon öfter aufgefallen, dass Frauenrechtlerinnen wie Alice Schwarzer & Co. sich nicht mehr für die Gleichstellung von Mann und Frau einsetzen, sondern für die Aufwertung der Frau.

Ich war mal kurz davor, den Grünen beizutreten. Aber in deren Präambel / Parteiprogramm steht sinngemäß, das sie sich immer für eine komplette Gleichstellung von Frau und Mann einsetzen.

Ich bin der Meinung, dass das nicht geht. Allein: die Frauen bekommen die Kinder. Wieviele Alleinerziehende Mütter haben wir noch gleich, die fast alle dem Staat (uns) auf der Tasche liegen? Ich glaube, es ist schon eine Million gewesen ;) Schöne neue Frauenwelt.

An diesem Prozeß konnte man wunderbar erkennen, wie dicht Gerechtigkeit, Wahnsinn und "Emanzipation" (im Sinne von Frauenbevorteilung) zusammen einen schmalen Grat durchwandern.
 
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