Gesetz gegen Massenabmahnungen verabschiedet

Michael Schäfer
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Lange hat der Bundestag gerungen, um Anfang März dieses Jahres einen Gesetzesentwurf gegen Massenabmahnungen vorzulegen. Trotz Protesten von Rechteinhabern und deren Vertretern sowie Verbraucherschützern hat der Bundestag das neue Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken nun verabschiedet.

Das neue Gesetz soll Verbraucher vor überzogenen Anwaltgebühren im Bezug auf Verstöße gegen das Urheberrecht bei überhöhten und ungerechtfertigten Inkassoforderungen sowie bei Werbeanrufen besser schützen.

Infolge des neuen Gesetzes wurde unter anderem der „fliegende Gerichtsstand“ abgeschafft. Damit wird Rechteinhabern oder deren Vertretern die bisherige Möglichkeit genommen, vor einem beliebigen Gericht im Bundesgebiet zu klagen, welches eventuell als „rechteinhaberfreundlich“ gilt. Nach der neuen Regelung muss nun die Anklage am Wohnsitz des Verbrauchers erhoben werden. Hier hatten die Abgeordneten auch Anbieter kleinerer Online-Shops im Auge, die so vor teuren Abmahnungen wegen Wettbewerbsverstößen im Bagatellbereich geschützt werden sollen. Des Weiteren wurde der außergerichtliche Streitwert auf 1.000 Euro gedeckelt. Hier folgte der Bundestag jedoch nicht den Vorschlägen des Bundesrates und der Verbraucherschützer, welche sich für eine Deckelung des Streitwertes auf 500 Euro bei der ersten Abmahnung und einer damit verbundenen Verringerung der Abmahngebühr auf 70,20 Euro eingesetzt hatten.

Bestehen bleibt darüber hinaus die Ausnahmeregelung, dass die Einschränkung des Streitwertes keinen Bestand hat, wenn der Streitwert „nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig“ ist. Einer Studie des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen hatte bereits Mitte Mai die Auswirkung dieser Regelung herausgearbeitet, welche in „78 Prozent der aktuell wichtigsten Abmahnkonstellationen“ zu greifen scheint.

Wer in Zukunft unberechtigt abgemahnt wird, besitzt zudem einen Gegenanspruch auf Ersatz seiner Rechtsverteidigungskosten, sollte sich die Abmahnung als nicht rechtens herausstellen. Damit wollte das Parlament für „Waffengleichheit zwischen Rechtsinhaber und vermeintlichem Rechtsverletzer“ sorgen.

Größere Informationspflichten bei Inkassoforderungen

Auch im Bezug auf fragwürdige Inkassopraktiken bringt das Gesetz neue Regelungen, welche ab Mitte 2014 Dienstleister neue und weitreichende Informationspflichten auferlegen. So müssen diese in Zukunft neben dem Auftraggeber künftig auch den Forderungsgrund mit Datum des Vertragsabschlusses angeben. Zudem besteht für den Verbraucher die Möglichkeit, den Namen des ursprünglichen Vertragspartners zu erfragen, da Forderungen nicht selten an andere abgetreten werden. Dies soll es dem Verbraucher einfacher machen, unberechtigte Forderungen zu erkennen. Des Weiteren kommt dem Verbraucher zugute, dass die Kosten für solche Inkassoforderungen auf die Gebühren begrenzt werden, welche auch ein Anwalt verlangen könnte. So möchte der Gesetzgeber das Geschäft mit überhöhten oder unberechtigten Forderungen unattraktiv gestalten.

Gerd Billen, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverband, sieht in diesem Punkt trotzdem noch weiteren Handlungsbedarf: Seiner Meinung nach können bei einer Forderung von 20 Euro immer noch die doppelte Höhe an Gebühren verlangt werden. So sei diese Maßnahme bei Bagatellforderungen wenig hilfreich. Hier sieht er das Bundesjustizministerium in der Pflicht, schnellstmöglich Höchstsätze festzulegen.

Bußgeldrahmen bei unerlaubter Telefonwerbung versechsfacht

Weitreichende Änderungen beschloss der Bundestag auch im Rahmen der unerlaubten Telefonwerbung. Bereits Anfang des Jahres wurden erste Forderungen eingebracht, die Bußgeldobergrenze drastisch zu erhöhen, im jetzt verabschiedeten Gesetz wurden diese von bisher maximal 50.000 Euro auf maximal 300.000 Euro erhöht. Hier folgte der Bundestag dem Gesetzesentwurf aus dem Januar dieses Jahres.

Gewinnspielverträge bedürfen in Zukunft der Schriftform, also Brief, E-Mail oder Fax. Anbieter müssen somit dem Verbraucher nach einem Telefonat einen Vertrag zur Unterzeichnung zukommen lassen, der diesem die Möglichkeit bietet, sich alle Vertragspunkte noch einmal in Ruhe anschauen zu können und gegebenenfalls einen Fachmann zurate zu ziehen. Vertragsabschlüsse am Telefon haben somit keinen Bestand mehr.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband zeigte sich trotz einiger Forderungen zur Nachbesserung erleichtert über die neue Rechtssprechung und fordert ein schnelles Inkrafttreten: „Das Gesetz stand lange genug in der Warteschleife. Die Verabschiedung noch in dieser Legislaturperiode ist eine gute Nachricht für Verbraucher“, so Gerd Billen.

In der Opposition fand das neue Gesetz weniger Anklang. So beklagte die Linke Halina Wawzyniak, deren Partei sich bei der Abstimmung enthielt, dass Kanzleien auch in Zukunft für eine neue Abmahnung in vielen Fällen lediglich ein neues Aktenzeichen anlegen müssen. Der Regierung bescheinigte sie ein Festhalten an einem unbegrenzten Auskunftanspruch gegen Provider. Der Grüne Jerzy Montag, dessen Partei gegen den Gesetzesentwurf stimmte, bezeichnete diesen schlicht als Murks.