R.U.S.E. im Test: Frischer Wind im Echtzeit-Genre

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Sasan Abdi
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Auf einen Blick (Fortsetzung)

Aufklärung, Taktik und ein umsichtiges Vorgehen stellen wie erwähnt Kernelemente von „R.U.S.E.“ dar. Die dahingehend wichtigste und deswegen gar namensgebende Funktionalität wurde allerdings bisher noch gar nicht erwähnt. „R.U.S.E.“, zu deutsch „List“, hat seinen Namen nämlich deshalb, weil der Spieler auf insgesamt zehn Kriegslisten zurückgreifen kann, welche die Spieltiefe und somit den Spielspaß (zumindest teilweise) erhöhen.

Bei den besagten Listen handelt es sich um Täuschungs- und Aufklärungsmanöver, die nur in seltensten Fällen spielentscheidend sind, die das Vorgehen aber durchaus sinnvoll unterstützen können und die in die folgenden drei Kategorien unterteilt sind:

  • Aufdecken: Kriegslisten wie „Spionage“ oder „Dekodierung“ helfen dabei, die Schritte der Feinde aufzudecken; Stellungen können kurzzeitig ein- und Truppenbewegungen vorausgesehen werden.
  • Verbergen: „Funkstille“ oder „Tarnnetz“ erlauben es dem Spieler, Truppen oder Gebäude vor dem gegnerischen Radar zu verbergen. Auf diese Weise können Einheiten und Gebäude beispielsweise vor Artilleriefeuer oder Luftangriffen geschützt werden. Außerdem ermöglicht es die unentdeckte Bewegung von Truppen (sofern der Gegner keine Späher einsetzt).
  • Imitation: Mit dieser Kriegslist wird der Feind getäuscht. Beispielsweise simulieren Scheineinheiten einen Angriff, um den Gegner zu verwirren. Leider lassen sich die Pappkameraden aber nicht direkt steuern, was den Wert dieser List reduziert.

Wer nach der mit 20 Stunden recht umfangreichen Einzelspieler-Kampagne weiterhin Lust verspürt, diese Features gegen die KI oder menschliche Gegner anzuwenden, wird bestens bedient: Neben Zusatzmissionen, von denen zwei komfortabel im Koop-Modus gespielt werden können, können Einzelspieler zudem auf größer angelegte Operationen zugreifen. Auch der Mehrspieler-Modus verspricht dank einer insgesamt soliden Konzeption für zahlreiche weitere Stunden anhaltenden Spielspaß. Hier können bis zu acht Spieler aus insgesamt sechs stärketechnisch angenehm gleichwertigen, aber inhaltlich durchaus verschiedenen Fraktionen wählen – solides Matchmaking inklusive.

Die künstliche Intelligenz (KI) macht alles in allem eine gute Figur. Während die Gegner in der Kampagne von diversen Scripten zugunsten des Ablaufs noch ein wenig gebremst werden, entfalten sie in den soeben erwähnten Zusatzmissionen mit einem cleveren Vorgehen das volle Potential. Realistisch und zugleich ein wenig problematisch ist dabei, dass die Wegfindung je nach Einheitentyp variiert. Während Kettenfahrzeuge einfach den direkten Weg über Stock und Stein nehmen, begeben sich beispielsweise Fußsoldaten für größere Positionswechsel stets auf die Straße, was in Teilen dazu führen kann, dass sie in einem Waldstück in einen Hinterhalt geraten, obwohl sie eben diesen durch das Eindringen in das Waldstück aushebeln sollten. Gelungen ist dagegen die Kolonnenfunktion, die dafür sorgt, dass unterschiedliche Einheiten in zusammengefasster Form das Tempo des langsamsten Verbandes wählen – eine chaotische Ankunft an der Kampflinie wird so verhindert.

Für das Einheitenhandling hätten wir uns trotz des ausdrücklichen Lobes für die schlanke Steuerung doch ein paar weitere Konfigurationsmöglichkeiten gewünscht. So kann man keinerlei Verhaltensweisen (z.B. altbekannte Kategorien wie „Aggressiv“, „Defensiv“ oder „Geplänkel“) definieren und auch die korrekte Ausrichtung der Blickrichtung geht ab und an ziemlich fummelig von der Hand – Punkte, die aufgrund des guten Gesamtbildes aber zu verschmerzen sind.

Weitere visuelle Eindrücke zu R.U.S.E.

Grafisch bekommt man vergleichsweise hochwertige Kost geboten, auch wenn man in dieser Hinsicht – von der erwähnten guten Zoom-Funktion einmal abgesehen – keine Revolution erwarten darf. „R.U.S.E.“ bietet alles in allem eine ansehnliche Optik, die allerdings immer mal wieder von einer um sich greifenden Detailarmut getrübt wird, die insbesondere in der jeweils höchsten und niedrigsten Zoomstufe besonders deutlich wird. Die häufig vorkommenden Zwischensequenzen fallen allerdings durch die Bank weg ordentlich aus; die am Bildschirmrand präsentierten Ingame-Filmchen, mit denen Geschehnisse eingeleutet werden, sind dagegen weniger hübsch, zumal sie eindeutig den Spielfluss stören und man sie selbst bei wiederholtem Spielen einer Mission nicht abbrechen kann.

R.U.S.E.-Grafik: Detailarmut trübt bei näherem Blick den guten Gesamteindruck
R.U.S.E.-Grafik: Detailarmut trübt bei näherem Blick den guten Gesamteindruck

Ein visuelles Schmankerl ohnegleichen ist „R.U.S.E.“ also nicht; dafür braucht es für ein flüssiges Spielen aber auch erwartungsgemäß keinen Über-Rechner: Auf unserem praxisnahen Testsystem lief der Titel unter „Hoch“-Einstellungen und unter 1680 x 1050 bei gut spielbaren 30 bis 50 Bildern pro Sekunde. In diesem Zusammenhang ist abschließend auch erwähnenswert, dass das Spiel als einer von wenigen Exoten effektiv von Mehrkern-Systemen – aufgrund einer engen Zusammenarbeit im Speziellen von Core-i7-Prozessoren – profitiert.