@getexact
Ich werfe es den Azubis doch gar nicht vor, dass sie demonstriert haben und natürlich können sie für Kochs Anwesenheit nichts. Ich werfe es RWE vor, dass man so tut, also ob das eine Aktion der Azubis wäre, während man alles dafür tut, dass die eigenen Interessen gewahrt bleiben. Mitbestimmung? Nur solange, wie es im Sinne RWEs ist. Und Koch ist im Sinne RWEs. Und ihr habt euch dafür instrumentalisieren lassen, auch wenn ihr nichts dafür könnt.
Von Bestechung war gar keine Rede. Von Beeinflussung schon eher. Es ist doch gar nicht die Frage, dass die Angestellten für den Erhalt ihrer Firma demonstrieren (die sich im Fall RWEs nun nicht gerade am seidenen Faden befindet). Sie sollten sich aber bewusst sein, dass sie nicht ihren Willen vertreten, sondern alleine den der Firma und das verstehe ich nicht unter Mitbestimmung. Zumal hier ja versucht wird (auch) mit gesellschaftspolitischen Aussagen zu argumentieren und nicht etwa nur mit dem Erhalt der Arbeitsplätze. Wird die RWE-Abteilung für erneuerbaren Energien oder die für Wasserversorgung künftig gegen fossile Brennstoffe und Atomkraftwerke demonstrieren und das ohne eine Abmahnung befürchten zu müssen?
Gut mag sein dass alle 3000 Azubis mit Sprüchen wie "Kernlos ist Hirnlos" sympathisieren, ich bezweifele es aber. Wenn ich mir so anschaue, was denn für gewichtige Argumente da kommen, außer den Arbeitsplätzen, dann sehe ich eben wenig eigene Meinungsbildung, sondern schlicht Existenzangst. Absolut nichts dagegen, nur sollte man dann ehrlich sein.
Weiterhin habe ich die Vorfälle in deutschen Kernkraftwerken nicht als Störfall bezeichnet. Aber nach der Definition sind es welche. Da sie sicherheitsrelevante System betrafen, ist das auch nicht zu unrecht so und die Vorfälle sind nicht deswegen relevant, weil die Anforderung so hoch sind, sondern die Anforderungen so hoch, weil die Sicherheit überhaupt der wichtigste Teil ist. Nur weil es in anderen Ländern zu mehr Störfällen kommt, weil die Bedingungen laxer gehandhabt werden, ist das System KKW dennoch ein kritisches, weil ein Fehlverhalten oder Ausfall sich zu einem Unfall entwickeln kann, der in seine Auswirkungen recht massiv wäre.
Aber gegen Atomkraft als ganzes zu sein, nun das scheint töricht zu sein? Richtig, alle Kernkraftwerke werden hierzulande nächstes Jahr abgeschaltet und wer verhindern will das Atomstrom nach Deutschland importiert wird, der sollte Atomstrom in Deutschland befürworten. Die Debatte ist von beiden Seiten eigentlich nur auf Emotionen ausgerichtet. Sie wird von Überzeugungstätern geführt. Dabei spräche nichts dagegen, die Gesamtkosten erstens mal aufzurechnen und zweitens dann auch den Betreibern alleine aufzubürden. Ob dann der Weiterbetrieb und vielleicht gar Neubauten so wahrscheinlich sind? Deutschland hatte über Jahre massive Überkapazitäten an Atomstrom aufgebaut und nun stehen wir angeblich kurz vor der Energiekrise. Nicht das man dann mal in die Leitungsnetze investieren würde, man lehnt sich zurück und wartet ab. Die Restlaufzeit (immerhin reden wir von bis zu zwei Jahrzehnten, seit dem Beschluss) lässt man verstreichen, in der Hoffnung, es geht nach einen Politikwechsel weiter wie vor 1998, statt sich auf die geänderten Rahmenbedingungen anzupassen. Qualifizierte Ingenieure kann man auch an anderer Stelle brauchen.
Es geht mir hier um die sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema. Politische Mitbestimmung ist nichts falsches, aber sie wird oft genug aus den "falschen" Gründen betrieben (überall, nicht nur in diesem Fall). Man sollte nicht aus Prinzip dafür oder dagegen sein, sondern Argumente haben. Ob sich jeder RWE-Azubi darüber Gedanken gemacht hat? RWE hat an euch ein rein wirtschaftliches Interesse, warum ihr für den Konzern auf die Straße geht interessiert sie sicherlich weniger. RWE baut im bösen gefährlichen Ausland ja auch Atomkraftwerke. In Erdbebengebieten:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kernkraftwerk_Belene
Du wertest hochqualifizierte Arbeitsplätze höher, als die Risiken, andere tun dies eben nicht. Auch beim Bergbau war Deutschland technologisch führend. Wenn ich alleine auf die Emotionen poche, dann kann ich recht viel verteidigen. Die Frage ist welche Kosten für die Gesellschaft als ganzes höher sind. Und wie gesagt, die sind auch nicht zu knapp.