China: Neues Gesetz erzwingt Klarnamen im Internet

Ferdinand Thommes
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Ein neues Gesetz in China soll die rund 500 Millionen Nutzer des Internet bei der Registrierung auf Webseiten, sozialen Netzen und anderen Diensten zwingen, sich mit ihrem richtigen Namen anzumelden, wie die Nachrichtenagentur Xinhua am Freitag meldete.

Das aus insgesamt zwölf Artikeln zum Schutz der Privatsphäre und der nationalen Sicherheit bestehende Paket enthält unter anderem einen Passus zum Klarnamenzwang. Anbieter von Online-Diensten sind nach den neuen Regeln, die einem Gesetz gleichkommen und strafbewehrt sind, verpflichtet, bei der Anmeldung zu ihrem Dienst nicht nur den Klarnamen, sondern auch die Adresse des Anmeldenden zu registrieren. Wer hierbei falsche Angaben macht, verstößt gegen das Gesetz.

Ein Rechtsverantwortlicher des Nationalen Volkskongresses erläuterte, das Gesetz richte sich gegen die „illegale Verwendung digitaler Information“ sowie gegen die zunehmende Verleumdung und Beleidigung von Bürgern und Personen der Öffentlichkeit in Internet-Foren. Kritiker sprechen dagegen von einer weiteren Verschärfung der Zensur und Beschneidung der Bürgerrechte im Land.

Auf einer Pressekonferenz verbalisierte ein hochrangiges Mitglied der Legislative öffentlich geäußerte Bedenken der Bevölkerung, Menschen, die beispielsweise Korruption in der Regierung und der öffentlichen Hand anonym anzeigen möchten, sich das nun nicht mehr trauen würden. Der Einwand wurde als unbegründet beschieden, da der öffentlich sichtbare Name nur ein Pseudonym sei, der Klarname sei nur den Zensoren im Hintergrund ersichtlich.

Viele Dienste-Anbieter in China haben den Zwang zu Klarnamen bereits seit Längerem eingeführt. Somit stellen die neuen Regeln vielerorts lediglich eine Legalisierung des Ist-Zustandes dar. Im Weiteren sind Dienste-Anbieter und Provider jetzt bei Strafandrohung verpflichtet, die Verbreitung „illegaler Informationen“ zu stoppen und diese anzuzeigen. Verstöße gegen die neuen Regelungen können mit der Schließung von Webseiten, dem Entzug der Erlaubnis zum Führen der Firma und dem Einzug von Gewinnen daraus bestraft werden.

Das neue Gesetz erschwert es vor allem regimekritischen Chinesen, ihre Meinung in Blogs oder auf Plattformen wie Sina Weibo zu vertreten, das in etwa mit Twitter vergleichbar ist. Die vielen Tausend Zensoren haben es damit einfacher, kritische Äußerungen Personen zuzuordnen, oder solche Äußerungen durch die fehlende Möglichkeit der Anonymisierung gleich ganz zu unterdrücken. China hat eine lange zurückreichende Geschichte der Zensur des Internets. Facebook und Twitter sind blockiert und selbst Google kapitulierte vor der großen chinesischen Firewall und verlegte seine chinesischen Aktivitäten im Jahr 2010 vom chinesischen Festland nach Hongkong, nachdem die Regierung YouTube völlig aussperrte und andere Google-Dienste bei Bedarf immer wieder abschaltete.