Infineon warnt vor Wirtschaftsspionage durch NSA

Andreas Frischholz
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Deutsche Unternehmen müssten sich vor der Spionage durch ausländische Geheimdienste in Acht nehmen, warnt Infineons Sicherheitschef Wolf-Rüdiger Moritz im Interview mit dem manager magazin. Überwachungsprogramme wie „Prism“ würden eine reale Bedrohung darstellen.

Das Problem werde insbesondere von mittelständischen Unternehmen unterschätzt. Diese besitzen „wertvolle Patente“, haben aber nicht „die Mittel oder das Wissen“, um einen Schutz vor Spionage-Attacken zu gewährleisten. „Leider unterschätzen viele Unternehmen den Ernst der Lage“, so Moritz. Statt Sicherheits-Budgets zu kürzen, müsste man technisch aufrüsten. Unternehmen und Geheimdienste sieht er in einem „globalen Wettrüsten“, bei dem diejenigen verlieren, die sich nicht ausreichend verteidigen.

Für den Sicherheitschef des Chip-Herstellers sind die Überwachungsprogramme kein fremdes Metier, Moritz war von 1987 bis 1999 für den Bundesnachrichtendienst (BND) im Bereich der strategischen Fernmeldeaufklärung tätig – also der Abteilung, die Glasfaserkabel anzapft, um den weltweiten Datenverkehr nach bestimmten Informationen zu filtern. Seiner Ansicht nach bemühen sich alle Geheimdienste um geheime Wirtschaftsdaten, sofern die technischen Kapazitäten vorhanden sind. Obwohl bislang nur wenige konkrete Fälle bekannt sind, geht Moritz davon aus, dass „in einigen Fällen gezielte Wirtschaftsspionage betrieben wird“.

Wirtschaftsspionage ist im Rahmen des NSA-Skandals eines der heikelsten Themen. Trotz fehlender Hinweisen sind hiesige Wirtschaftsverbände besorgt, Innenminister Friedrich hatte die Befürchtungen bei dem Besuch in Washington angesprochen. Die Vertreter der US-Administration hätten ihm allerdings eine „klare Antwort“ gegeben, dass die NSA keine Wirtschaftsspionage in Deutschland betreibt. Überprüfen lässt sich dies aber nicht.

Dass die US-Geheimdienste relativ offen mit dem Thema Wirtschaftsspionage umgehen, zeigt indes ein Spiegel-Artikel aus dem Jahr 1996. In diesem schildern die Autoren, dass der BND offenbar nicht mitgezogen hat. Der damalige BND-Chef Konrad Porzner wird mit den Worten zitiert: „Die Amerikaner werden sich [mit der Wirtschaftsspionage] ins eigene Fleisch schneiden." Angesichts des Ausmaßes der NSA-Überwachung könnte sich diese Einschätzung noch als fatal erweisen.