Bürgerrechtler gegen durchlöcherten EU-Datenschutz

Andreas Frischholz
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Die Entscheidung über die EU-Datenschutzreform rückt näher, noch im Juni soll das EU-Parlament über den Entwurf abstimmen. Ebenso wird die Entscheidung des Ministerrats bald erwartet, der zuletzt in der Kritik stand. Einige Bürgerrechtsorganisationen haben nun gemeinsam einen offenen Brief Innenminister Friedrich (CSU) verfasst.

Der Innenminister vertritt Deutschland im Ministerrat, wenn dieser über die EU-Datenschutzreform verhandelt und abstimmt. Friedrich zählte ursprünglich zu den Kritikern der Reform. Statt einer strikten, europaweit verbindlichen Datenschutzverordnung forderte er mehr Spielraum für nationale Gesetzgebung und setzte auf die Selbstregulierung der Unternehmen. Von dem Konzept hat er mittlerweile Abstand genommen, sondern fordert nun auch eine starke Datenschutzregelung auf europäischer Ebene.

Die Bürgerrechtsorganisationen, zu denen neben verschiedenen Datenschutzverbänden auch der Chaos Computer Club und der Verein Digitale Gesellschaft zählen, begrüßen die jüngsten Äußerungen von Friedrich, argwöhnen aber angesichts der zuletzt durchgesickerten Dokumente und Berichten aus Brüssel. Demnach erklärten an den Verhandlungen beteiligte Personen, dass Deutschland im Ministerrat „mitnichten für starken Datenschutz eintritt, sondern tatsächlich das heutige Datenschutzniveau weiter absenken will“.

Um seinen öffentlichen Aussagen gerecht zu werden, fordern die Bürgerrechtler, Friedrich solle sich explizit für einen starken Datenschutz einsetzen. Dazu zählen „klare Regeln“, wonach Unternehmen Nutzerdaten nur verwenden dürfen, wenn die Nutzer dem zugestimmt haben – und dann auch nur für den angegebenen Zweck. Zudem müssten die Regeln eindeutig und verständlich sein. Es könne nicht sein, dass „Zentralbegriffe wie „Daten“ in der Verordnung so eng oder unklar definiert werden, dass am Ende faktisch keine Datenverwendung mehr darunter fällt“.

Darüber hinaus dürfe der Datenschutz „nicht durch zahlreiche Ausnahmen uneffektiv werden“, sondern muss „für alle Unternehmen gelten, die in Europa Geschäfte machen“. „Findigen Konzern-Juristen“ soll es nicht ermöglicht werden, das „Datenschutzrecht faktisch außer Kraft zu setzen“. Eine klare Grenze müsse es bei Ausnahmeregelungen geben, durch die Unternehmen etwa aufgrund „legitimer Interessen“ die Daten doch ohne Zustimmung der Nutzer verarbeiten dürfen.

Datenschutz bezeichnen die Bürgerrechtler als Grundrecht. Daher nimmt die Reform einen besonderen Status ein, weil die europäische Datenschutzverordnung das deutsche Datenschutzgesetz direkt ersetzt. In dem offenen Brief werden die Punkte der Bürgerrechtler nochmals ausführlicher dargestellt. Wer diesen zustimmt, kann bis zum 2. Juni den Brief ebenfalls unterzeichnen.