NSA soll US-Richter, Anwälte und Militärs angezapft haben

Ferdinand Thommes
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Der NSA-Überwachungsskandal erhält eine neue Dimension durch die Aussage eines Whistleblowers aus der Bush-Ära. Russ Tice behauptet, zu seiner Zeit seien von der NSA amerikanische Richter, Rechtsanwälte, Politiker und Militärs datentechnisch überwacht worden. Einer der in 2004 angeblich überwachten Personen war Barack Obama.

Russ Tice, früherer Analyst für mehrere US-amerikanische Geheimdienste, darunter auch die NSA, war 2005 einer der ersten Whistleblower, der von NSA-Programmen berichtete. Er veröffentlichte Informationen über illegale Telefonüberwachungen von US-Bürgern und Personen in offiziellen Ämtern. Die Überwachung, die nach seinen Angaben über mehrere Dienste hinweg verteilt organisiert war, soll im Jahr 2004 auch den damaligen Senats-Kandidaten für den Staat Illinois, Barack Obama, betroffen haben.

In der Podcasts-Show „Boiling Frogs Show“ gab Tice im Verlauf der vergangenen Woche ein Interview, in dem er unter anderem die NSA beschuldigt, der Geheimdienst hätte die Überwachung vieler Gruppen und Individuen im eigenen Land angeordnet – darunter hochgestellte Richter, Militärs, Politiker und Diplomaten. Tice führt aus: „Einer der Richter, die damals abgehört wurden, sitzt heute im Supreme Court. Ich weiss das so genau, da die Papiere für die Telefonwanze durch meine Hände gingen. Zwei weitere sind ehemalige FISA-Richter. [Die NSA-Analysten] überwachten Leute im Außenministerium und im Weißen Haus, ihre eigenen Leute“.

Russ Tice, der über 20 Jahre als Datenanalyst für die Air Force und verschiedene Geheimdienste tätig war, hatte im Jahr 2005 eine nationale Kontroverse entfacht, indem er behauptete, amerikanische Dienste würden die Verfassung und entsprechende Gesetze missachten, um Telefonüberwachung ohne richterliche Genehmigung bei amerikanischen Bürgern im großen Stil zu betreiben. Er gestand erst später, eine der Quellen für den Artikel der New York Times gewesen zu sein, der den Skandal aufdeckte. Er hatte preisgegeben, dass die Bespitzelung amerikanischer Bürger mit dem Wissen des Direktors der NSA, des Stabschefs der Air Force und des Staatssekretärs im Verteidigungsministerium gebilligt wurde und einem Programm unterstellt war, das zu den Special Access Programs gehört, die auch als Black Ops bekannt sind. Eine NSA-Untersuchung ergab, die Anschuldigungen von Tice seien haltlos.

Tice wurde bereits im Mai 2005 – vor den Enthüllungen – von der NSA entlassen, nachdem er den Kongress gebeten hatte, Whistleblower gesetzlich besser vor Racheakten zu schützen.