Studie über polizeiliche Krisen-Kommunikation auf Twitter

Andreas Frischholz
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Welchen Status soziale Medien wie Twitter mittlerweile einnehmen, zeigte sich etwa bei den Bombenanschlägen in Boston, als Polizei und Krankenhäuser über den Kurznachrichtendienst direkt mit der Bevölkerung kommunizierten. Doch schon bei vergangenen Krisen wie den Unruhen in England spielte Twitter eine Rolle.

Das zeigt eine Studie (PDF-Datei) des Fraunhofer-Instituts, auf welche Arten Twitter von der Polizei genutzt werden kann und vergleicht die unterschiedlichen Vorgehensweisen der Polizeibehörden in London und Manchester bei den Unruhen im August 2011. Die Analyse zeigt, dass während, vor und nach den Unruhen die Behörden durch ihr Engagement auf sozialen Medien profitieren konnten: In beiden Städten gelang es der Polizei, zeitnah und direkt Informationen an die Bevölkerung zu übermitteln. Gerüchte und Falschmeldungen wurden aufgeklärt, die Bevölkerung konnte zur Mithilfe animiert werden.

Die Studie macht aber auch unterschiedliche Strategien der Polizei für Krisenkommunikation über soziale Medien deutlich. Die Londoner Polizei kommunizierte etwas langsamer in formeller Behördensprache. In Manchester antwortete die Polizei direkt auf Bürgeranfragen und kommunizierte bürgernäher“, erklärt Sebastian Denef vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik (FIT). Der Erfolg spiegelt sich auch in Zahlen wider, während der Unruhen stieg die Anzahl der Twitter-Follower von den Polizeibehörden aus Manchester sprunghaft von rund 23.000 auf über 100.000 an. Die Londoner Polizei steigerte mit der recht formalen Sprache die Anzahl der Follower von rund 2.300 auf 42.000.

Grundsätzlich ziehen die Forscher ein positives Fazit, warnen aber auch vor den Risiken dieser Art der Kommunikation. Diese ermöglicht zwar einen schnellen Austausch zwischen Behörden und Bevölkerung, birgt jedoch auch das Risiko, den falschen Ton zu treffen und vorschnell Informationen zu übermitteln. Außerdem stehen Twitter und Co. nicht nur Behörden, sondern etwa bei den Unruhen in London auch den plündernden Jugendlichen zur Verfügung, die sich bisweilen über die sozialen Netzwerke organisiert hatten. Hinzu kommt, dass Täter an Echtzeit-Informationen über Polizei-Einsätze gelangen können, weswegen etwa bei der Verfolgung des Bombenlegers von Boston die Behörden teilweise Bilder auf den sozialen Netzwerken löschen ließen, weil diese Hinweise auf die Position der Ermittlungsbehörden gegeben haben.

Laut den Forschern, die Polizeibehörden in zehn europäischen Staaten befragten, sind bei der Nutzung von sozialen Medien die Briten im internationalen Vergleich auf den ersten Plätzen vertreten, nur übertroffen von den Niederländern. Polizei und Behörden in anderen Ländern – auch die deutsche Polizei – entscheiden momentan wie und in welchem Umfang sie soziale Medien zukünftig nutzen wollen.